Jenseits Der Grenze
Callas-Republik?«
»Weder Co-Präsidentin noch Senatorin der Allianz.« Riones Stimme klang gleichbleibend unbekümmert, aber ihre Augen verrieten ihre Gefühlsregungen. »Jemand, der der Allianz loyaler gegenüberzustehen scheint als der Callas-Republik, wäre ein schlechter Repräsentant für die Frage, ob die Republik sich aus der Allianz zurückziehen soll, nachdem der Krieg jetzt vorüber ist, nicht wahr? Immerhin hatte sich die Republik nur wegen der Bedrohung durch die Syndiks der Allianz angeschlossen. Da ich derzeit keine anderweitigen Verpflichtungen habe, ist die Allianz-Regierung auf die Idee gekommen, mich zur Gesandten des Großen Rats zu machen.«
»Zur Gesandten des Großen Rats?«, wiederholte Geary. »Und was heißt das genau?«
»Alles, was es nach Ansicht des Großen Rats und nach meiner Ansicht heißen soll.«
Sie genießt das, erkannte Geary.
Desjani war eindeutig zum gleichen Ergebnis gekommen, und sie hatte Mühe, ihre Zunge im Zaum zu halten. »Ich bin mir sicher, Sie wollen mit dem Admiral alles Notwendige besprochen haben, bevor das Shuttle wieder ablegt, daher …«
»Nein, ich werde bleiben«, unterbrach Rione sie und sprach weiter in Gearys Richtung. »Der Große Rat möchte, dass ich für die Dauer der nächsten Mission auf dem gleichen Schiff bleibe wie der Admiral.«
Da er fürchtete, Desjani könnte vor Wut explodieren, fragte Geary an Rione gewandt: »Und wenn wir ins Allianz-Gebiet zurückkehren, werden Sie uns wieder verlassen?«
Zeigte sich eine Regung in ihr? Etwas so Heftiges, das sich nicht vollkommen verbergen ließ, das aber so schnell überspielt wurde, dass er sich beim besten Willen nicht sicher sein konnte, ob er tatsächlich etwas gesehen hatte. »Das hängt davon ab, welche Befehle mir der Große Rat erteilt«, sagte Rione.
Die Vorfahren mögen uns beistehen. Wieder saß er mit diesen beiden Frauen auf einem Schiff fest. »Ich werde eine Nachricht …«
»Sparen Sie sich die Mühe. Es wäre nur vertane Zeit. Der Große Rat will, dass ich Sie begleite. Der andere vom Großen Rat bestimmte Gesandte wird in Kürze ebenfalls eintreffen.« Dann erst nahm Rione Notiz von Desjani und lächelte sie frostig an. »Aber ich bin nachlässig gewesen. Meinen Glückwunsch an Sie beide. Wie erfreulich, dass alles so gut geklappt hat, als die Flotte das letzte Mal nach Varandal zurückgekehrt ist.«
Desjani versteifte sich wieder und sah zu Geary, der keine Reaktion zu zeigen versuchte. Sollte sie je dahinterkommen, dass Rione ihm geholfen hatte, an dem Tag noch rechtzeitig zu Desjani zu gelangen, dann würde die Hölle los sein. Und das weiß Rione. Warum macht sie also vor Tanya eine solche Anspielung? Was geht diesmal in ihrem Kopf vor? »Was genau ist Ihre Rolle in dieser Flotte?«, wollte Geary wissen.
»Ich repräsentiere die Regierung«, sagte sie und warf Desjani einen flüchtigen Blick zu.
Tanya verstand die Botschaft und schaute finster zu Geary. »Wenn Sie gestatten, Sir. Ich werde mich wieder meinen Pflichten widmen.«
»Vielen Dank, Tanya.« Er versuchte, den Worten eine besondere Bedeutung mitzugeben, was ihm womöglich auch gelang, da ihre Wut ein wenig zu verrauchen schien.
Kaum hatte sich die Luke hinter Desjani geschlossen, ließ Rione sich in einen Sessel sinken und wirkte mit einem Mal abgekämpft. »Es tut mir wirklich leid, dass es keine Vorwarnung gab, bevor ich hier eintraf.«
»Sie mussten Tanya nicht so provozieren.«
»Stimmt. Aber ich bin ein Miststück, und ich muss in Übung bleiben. Dass Sie auch keine Vorwarnung erhalten haben, ist übrigens nicht mein Werk. Der Große Rat handelt in letzter Zeit ziemlich spontan. Mein Co-Gesandter sollte in den nächsten Tagen hier eintreffen.«
»Das will ich ihm auch raten, weil wir in gut einer Woche aufbrechen werden. Kenne ich ihn?«, erkundigte er sich und nahm ihr gegenüber Platz.
»Ich glaube kaum. General a. D. Hyser Charban.« Sie lächelte ironisch. »Er versucht nicht, über den Umweg eines Putsches an die Macht zu gelangen, sondern auf die gute alte Art, indem er allen möglichen mächtigen Politikern irgendeinen Gefallen tut, damit sie sich revanchieren, wenn er sich selbst zur Wahl stellt.«
»General? Ein Marine?«
Sie musste lachen. »Nein, Bodentruppen. Ich kenne Charban auch nicht persönlich. Was ich über ihn gelesen habe, charakterisiert ihn als ›pragmatisch, durch Erfahrung traurig und weise, und mit begrenzter Feuerkraft ausgestattet, wenn es darum geht, entscheidende
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