Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
sich auf.
Garandor sah dem Menschen an, dass er nicht richtig verstand, was sich im Kopf des Zwergs abspielte; dass seine Erklärung die rationale, jedoch nicht aus Gefühlen entstandene war. Und es gab nun einmal Sachen, die reiner, wichtiger, als die Wahrheit waren. Doch für Garandor spielte das nun keine Rolle. Dante war der einzige, der ihn in seiner Qual ein bisschen aufmunterte und unterstützte.
„ Dante.“
Der Mensch nickte einladend.
„ Danke.“ Ihre Blicke trafen und verknoteten sich.
„ Ich werde – „ In diesem Moment kehrte Waldoran von seiner Jagd zurück. Er hielt diverse rote Beeren und Früchte in einem Beutel aus feinen, bernsteinfarbenen, elfischen Leinen. Garandor konnte keine Tiere unter der Beute ausmachen. Eine Tatsache die ihn beunruhigte.
Waldoran machte sich wortlos an die Arbeit. Nachdem er den gesamten Inhalt seines Tuches auf dem Boden verteilt hatte, unter welchem sich auch einige Wurzeln befanden, begann er mit der Zubereitung. Zuerst hielt er die speziellen Wurzeln über das Feuer, bis sie weich wurden. Anschließend zerquetschte der Elf die Bären und schmierte die weichen Wurzeln damit ein. Garandor und Dante nahmen ihr Abendmahl dankbar entgegen und bissen genüsslich ab. Anschließend verteilte Waldoran einige Früchte, welche sie roh aßen.
Garandor wurde von der fleischlosen Mahlzeit zwar nicht vollkommen satt, doch als er sich an den schmalen Stamm lehnte, obsiegte die Müdigkeit nach wenigen Augenblicken und er fiel erneut in einen unruhigen Schlaf.
Am nächsten Morgen wurde er unsanft geweckt und als seine Augen sich an das grelle Licht gewöhnt hatten, erkannte er Dante über sich.
„ Wir müssen weiter, Garandor. Waldoran ist der Meinung, wir sollten uns nicht länger als nötig am selben Fleck aufhalten. Vor allem nicht, wenn Orks in der Nähe sein könnten.“ erzählte er dem schläfrigen Zwerg ruhig.
„ Ich komme.“ antwortete Garandor träge.
In seinen langen, offenen Haaren hatten sich Blätter und Geäst angesammelt, die er nun während des Aufstehens und des Zusammenpackens der wenigen Sachen, die er mit sich trug, entfernte. Waldoran hatte sich unterdessen in eine Baumkrone geschwungen, um nach möglichen Feinden Ausschau zu halten. Kurze Zeit später, als Zwerg und Mensch sich zum Aufbruch bereit gemacht hatten, kletterte er wieder herunter und meinte, sie befänden sich fürs Erste in Sicherheit.
Sie marschierten weiter, immer der staubigen Straße folgend, gen Nordwesten. Mit der Zeit wurde der Weg stets härter; der Staub verschwand allmählich und machte kalten Steinen Platz. Garandor spürte seine Beine kaum noch. Es war zwar erst gegen Mittag, doch hatte er kaum Zeit sich zwischen den Abständen zu erholen. Dante war zwar auch nicht an diese langen Abstände gewöhnt, doch seine hervorragende Verfassung half ihm dabei, ein enorm hohes Tempo beizubehalten. Waldoran war ein Elf. Das genügte als Erklärung.
Elfen waren, so fand Garandor, merkwürdige, faszinierende, angsteinflößende Wesen, die er nicht richtig einordnen konnte. Zwar befanden sich in seinem Freundeskreis kaum Elfen, sie waren schließlich keine erwünschten Gäste im Eisenturm, doch die wenigen die er kannte, besaßen alle dieselben, negativen Eigenschaften. Waren allesamt arrogant und hochnäsig, unantastbar. Dabei fiel ihm jedoch ein, dass sein Unmut gegenüber dem Waldvolk möglicherweise durch seine Umgebung entstanden war und er keinen Hass verspürte; in der Festung der Zwerge hörte man beinahe täglich, wie verachtenswert das Volk aus Antár sich verhielt. Ein weiterer Gedanke, der ihn mit Traurigkeit erfüllte.
Garandor erinnerte sich an eine Szene vor ein paar Monden, in welcher er mit einigen seiner zwergischen Brüder in einer der enormen doch gemütlichen Tavernen des Eisenturms saß und sich ausgelassen mit ihnen über eine Vielzahl Dinge unterhalten hatte.
Diese Bilder stimmten ihn lockerer. Die antiken, massiven Waffen an den Wänden; die dicht aneinander gedrängten Bänke aus dunklem, duftendem Holz; kräftiges Gebräu, bester, zwergischer Art. Auf einmal fragte der junge Steinmetz sich, ob er eines Tages aufgrund seiner Träume und Sehnsüchte umkommen würde.
Die ausdruckslosen, elfischen Blicke peitschten ihn vorwärts. Mit der Zeit jedoch schienen auch Dantes Kräfte zu schwinden, sodass sie bald, gegen den Willen des Elfen, zu einer Rast gezwungen wurden. Diese gestaltete sich jedoch als äußerst flüchtig, da Waldoran davon überzeugt
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