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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Krieg abzustellen. In Seth wurde dieses Aufgebot im Herbst benötigt, für die Trauben. Schon jetzt sah Solon riesige breite Körbe an den Enden der Reihen aufgestapelt. Mauern zum Schutz der Weingärten waren unnötig. Die Weine von Seth waren sein Stolz und sein Lebensblut. Kein sethischer Bürger würde den Reben Schaden zufügen, noch dies von einem Fremden dulden, und der Diebstahl von Ablegern dieser Reben hatte einen Krieg zwischen Seth und Ladesh heraufbeschworen. Den Verlust von einem halben Dutzend Schiffen hatte man als einen kleinen Preis erachtet, um das ladishe Handelsschiff zu versenken, das die Setzlinge nach Ladesh bringen sollte, damit die dortigen Weinberge mit denen Seths hätten konkurrieren können. Ladesh hatte sein Seidenmonopol, aber jeder, der einen großartigen Wein wollte, kaufte ihn von Seth.
    Für Solon wie für die meisten Sethi waren die Weingärten nicht nur reich an Schönheit, sondern auch an Bedeutung. Der Zyklus des Pflanzens und Propfens, des Schneidens, Düngens und Wartens - all das war für jeden Bürger voller Bedeutung.
    Sie kamen über die letzte Anhöhe, und zum ersten Mal seit zwölf Jahren sah Solon Kastell Weißenfels. Seine Wände waren aus weißem Marmor, Zeugnis für den gewaltigen Wohlstand, dessen sich das Reich auf dem Höhepunkt seiner Macht erfreut
hatte: Auf den Inseln wurde kein weißer Marmor abgebaut, und der Transport über einen Ozean war so teuer, dass Solon, wann immer er das Schloss sah, voller Ehrfurcht und beinahe beschämt war angesichts der Verschwendungssucht seiner Vorfahren. Nebengebäude, Schmieden, Kasernen, Dienstbotenquartiere, Scheunen, Zwinger, Getreidespeicher und Lagerhäuser standen dicht an dicht auf der Kuppe des Hügels innerhalb der granitenen Mauern, aber der Gipfel war ganz dem Kastell vorbehalten. Stufen, breit genug für Pferde, führten über das Erdgeschoss hinauf zur äußeren Halle. Diese hatte ein Dach, aber keine Wände, so dass sie den Elementen offen ausgesetzt war. Riesige, gefurchte Marmorsäulen trugen ein majestätisches Dach aus Marmor, Onyx und Buntglas.
    Am Fuß der Treppe ließ Oshobi sein Gespann anhalten. »Werdet Ihr dies einfach oder schwierig machen?«, fragte er.
    »Ich bin hier, um Probleme zu lösen, nicht um sie zu verursachen«, entgegnete Solon.
    »Dafür ist es zu spät«, sagte Oshobi. »Im Erdgeschoss steht ein Zimmer für Euch bereit.«
    Solon nickte. Ein im Kastell beherbergter Edelmann würde im ersten Stock untergebracht werden, und ihm hätte der zweite Stock zugestanden, aber es war besser als der Kerker, und es würde Kaede Zeit geben zu entscheiden, wie sie mit ihm verfahren wollte.
    Gemeinsam gingen sie die Treppe hinauf, wobei sie nur geringe Aufmerksamkeit erregten. Mit Oshobis Anblick war man hier offensichtlich vertraut, und Solon war gekleidet wie ein Cenarier, nicht wie ein Sethi, so dass er vermutete, dass sein Mangel an Ringen aus der Ferne nicht weiter bemerkenswert war. Außerdem war beinahe Erntezeit, und alle hatten zu viele andere Dinge zu tun.

    Himmelsspäher hatten die Erbauung der äußeren Halle unterstützt, so dass die Buntglasscheiben eine der Jahreszeit entsprechende Kunst darboten. Gegenwärtig tauchte die Sonne die gesamte äußere Halle in Purpur, mit Szenen von der Ernte und dem Zerquetschen von Trauben; Frauen tanzten in Fässern und hoben ihre Röcke höher über die Knöchel, als notwendig gewesen wäre, und Männer klatschten und feuerten sie an. Anderswo waren Szenen von Krieg, von Seefahrt, von Fischen, von großen Wellen oder Festen für Nysos. Einige der Scheiben waren heller als andere und erinnerten Solon an seine Kindheit, als ein seltener Hagelsturm Dutzende der Scheiben zerbrochen hatte. Er erinnerte sich daran, dass sein Vater seine Ahnen verflucht hatte. Wer würde schon Glas für eine Decke benutzen? Natürlich hatte er keine andere Wahl gehabt, als die zerbrochenen Scheiben zu ersetzen, obwohl der Preis ruinös war. Man konnte die Eingangshalle schließlich nicht verwahrlosen lassen.
    Oshobi und Solon traten durch die großen, schwarzen Eichentüren in einen Inneneingang. Hier umrahmten weiße Treppen zu beiden Seiten den Raum, ein riesiger, kaiserlicher purpurner Teppich führte tiefer in den Palast hinein, und Statuen aus Gold und Marmor säumten die Halle. Als sie an der Treppe vorbei zu einer Nebentür gingen, kam jedoch einer der kleinsten und ältesten Männer, die Solon je gesehen hatte, auf Oshobi zu. Der Mann blieb stehen, ohne etwas zu

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