Jenseits Der Grenze
sie recht hatte. Hier hatten sie einen Sieg errungen, aber zugleich vereitelt, dass ihnen ein Erfolg in dieser Art noch einmal gelingen konnte.
Geary nahm sich die Zeit, die Flotte zusammenkommen zu lassen und sie in eine einzelne geschlossene Formation zu bringen, obwohl durch andere Sprungpunkte fast zwanzig weitere Enigma-Schiffe ins System gekommen waren. Da das Ganze ebenso Tage in Anspruch nahm, wie die Reise zum Sprungpunkt, den sie als Nächstes benutzen wollten, ergab sich die Gelegenheit, etwas über die geretteten Menschen herauszufinden.
»Sie haben nie einen Alien gesehen«, berichtete Lieutenant Iger. »Weder die, die in Gefangenschaft geraten waren, noch die, die dort geboren wurden.« Er aktivierte ein weiteres Fenster, das zeigte einen Mann an, der sein mittleres Alter schon vor einer Weile hinter sich gelassen hatte. »Dieser Mann war einmal Crewmitglied eines Syndik-Jägers. Wie lange das her ist, kann er nicht sagen, weil die Gefangenen in diesem Asteroiden sich an nichts orientieren konnten, um zu bestimmen, wie viel Zeit verging. Wenn man seine Angaben aber mit den von den Syndiks überlassenen Unterlagen vergleicht, dann ist es wahrscheinlich vierzig Jahre her, als ein Jäger beim Durchqueren des Grenzsystems Ina spurlos verschwand.«
Der alte Mann begann zu reden: »Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich befand mich auf meinem Posten, als wir auf einmal aus dem Nichts beschossen wurden. Ich weiß noch, wie alle riefen: ›Wo kommt denn das her?‹ Dann bekamen wir den Befehl, das Schiff zu evakuieren. Ich schaffte es mit zwei Kameraden in eine Rettungskapsel, und wir ließen uns aus dem Schiff ausstoßen. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnern kann. Danach bin ich in diesem Asteroiden aufgewacht. Vom ersten Moment an war ich mir sicher, dass das ein Asteroid sein musste. Was mit den beiden anderen passiert ist, mit denen ich in der Rettungskapsel saß, weiß ich nicht. Ich war der Einzige von unserer Einheit, der hier gelandet war. Aber keiner hat mich ankommen sehen. Ich war auf einmal da. Manchmal ging das Licht aus, und wir schliefen alle ein. Wenn wir wieder aufwachten, lag manchmal ein Neuzugang auf dem Boden. Oder man hatte uns eine Kiste mit Lebensmitteln hingestellt. Oder ein Verstorbener war verschwunden. Wenn jemand starb, dann wussten wir, dass entweder bald ein neuer Gefangener auftauchen oder dass eine der Frauen schwanger werden und ein Kind bekommen würde. Wir waren immer gleich viele. Ja, immer dreihundertdreiunddreißig. Keine Ahnung wieso.«
Der befreite Gefangene hatte aufgehört zu reden, er kniff die Augen zusammen, um gegen seine Tränen anzukämpfen. »Ich weiß, Sie sind von der Allianz, aber … kann ich bitte zurück nach Hause, Sir? Es ist lange her, und ich dachte, ich müsste an diesem Ort sterben. Ich möchte einfach nur nach Hause, Sir.«
Geary schaute zur Seite, da er versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Er konnte es sich nicht leisten, seine Entscheidungen vom Mitleid mit diesem Mann und vom Hass auf die Aliens beeinflussen zu lassen. Wie hätten wir Aliens behandelt, wenn es uns gelungen wäre, sie gefangenzunehmen? Die Allianz hätte es vielleicht nicht getan, aber den Syndiks wäre zuzutrauen gewesen, ein Gefangenenlager in einem Asteroiden unterzubringen. »Sonst kann er uns nichts sagen, Lieutenant Iger?«
»Nein, Sir. Und von den anderen kann auch keiner etwas berichten.«
Vom Chefarzt der Flotte kam eine Meldung, die nur wenig aufmunternder war als Igers Bericht. »Wir haben in den Körpern keine biologischen Kampfstoffe finden können, und es deutet auch nichts darauf hin, dass man sie irgendwelchen Versuchen ausgesetzt hat. Allerdings hat man ihnen Nano-Objekte eingepflanzt, die wir rechtzeitig entdecken und unschädlich machen konnten. Diese Objekte lösen tödliche Reaktionen im Körper aus, sobald der Gefangene den Asteroiden für eine bestimmte Zeit verlässt.«
Auch eine Art von Totmannschalter. »Wie steht es um ihre Gesundheit?«
»Für die Umstände nicht schlecht«, meinte der Arzt achselzuckend. »Sie haben in einer isolierten Gemeinschaft gelebt. Die Ausrüstung und die Geräte, die sie für ihr Überleben benötigten, waren menschlichen Ursprungs, sie erhielten medizinische Versorgung und so weiter. Zwei Gefangene waren medizinisch ausreichend gebildet, um die Geräte zu handhaben und bis auf wirklich schwere Erkrankungen oder Verletzungen alles behandeln zu können. Sie haben Getreide angebaut, und von Zeit
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