Jenseits Der Schatten
geglaubt, dass ein nicht mit Magie begabter Mann etwas Derartiges tun konnte. Jetzt besann er sich eines anderen.
Lantano Garuwashi griff jedoch nicht an. Stattdessen hob er lediglich sein falsches Ceur’caelestos auf und steckte es in seinen Gürtel. Er zwang einen Anflug von Freundlichkeit in seine Züge. »Ich kenne eins Eurer Geheimnisse, Nachtengel. Ihr habt Euch eine Identität als Kylar Stern aufgebaut. Die würdet Ihr doch nicht verlieren wollen, oder? All Eure Freunde, Euer Zugang zu den Dingen, die der Nachtengel allein nicht finden könnte.«
»Erinnert mich daran, Feir dafür zu danken.« Kylar hielt inne. Gingen diesem Ceuraner denn niemals die Tricks aus? »Es würde mir auf vielfache Weise schaden, Kylar Stern zu verlieren. Aber Kylar Stern ist nicht alles, was ich habe, oder alles, was ich bin. Ich kann meinen Namen ändern.«
»Das Ändern eines Namens ist keine große Sache«, gab Garuwashi zu. »In Ceura wissen wir das. Wir tun es manchmal, um großer Ereignisse in unserem Leben zu gedenken, aber ein Gesicht …« Er brach ab, als Kylar sich mit einer Hand übers Gesicht strich und ihm Durzos Züge gab. »Äh … das ist etwas ganz anderes, nicht wahr?«
»Der Verlust meiner Identität wird mich jahrelange Anstrengung kosten«, sagte Kylar. »Andererseits, wenn Ihr Euer Schwert nicht ziehen könnt, könnt Ihr Eure Männer überhaupt nicht anführen, ganz gleich, wie überwältigend Eure Stärke sein mag. Ich kenne Ceura gut genug, um zu wissen, dass sein König nicht mit einem eisernen Schwert regieren kann und dass es so etwas wie einen aceuranischen Sa’ceurai nicht gibt.«
Lantano Garuwashi zog eine Augenbraue hoch. Er betrachtete das in der Scheide steckende Schwert an seiner Hüfte. »Wenn Ihr eine Wiederholung unseres Duells im Wald wünscht, werde ich Eurem Wunsch nachkommen. Feir Cousat ist an jenem Tag in
den Wald gegangen, um mein Schwert zurückzuholen. Was noch nie zuvor jemandem gelungen ist, hat er geschafft: Er ist zurückgekehrt, bei meinem Wort als Sa’ceurai. Ich trage noch immer Ceur’caelestos. Wenn Ihr mich zwingt, es zu ziehen, werde ich seinen Geist mit Eurem Blut sättigen.«
Es war ein ernstgemeinter Schwur, aber die Worte seines Eides bedeuteten nicht, was Kylar seinem Willen nach daraus schließen sollte. »Ihr tragt nichts als eine Scheide und einen Griff. Sagt, dass ich lüge, Garuwashi, und ich werde vor Eurem Zelt stehen und Euch vor Eurer Armee herausfordern. Eure Sa’ceurai werden Euch mit bloßen Händen in Stücke reißen, wenn sie herausfinden, dass Ihr Ceur’caelestos verloren habt.«
Die Muskeln an Garuwashis Kinn traten hervor. Er blieb lange Zeit still. »Verflucht sollt Ihr sein«, sagte er schließlich. Das Eisen in ihm schien zu schmelzen. »Verflucht sollt Ihr sein, dass Ihr mein Schwert genommen habt, und verflucht soll Feir sein, dass er mich gezwungen hat zu leben. Er ist tatsächlich aus dem Wald gekommen. Er sagte, er habe beschlossen, ein neues Ceur’caelestos für mich zu machen. Er wusste, dass die Sa’ceurai es niemals verstehen würden, daher gab er mir diesen Griff und schwor, bis zum Frühjahr zurückzukehren. Ich habe ihm geglaubt.« Garuwashi atmete tief durch. »Und jetzt kommt Ihr abermals, um mich zu vernichten. Ich weiß nicht, ob ich Euch hassen oder Euch bewundern soll, Nachtengel. Beinahe hätte ich Euch gehabt. Ich habe es in Eurem Gesicht gesehen. Gehen Euch die Tricks denn niemals aus?«
Kylar blieb auf der Hut. »Ihr wollt Cenaria nicht einmal, oder? Ihr dachtet nur, es wäre ein weiterer schneller Sieg, durch den Eure Legende wachsen würde.«
»Was ist ein Kriegsführer ohne Krieg, Nachtengel? Ich war unbesiegbar, bevor ich Ceur’caelestos nahm, und jetzt wünscht
Ihr, dass ich verliere - gegen Cenaria? Ihr wisst nicht, was es bedeutet, Männer zu führen.«
»Ich weiß, was es bedeutet, sie zu töten. Ich weiß, was es bedeutet, andere zu bitten, für meine Fehler zu bezahlen.«
»Wisst Ihr, was es bedeutet, sich zu weigern, Euch mit der mageren Portion zu bescheiden, die das Leben Euch zuteilt? Ich denke, Ihr wisst es. Könnt Ihr Euch mich vorstellen, wie ich mit hochgekrempelten Hosen neben meinem einzigen Knecht stehe und Reis pflanze? Diese Hände wurden nicht für eine Hacke gemacht. Ihr habt den Namen Kylar Stern angenommen. Warum? Weil auch ihr mit einem eisernen Schwert geboren wurdet.
Meine Männer brauchen Nahrung, aber sie brauchen noch dringender den Sieg. Mit mir oder ohne mich, sie werden den
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