Jenseits der Eisenberge (German Edition)
wie gestern, ja.“
„Dann bleibe ich.“
Kumien wartete, bis sie es sich beide unter der Decke bequem gemacht hatten, dann streckte er die Hand aus und strich über Ereks Wange.
„Schlaf gut“, flüsterte er. „Morgen soll es dir besser ergehen. Solange du dich meines Vertrauens als würdig erweist, wirst du dein Leben hier angenehm verbringen dürfen.“
Erek erwiderte nichts. Doch er war auch nicht vor seiner Hand zurückgezuckt, und das nahm Kumien als den wahren Sieg dieser Nacht.
Du bist mein …
˜ ™
Alle fuhren zusammen, als lautes Gepolter draußen vor der Hütte erklang. Es war spät am Abend, die meisten schliefen bereits. Lamár fuhr hoch, auch Tiko war bereits auf den Beinen.
„Hey!“ Pocils Stimme erklang, dann wurde die Tür aufgerissen. „Hier ist ein Neuer für euch!“ Ein Mann wurde hinein geschubst, die Tür wieder zugeschlagen. Überrascht starrten alle auf den Neuankömmling, der regungslos am Boden liegen blieb.
Irla fasst sich als Erste.
„Tiko, hilf mir!“, befahl sie und begann mit ausdrucksloser Miene, den Verletzten zu versorgen.
Lamár wandte sich von dem Anblick ab, es machte ihn krank. Die Erinnerung an seinen Weg hierher, an all die Lektionen in Demut und dem angemessenen Verhalten eines Sklaven, das war etwas, was er wirklich gerne vergessen hätte.
Der Name des Neuen lautete Yego – mehr war aus ihm nicht herauszuholen. Zwei Tage verbrachte er mit eisernem Schweigen, ließ zu, dass man ihm mit den Wunden half und Essen gab, ansonsten reagierte er nur mit Trotz und Ablehnung. Tiko hatte mehrere hitzige Auseinandersetzungen mit Lamár, seinen Eltern und einigen anderen, die mal für, mal gegen ihn Partei ergriffen – er wollte das Problem wie immer dadurch lösen, den Rebellen nachts vor die Tür zu setzen und kam damit nicht durch, was ihn noch wütender machte.
„Und ich sage dir, ich breche ihm eher selbst das Genick, als ihn von einem Schwein wie Mattin abschlachten zu lassen!“, grollte Lamár an diesem Abend, als Tiko schon wieder drängte. Morgen sollte Yego mit in die Mine steigen, der auf diese Ankündigung lediglich mit einem verächtlichen Schnauben reagiert hatte. Es war nicht anzunehmen, dass er sich in sein Schicksal als Minensklave fügen würde.
„Könntest du das tatsächlich?“, fragte eine höhnische Stimme. Alle Köpfe flogen herum – Yego war aufgestanden und musterte Lamár verächtlich von oben bis unten. Er war etwa genau so groß, allerdings massiger gebaut, mit extrem breiten Schultern und ausgeprägten Muskeln. Vermutlich hatte er sich früher regelmäßig kahl geschoren, sein rötliches Haar war kaum einen Fingerbreit lang. Über beide Arme zogen sich Tätowierungen, verschlungene Muster, die irgendetwas in Lamár berührten – möglicherweise hatte er so etwas schon einmal gesehen, aber es schien nichts mit seinem alten Leben zu tun gehabt zu haben, denn es löste keinen Schmerz aus. Lamár verschränkte unwillkürlich die Arme und erwiderte den finsteren Blick. Er spürte, wie sein Körper die Führung übernahm und völlig selbstverständlich in eine kampfbereite Abwehrhaltung überging.
„Für einen Irren sieht das schon Mal nicht schlecht aus“, sagte Yego abschätzig und grinste breit. „Du kommst auch aus Onur, oder? Du sprichst jedenfalls so.“
„Möglich“, knurrte Lamár mit zusammengebissenen Zähnen – diese Frage löste auf das altbekannte Pochen aus.
„Lass uns die Sache in einem Duell klären. Ich will und werde nicht als Sklave arbeiten, bis ich in irgendeinem Loch verrecke, verstehst du?“
„Du willst im Kampf sterben“, stellte Lamár fest.
„So ist es. Entweder du bringst mich um, oder ich dich und die Wächter erschlagen mich anschließend. Mir ist es gleich. Also, was sagst du?“
Lamár wägte nicht lange ab, sondern nickte entschieden. „Mir ist es ebenfalls gleich, es gibt nicht viel, was mich an diesem Leben ohne Vergangenheit hält.“
„Ihr könnt sofort kämpfen“, mischte sich Orchym ein, „aber Yego ist immer noch verletzt. Es würde nicht schaden, noch einen Tag länger zu warten, oder?“
„Ich werde nicht in euren verfluchten Schacht steigen!“, knurrte Yego entschieden. „Entweder sterbe ich jetzt oder morgen früh. Zu verlieren habe ich nichts, sterbe ich allerdings im ehrlichen Kampf, habe ich etwas für mich zu gewinnen. Außerdem ist euer Irrer da mit seinen ständigen Schmerzanfällen auch nicht ganz auf der Höhe, hm?“
„Irla?“, fragte Orchym,
Weitere Kostenlose Bücher