Jenseits Der Schatten
verlieren.«
»Du bist eine bessere Frau, als du selbst weißt, Vi. Gott segne dich.«
75
»Die Pässe sind frei«, sagte Durzo. »Die Magae werden morgen marschieren.«
Kylar hatte während des Trainings an diesem Tag gewusst, dass sich etwas an der Einstellung seines Meisters verändert hatte. Sie saßen zusammen auf einem Tisch im Übungsraum von Durzos Haus, und jeder hielt ein Handtuch in der Hand und tupfte sich den Schweiß vom Gesicht. Durzo sah ihm nicht in die Augen. »Ihr geht fort«, sagte Kylar.
»Wenn du es glauben kannst, Uly wirft mich hinaus«, erwiderte Durzo kläglich.
»Ich dachte, Ihr beiden würdet wunderbar miteinander zurechtkommen.«
»Sie macht sich Sorgen um ihre Mutter. Meint, ich hätte zuerst zu ihr gehen sollen.«
»Ich denke, Uly ist klüger als wir beide zusammen«, bemerkte Kylar leichthin, obwohl sein Herz ihm wie Blei in der Brust lag. Durzo verließ ihn abermals, und auch wenn er ihm zum ersten
Mal zuvor davon erzählte, machte es die Sache nicht viel einfacher.
»Sei auf der Hut vor Frauen, die klüger sind als du, Junge. Womit ich -«
»Womit Ihr sie alle meint, ich weiß.« Kylar teilte ein Grinsen mit seinem Meister.
»Ich schätze, ich muss dir jetzt deine Ausrüstung geben«, sagte Durzo. »Du wirst die Magae begleiten?«
»Wenn ich gehe, wird Elene ebenfalls gehen, und sie wird sterben. Ich halte mich aus diesem Kampf heraus.«
Durzo betrachtete seine Fingernägel. »Ich habe dir erklärt, dass es so nicht funktioniert. Sie kann geradeso gut in eine Pfütze fallen und ertrinken, wie sie ein Schwert in den Leib gerammt bekommen kann. Der Tod lässt sich nicht betrügen, nicht in diesem Fall.«
Für Kylar war es wie ein Schlag in den Magen. Leise erwiderte er: »Ich werde sie nicht sterben lassen. Ich werde sie mir von niemandem wegnehmen lassen. Nicht vom Tod, nicht vom Wolf, nicht von Gott persönlich.«
»Junge, erinnerst du dich an dein erstes Mal im Vorzimmer des Mysteriums? War dort eine Tür, oder waren es zwei? Es war nicht der Tod oder der Wolf oder der Gott, die dich unsterblich gemacht haben. Das war deine eigene verdammte Entscheidung.«
»Ich bin unsterblich geworden, damit ich Elene retten konnte - und nicht um sie zu töten.«
»Du willst, dass sie ewig lebt? Nur zu. Schau, ob du einen weiteren Handel mit dem Wolf machen kannst, damit jemand anders an ihrer Stelle sterben wird. Vielleicht kannst du auswählen, welcher der Menschen, an denen dir liegt, sterben soll. Wäre das nicht ein großer Spaß? Vielleicht kannst du dann einen
Ka’kari für Elene bekommen, so dass sie nicht altert. Aber sei dankbar dafür, dass die Unsterblichkeit der anderen Ka’kari nicht so ist wie deine eigene. Sie wird nicht altern, aber sie kann trotzdem getötet werden. Und sei auch dafür dankbar. Denn wenn sie zu einem Ungeheuer wird, verdorben von eben dem Geschenk, für das du deine Seele verkauft hast, wirst du derjenige sein, der in dieser Angelegenheit etwas unternehmen muss.«
Durzos Ärger war zu groß, seine Beschreibung zu detailliert. »Ihr habt das getan?«, hakte Kylar nach.
Sein Meister antwortete ihm nicht, wollte ihn nicht einmal ansehen. Er öffnete den Sekretär und zog die untere Schublade heraus. Dann hob er den falschen Boden hoch und nahm Vergeltung, das immer noch von dem Ka’kari bedeckt war.
»Ich kann Elene nicht für mich sterben lassen«, sagte Kylar.
»Du hast keine einzige gottverdammte Wahl. Du hattest einige Monate Zeit, um dich an den Gedanken zu gewöhnen. Das ist mehr, als der Wolf mir jemals gewährt hat. Sei dankbar dafür. Jetzt nimm deinen Scheiß und verschwinde.« Durzo warf Kylar das große, schwarze Schwert zu.
Sobald der Ka’kari seine Haut berührte, begann er zu kreischen. ~W arum hast du mir nicht zugehört! Ich habe versucht, es dir zu sagen! Es ist fort. Seit drei Monaten fort. Gestohlen!~
Sprachlos starrte Kylar das Schwert an. Frustriert über seine Dummheit versuchte der Ka’kari, in die Haut seiner Hand einzusinken, und er ließ es zu, wobei er vergaß, dass es seine Tarnung zunichtemachen würde. Als das schwarze Metall in ihn hineinströmte, ließ es eine gefurchte, halb verschlungene Schwertklinge zurück. Vergeltung war verschwunden, ersetzt durch eine Fälschung, die Kylar nicht bemerkt hatte, als sie die Klinge versteckt hatten. Es war unmöglich, aber irgendjemand hatte ihm sein Schwert gestohlen, bevor er es hier versteckt hatte, wahrscheinlich,
als er das erste Mal auf den belebten Gehsteigen
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