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Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)

Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)

Titel: Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Dorpema
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Blut sich quälend aus jeder Pore pressen. Der Elf atmete nicht und verkrampfte sein Gesicht. Ein paar Schritte noch, dann hatte er es geschafft. Das Geschöpf hatte ihn passiert. Wenige Augenblicke später, spuckte der Elf das Blut aus seinem schmerzenden Mund. Nachdem er den Schatten nicht mehr erkennen konnte, erhob sich der Fürst und huschte geduckt zu seinen Begleitern zurück. Ohne Fleisch.
    „ Wir müssen von hier verschwinden. Sofort.“ Obgleich die Kreatur bereits außer Reichweite war, senkte Waldoran seine Stimme instinktiv.
    „ Wir haben unser Lager soeben erst aufgeschlagen.“ Lannus gefiel es überhaupt nicht, dass sie sich erneut auf den Weg machen mussten, wo sie doch gerade erst ihr spärliches Lager errichtet hatten.
    „ Ein Schatten floss hier in der Nähe über mich und ich weiß nicht, ob er zurückkommt. Ihr müsst von Glück durchdrungen sein, dass er euch nicht gesehen hat.“ Der Stimme des Elfen war zu entnehmen, dass er es durchaus ernst meinte. Sie packten ihre Habseligkeiten zurück in ihre Beutel und Garandor setzte sich wieder auf Chorz' Rücken.
    Obwohl der Zwerg sich weiterhin in einen Schleier aus löchrigem Schweigen hüllte, schien seine Laune sich etwas gebessert zu haben. Der Grund dafür, dass er dennoch selten Worte von seinen Lippen tropfen ließ, war die Faszination mit seiner neu-entdeckten Welt; der Welt jenseits seiner Augenlider.
    Sie traten die Entfernung in die grauen Spalten des verdorrten Bodens. Chorz verfiel in einen leichten Trab, während Dante, Lannus und Waldoran seiner dünnen Staubwolke folgten. Dies konnten vor Allem die beiden Menschen jedoch nicht für längere Zeit durchhalten, weswegen Chorz und Waldoran das Tempo drosselten. Sie befanden sich nun lediglich vier- oder fünftausend Schritt vom Beginn des niedrigen Gebirges entfernt. Aus nächster Nähe wirkten die Erhöhungen der Landschaft bloß noch profaner, was für ein wenig Verwirrung unter den Menschen sorgte – Garandor hatte sich in seiner eigenen Welt eingesperrt, während Chorz bereits mit dieser Region vertraut war – da sie erwartet hatten, dass die Sicht täuschte und die Überquerung sich im Nachhinein doch nicht so spielerisch gestalten würde.
    Als sie den Fuß des ersten Hügels erreichten, legten die fünf Gefährten eine überaus flüchtige Rast ein.
    „ Es riecht nach Staub.“ stellte Garandor offensichtlich beunruhigt fest.
    „ Das ist wahr, Garandor.“ stimmte Waldoran ihm nickend zu.
    „ Staub ist Zerfall. All die Werke und Welten die ich erschaffe, zerfallen zu Staub. Zu glitzerndem Staub in allen Farben des Regenbogens, aus welchem sich neue Möglichkeiten ergeben.“ erläuterte Garandor. „Doch dieser Staub riecht nach dem Ende einer Reise und nicht nach Heimat. Dieser Staub ist der wahre Zerfall. Der, der die Endlichkeit definiert.“
    „ Dennoch ist das unsere Richtung, Garandor. Selbst wenn er Zerfall bedeutet; unseren Zerfall. Die gesamte Gegenwart ist mit dem Hauch des Zerfalls besudelt. Nicht nur diese entweihte Einöde.“ antwortete Waldoran.
    Der Zwerg schien zu einer höheren Ebene aufgestiegen zu sein. Einer Ebene, in welcher er sich mit dem Elfenfürsten über Themen gemeinsamen Interesses unterhalten konnte, ohne sich zu fürchten, ohne unerfahren und hilflos zu wirken.
    Garandor nickte leicht und gab ein zufriedenes Brummen von sich, während der Elf die Spitze des unbedeutenden Hügels erklomm, um einen besseren Überblick über den bevorstehenden Weg zu haben. Seine Erinnerungen prophezeiten ihm bereits, dass der Anblick ihn nicht in Freude ertränken würde. Dennoch sank seine Hoffnung, als er den dichten Staub auf der anderen Seite der Kuppe erblickte.
    Es war kein Nebel. Lediglich braun-grauer Staub, so dicht, dass er maximal einen Schritt weit sehen konnte. Er spürte, dass sie dem Objekt nun ungeheuer Nahe waren.
    Als Waldoran sich umdrehen wollte, gesellte sich Dante zu ihm und überblickte mit offenem Mund das Land vor ihnen.
    „ Wir kommen niemals dort durch, ohne uns zu verlieren.“ konstatierte er erschrocken.
    „ Wir werden es schaffen. Allerdings hat der Staub jegliche Flüssigkeit aus der Umgebung gesogen. Es gibt dort nichts zu trinken, keine Nahrung.“
    „ Wie lange wird er uns umhüllen?“ Dante drehte seinen Kopf und stellte fest, dass der gesamte Horizont jenseits dieses unbedeutenden Hügels vom Staub verschluckt worden war. Einzig das trockene Braun-Grau des aufgewirbelten Sandes türmte sich wie eine Wand vor ihm auf.

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