Jenseits Der Schatten
war.
»Ihr erwartet, dass Cenaria Euch vertraut? Ihr schlagt das einem Volk vor, das jüngst unter dem brutalsten nur vorstellbaren Tyrannen gelitten hat?«
»Das ist eine Schwierigkeit.« Garuwashi zuckte die Achseln. »Wir können es so machen, wie es Euch gefällt. Aber wenn meine Männer für diese Stadt mit ihrem Blut bezahlen müssen, werden sie sich ihrerseits Blut nehmen. Bringt diese Papiere der Königin. Lasst Euch einige Tage Zeit, um zu sehen, ob ich bluffe. Und übrigens, dieser Angriff heute Morgen, das ist keine gute Idee. Werft diese Karnickel gegen unsere Schwertfürsten, und diese Belagerung wird heute enden.«
Kylar machte eine wegwerfende Handbewegung. »Der Angriff ist bereits abgesagt. Eine dumme Idee.«
»Also, Ihr habt tatsächlich die Macht, Dinge zu verändern. Ich hatte mich das schon gefragt.«
Es war eine Randbemerkung, aber sie traf Kylar trotzdem. Wie bin ich hier hineingeraten? Er verhandelte unbekümmert über Zehntausende von Leben und das Geschick eines Landes.
Wie würde Logan darauf reagieren? Kylar konnte seinem Eid buchstabengetreu Folge leisten, und alle bis auf Terah würden gewinnen. Er würde Terah nicht töten: Das würde Lantano Garuwashi für ihn erledigen.
Garuwashi war ein ehrenhafter Mann, aber das war nicht das Gleiche wie ein guter Mann. Die ceuranische Kultur verlangte nicht von ihm, dass er sich dafür entschuldigte, Macht zu begehren. Er würde seinen Gelübden treu bleiben. Er würde barmherzig sein - nach seiner eigenen Definition von Barmherzigkeit, und Kylar hatte keine Möglichkeit, ihn gut genug kennenzulernen, um zu wissen, was das bedeutete. Die ceuranischen Edelleute nannten ihn einen Barbaren? Was, wenn sie recht hatten?
Aber in Cenaria stand viel auf dem Spiel. Kylar war, nachdem er den Gottkönig Ursuul getötet hatte, nicht lange in der Stadt geblieben, aber alle waren voller Geschichten und Stolz über die Nocta Hemata gewesen.
Cenaria war bis auf die Grundfesten niedergebrannt worden, und etwas Gutes versuchte, in der Asche zu wachsen. War Cenaria ein Land, in dem die Kleinen allen Widerständen zum Trotz groß wurden - wie in der Nocta Hemata und der Schlacht von Pavvils Hain? Oder waren sie Midcyrus Prügelknaben - dazu verdammt, von ihren Nachbarn überrannt zu werden und deren Aggression nur um den Preis solch übler Korruption abwehren zu können, dass niemand mehr die Herrschaft über sie begehrte?
Es gab große Seelen in Cenaria. Momma K und Logan und Graf Drake und Durzo waren Riesen. Konnten sie nicht Helden sein, wie sie es vielleicht in einem anderen Land gewesen wären? Hätte ein Scarred Wrable nicht ein hochdekorierter Soldat sein
können statt eines gedungenen Mörders? Kylar dachte, dass es so war, aber zwei Dinge standen dem im Weg: die Invasion dieses Mannes und Terah Graesin.
»Ich fürchte, ich kann Euch das nicht tun lassen«, sagte Kylar.
Inzwischen voll bekleidet, schob Lantano Garuwashi die Daumen in seine Schärpe, die normalerweise seine Schwerter gehalten hätte. Es musste eine alte Angewohnheit sein, ein nicht allzu subtiler Hinweis für jeden, der seine Fähigkeiten herausfordern mochte. Er zog die Daumen lässig wieder heraus. »Werdet Ihr mich töten?«, fragte er. »Es sollte mir schwerfallen, gegen einen unsichtbaren Mann zu kämpfen, aber ich dachte, das hätten wir bereits hinter uns gelassen.«
Kylar ignorierte ihn. Er schaute an dem Ceuraner vorbei zur Bettmatte des Mannes. Dort steckte ein Schwert in seiner Scheide - und alle Welt dachte, es handle sich um Ceur’caelestos. Ein Schwert, das Lantano Garuwashi nicht in seine Schärpe gesteckt hatte. Ein Schwert, das Kylar in Ezras Wald geworfen hatte.
»Hübsches Schwert«, bemerkte Kylar.
Lantano Garuwashi errötete. Obwohl er es sofort mit einem Lächeln überlagerte, ließ es sich auf seiner hellen Haut nicht verbergen.
»Was werden Eure Männer sagen, wenn sie herausfinden, dass es eine Fälschung ist? Ihr habt ein begründetes Interesse daran, kein Blut zu vergießen? Wie wäre es mit einem begründeten Interesse daran, Euer Schwert nicht zu ziehen?«
Angesichts der Umstände fand Kylar, dass Lantano Garuwashi seinen Zorn recht gut zu zügeln verstand. Seine Augen waren ausdruckslos und seine Muskeln entspannt. Es war nicht die Entspannung eines Faulpelzes, sondern die eines Schwertkämpfers. Kylar hatte gehört, dass Garuwashi einmal einem Gegner die Kehle aufgerissen hatte, bevor der Mann sein Schwert ziehen konnte. Er
hatte nicht
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