Jenseits Der Schatten
konnten.
Dorian dachte an die Meister, die in diesem Moment hierhereilten. Würden sie langsam genug gehen, um zu versuchen, die Überbleibsel der Kämpfe zu deuten, an denen sie vorbeikamen? Wie hatten sie sich die Lücke in der Lichtbrücke erklärt? Er hängte sich die schweren, goldenen Amtsketten um den Hals.
»Ihr, dorthin. Und Ihr, dort drüben hin«, wies er die Konkubinen an. »Jenine, auf den Boden neben den Thron. Tut mir leid, dass wir keinen Stuhl haben. Hopper, neben die Tür, falls ich dich brauche.«
Dann setzte er sich auf den großen Onyxthron, und während er die Hände auf die gewundenen Armlehnen legte, fühlte er sich mit der ganzen Zitadelle verbunden, aber besonders mit ihrem Herzen - ihrem jetzt verwaisten Herzen, wo Khali hätte sein sollen. Dorian dankte dem Gott, dass sie nicht da war. Er wusste nicht, ob er dies überleben würde. Er konnte die Meister spüren, die sich den großen Türen näherten, also zog er durch den Thron, der die Zitadelle zu einem Teil seines Körpers machte, mit einem Krachen die Türen auf.
Die Meister und Vürdmeister zögerten. Es waren Hunderte von ihnen, und sie nahmen gleichzeitig die niedergemetzelten Edelinge wahr und die majestätische Würde des Mannes auf dem Thron. Viele hatten offensichtlich erwartet, Paerik zu sehen. Der Unterkiefer klappte ihnen herunter. Andere hatten Bescheid
gewusst, hatten die Vir deuten können und von seinem Tod erfahren - und wie gewöhnlich hatten sie ihr Wissen nicht mit ihren Kameraden geteilt, weil sie hofften, sich so einen Vorteil verschaffen zu können.
»Tretet ein«, befahl Dorian und verstärkte seine Stimme so weit, dass alle ihn hören konnten, ohne zu brüllen, wie ein Anfänger es tun würde. Vürdmeister würden sich nicht von einem simplen Zaubergewebe erschrecken lassen, und wenn er es mit zu großem Nachdruck einsetzte, würden sie ihm mit Argwohn begegnen.
Er ließ jene die Spuren des Kampfes lesen, die dazu in der Lage waren. Dann wartete er ab. Er ließ sie sich im Raum umschauen, ließ sie die Frauen anstarren, die Magie spüren und sogar Hopper betrachten. Er ließ sich selbst von ihnen ansehen, ließ jene, die sich seiner erinnerten, auf keuchen und einander zuraunen, wer er war. Dorian der Erbe, zurückgekehrt von den Toten. Dorian der Rebell. Dorian der Trotzige. Dorian der Ausgelöschte. Er wartete ab, und dies erinnerte ihn an die Zeit, da sein Vater ihn dazu ausgebildet hatte zu herrschen. Sie waren eines Tages gemeinsam über ein Weizenfeld gegangen.
»Wie behaltet Ihr solch ehrgeizige Leute im Griff?«, hatte Dorian gefragt.
Garoth Ursuul hatte nichts erwidert. Er hatte lediglich auf einen Weizenhalm gedeutet, der über seine Nachbarn hinauswuchs, und ihm den Kopf abgeschlagen.
Diese Männer waren diejenigen, die Generationen eben dieses Prozesses überlebt hatten. Zehn Sekunden lang sprach keiner von ihnen, zwanzig Sekunden lang, eine Minute. Dorian wartete, bis er sich sicher war, dass einer der jungen Vürdmeister das Wort ergreifen würde. Dann schleuderte er mit seinen Vir einen Stab nach dem Mann.
Zweihundert Schilde sprangen im Thronsaal hoch. Der Verstärker traf auf den Schild des jungen Hexers und fiel zu Boden. Dorian schenkte ihnen einen herablassenden Blick, und langsam ließen die Meister ihre Schilde sinken. Der junge Mann, der hatte sprechen wollen, rutschte vorwärts und hob beschämt den Stab auf. Dann schleuderte Dorian einen weiteren Verstärker gegen die Meisterin auf seiner Rechten. Sie fing ihn auf. Dann warf er noch einen und noch einen, bis er von den Dutzenden, die er besaß, alle geworfen hatte, selbst seinen eigenen.
Er hatte natürlich nicht genug für alle Meister, aber sie genügten Dorian, um seinen Standpunkt klarzumachen. Ein König bewaffnete seine Feinde nicht.
Dorian holte die Vir an die Oberfläche seiner Haut, aber nicht nur in seine Arme, sondern auch um seinen Kopf. Er erlaubte ihnen, durch seine Kopfhaut zu brechen und eine lebendige Krone zu formen. Er verspürte Schmerz, als sie durch seine Haut und durch Kanäle der Macht brachen, die er vor langer Zeit blockiert hatte. Jetzt war er wieder mächtig. Mächtig und furchtbar.
»Einige von Euch kennen mich als Dorian, den ersten Samen, den ersten Edeling, den ersten Überlebenden der Ausbildung, den Ersten, der seine Uurdthan vollendete, den ersten Sohn Garoth Ursuuls.«
»Aber Dorian ist tot«, erwiderte einer der jüngeren Meister, tief aus der Menge heraus.
»Ja, tot«, bekräftigte
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