Jenseits Der Grenze
zischte sie ihrem Ehemann zu: »Wir werden reden. Unter vier Augen. Auf der Stelle.«
Benans Blässe wich einer einsetzenden Zornesröte. »Was du mir zu sagen hast, das kannst du auch …«
»Wenn ich dir noch immer irgendetwas bedeute, dann wirst du nicht in aller Öffentlichkeit zu meiner Ehre oder meinem Handeln äußern«, unterbrach Rione ihn so energisch, dass es schien, als würde ihre Stimme ihm einen körperlichen Stoß versetzen.
Diesmal drang sie zu ihm durch. Benan schluckte, dann nickte er und murmelte kleinlaut: »Ich … es tut mir leid, Vic.«
»Komm jetzt mit. Bitte.« Rione drehte sich nicht zu Geary, sondern zu Desjani um. »Wenn Sie uns entschuldigen würden, Captain. Ich … danke Ihnen«, brachte sie erstickt über die Lippen, wandte sich ab und führte ihren Mann weg.
Desjani sah den beiden nach, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre Crewmitglieder, die ein wenig unschlüssig dastanden. »Danke.« Die Männer nickten und salutierten, dann gingen sie weiter. Desjani gab Geary ein Zeichen. »Kommen Sie, gehen wir weiter. Das war knapp.«
»Was war knapp? Wovon haben Sie Benan abgehalten?«
Mitten in der Bewegung erstarrte sie und sah ihn an. »Sie wissen wirklich nicht, was er vorhatte? Er wollte Sie zu einem Ehrenduell herausfordern.«
Geary war sich nicht sicher, ob er das richtig gehört hatte. »Ein was?«
»Ein Ehrenduell. Üblicherweise auf Leben und Tod.« Sie waren an ihrem Quartier angekommen, und sie bedeutete ihm einzutreten. »Ich hoffe, du kannst fünf Minuten hier bei mir verbringen, ohne irgendwen auf die Idee zu bringen, wir könnten wie läufige Kaninchen übereinander herfallen.« Während sie redete, ließ sie sich in einen Sessel fallen und nahm dabei eine Haltung ein, die so ganz anders war als die förmliche Pose, die sie sonst zur Schau stellte. »Ehrenduelle begannen vor … ich weiß nicht, ich glaube vor dreißig Jahren. Flottenoffiziere fingen auf einmal an, andere herauszufordern, von denen sie sich in ihrer Ehre beleidigt fühlten. Wir konnten den Feind nicht besiegen, also machten wir uns daran, uns gegenseitig zu zerfleischen.« Sie sah ihm in die Augen. »Fragen der Ehre, beispielsweise der Vorwurf der Untreue.«
»Das hat sich in dieser Flotte abgespielt?«, fragte er.
»Du weißt, wie wir selbst heute noch sind! Nur die Ehre zählt! Nur die Demonstration von Tapferkeit!« Desjani verzog angewidert das Gesicht. »Ein Offizier, der herausgefordert worden war, konnte keinen Rückzieher machen, wenn er nicht als Feigling bezeichnet werden wollte. Wir hatten auch so schon einen Mangel an Offizieren, und die wenigen, die wir hatten, die brachten sich aus fehlgeleitetem Ehrgefühl gegenseitig um. Dann endlich griff die Flotte ein und erließ strenge Vorschriften, die harte Strafen für jeden androhten, der einen anderen herausforderte. Es dauerte eine Weile, und es waren einige Erschießungskommandos nötig, um diese Vorschriften durchzusetzen. Aber zu der Zeit, als ich zur Flotte kam, waren das nur noch Geschichten, erzählt von den Leuten, die zu der Zeit schon gelebt hatten. Aber die Vorschriften haben nach wie vor Bestand. Wir mussten sie bei der Offiziersausbildung auswendig lernen. Hätte dieser Idiot seine Herausforderung an dich ausgesprochen, wäre ich gezwungen gewesen, ihn in die Arrestzelle zu stecken und ihn bei unserer Rückkehr einem Kriegsgericht zu übergeben.« Sie sah Geary forschend an. »Es sei denn, du hättest entschieden, ihn sofort hinrichten zu lassen, was dein gutes Recht gewesen wäre.«
Geary schaute sich um. Er konnte sich nicht daran erinnern, je in ihrem Quartier gewesen zu sein. Nachdem er sich einen Platz ihr gegenüber ausgesucht hatte, setzte er sich hin. »Das ist nicht witzig.«
»Das war auch nicht witzig gemeint. Fast hätte er mich auch noch herausgefordert, oder ist dir das nicht aufgefallen?«
Er starrte sie verdutzt an. »Mit dieser Bemerkung, dass man dir das Kommando hätte entziehen sollen?«
»Ja, genau die«, spie Desjani aus.
»Deine Crew hat deine Ehre verteidigt«, machte Geary ihr klar.
»Aber nur, weil sie nicht weiß, wie unehrenhaft meine Gefühle waren«, fuhr sie fort, wobei ihr Tonfall zunehmend verbittert klang. »Du hättest mich haben können, und du hättest mich nicht mal freundlich darum bitten müssen. Das wusstest du, und wenn du dir selbst gegenüber ehrlich bist, dann wirst du es auch zugeben müssen. Stell mich nicht als Musterbeispiel in Sachen Ehre hin, denn ich hätte dir
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