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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Glauben eines Menschen, der dem Tode so nahe war.
    »Er sagt, Er sei bei mir.«
    »Das ist hilfreich«, erwiderte Vi.
    »Ja«, sagte Elene. Entweder entging ihr der Sarkasmus, oder sie hatte beschlossen, ihn nicht zur Kenntnis zu nehmen. »Kylar denkt … Kylar fürchtet, er sei dazu geboren, für immer allein zu bleiben. Er denkt, mit den letzten Monaten habe er das Schicksal betrogen. Er ist nicht dazu geboren, allein zu sein, Vi, aber einige Lügen brauchen lange, um zu heilen. Ich habe keine Zeit. Wenn ich nicht mehr da bin, möchte ich, dass du dich um Kylar kümmerst. Auf jede erdenkliche Art und Weise. Er ist das Kostbarste auf der ganzen Welt für mich, und ich vertraue ihn dir an. Er wird dich brauchen. Du wirst wissen, wann er so weit ist und wann du so weit bist.«

    Vi hatte natürlich darüber nachgedacht. Während sie in ihrem Zimmer saß und die Frischvermählten auf der anderen Seite einer Wand, die nicht dick genug war, Liebkosungen austauschten, hatte sie hundert Mal gedacht: Diese Folter wird nicht für immer andauern; Elene würde im kommenden Frühjahr sterben. Schlimmer noch, sie hatte gedacht, dass sie nach Elenes Tod Kylar vielleicht für sich selbst haben würde.
    »Ich war egoistisch«, fuhr Elene fort. »Ich wusste, dass wir nur wenige Monate hatten, daher war ich für mich selbst und für Kylar egoistisch. Ich weiß, dass du den Preis dafür bezahlt hast. Ich habe manchmal morgens dein Gesicht gesehen, nachdem …« Elene räusperte sich. »Nachdem Kylar und ich lange aufgeblieben waren. Ich weiß, dass du ihn liebst, Vi, und ich kann mir nicht vorstellen, wie ich empfunden hätte, wären unsere Rollen vertauscht gewesen. Ich an deiner Stelle würde mich darauf freuen, dass dies … irgendwann endet. Es ist in Ordnung.«
    »Es ist nicht in Ordnung, sich zu wünschen, eine Freundin wäre tot«, entgegnete Vi steif. Ihre Augen fühlten sich heiß an.
    »Das und alles andere, was du vielleicht gedacht oder getan hast, verzeihe ich dir, Vi. Es wird wirklich alles gut werden. Gott verfolgt ein Ziel mit alledem, auch wenn wir es nicht sehen.«
    »Du gehst fort«, sagte Vi.
    »Ja.«
    »Und du hast es ihm nicht erzählt.«
    »Ich habe es versucht. Kylar ist noch nicht so weit, es zu hören. Vi, hilf ihm zu lernen, dass es kein Verrat ist, wieder zu lieben. Er ist unsterblich, und es ist die Hölle, ewig ohne Liebe zu leben.«
    »Wann gehst du?«, fragte Vi.
    »Jetzt.«
    »Wohin?«
    »König Gyre marschiert in einigen Wochen gegen Khalidor. In
seiner Armee gibt es Frauen. Ich werde mich ihnen anschließen. Zumindest ist das mein Plan. Gott hat vielleicht etwas anderes mit mir vor.«
    »Warum willst du dich ihnen anschließen?«
    »Um Kylar zu zwingen, dort zu sein. Er hat geschworen, er würde mich nicht noch einmal Logans wegen verlassen, aber das ist der Platz, an dem er sein muss. Wenn ich schon nichts anderes erreiche, werde ich wenigstens sterben, während ich für etwas kämpfe.«
    »Du bist keine Kriegerin, Elene.«
    »Nein. Aber ich bin eine Kämpferin.«
    »Hast du irgendeine Ahnung, was Kylar tun wird, wenn er es herausfindet?«, fragte Vi.
    »Ich habe auf dem Tisch einen Brief für ihn liegen lassen, in dem ich ihm schreibe, dass ich in der Chantry übernachte. Ich hoffe, dass ich schriftlich besser lüge als mündlich, denn ich werde den Vorsprung brauchen. Aber hier ist ein anderer Brief, der die Wahrheit sagt.« Sie hielt inne. »Nun, nicht die ganze Wahrheit. Ich habe ihm nicht erzählt, dass ich schwanger bin. Er wird auch so schon genug leiden. Bitte, sorge dafür, dass er den Brief bekommt.« Sie reichte Vi den Umschlag.
    »Du ziehst mich da mit hinein?«
    »Er wird es vielleicht durch euer Band spüren. Du solltest ein paar Tage in der Chantry bleiben.«
    Elene umarmte sie. Zuerst unbeholfen und dann heftig erwiderte Vi ihre Umarmung. Die Tränen kamen schneller, als sie sie wegblinzeln konnte, und durch ihr Band spürte sie Kylars plötzliches Erschrecken aus einer Entfernung von einer Meile. Es waren keine Worte, die sie empfing, aber sie konnte sein Staunen spüren: Weinst du?! Sie sandte ihm eine Welle der Beruhigung, was seine Verwirrung nur noch steigerte.

    »Ich möchte nicht, dass du gehst«, sagte Vi.
    Elene löste sich aus ihrer Umarmung und sah Vi forschend in die Augen. »Du meinst es ernst. Das kann ich erkennen. Obwohl dies alles so hart für dich war, meinst du es ernst.«
    »Ich habe nie eine Freundin gehabt«, erwiderte Vi. »Ich möchte dich nicht

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