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Jenseits Der Unschuld

Jenseits Der Unschuld

Titel: Jenseits Der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine letzte Nacht in Afrika, als er in Hopeville hinter einem Stapel Kisten kauerte, nicht weit vom Bahnhof entfernt der lichterloh brannte. Gewehrkugeln und Querschläger pfiffen ihm um die Ohren, dumpfe Explosionen krachten in nächster Nähe. Briten und Buren lieferten sich die ganze Nacht lang Gefechte, und er war mittendrin. Die Schießereien wollten kein Ende nehmen. Edward erinnerte sich lebhaft daran, wie sehr er nach einer Zigarette gelechzt hatte und in sämtlichen Taschen danach kramte, aber nur zwei Hände voll Diamanten hervorholte.

    In diesem Moment hätte er sämtliche Steine für eine einzige Zigarette getauscht.
    Der Zug aus Kimberley hatte zweieinhalb Stunden Verspätung. Edward hatte sich beim Überklettern des Stacheldrahtzauns blutig geschrammt, und als er neben dem Zug hergelaufen war, hatte er zu allem Überfluss noch einen Schuss in die Schulter abgekriegt. Aber er hatte es geschafft. Er war auf den letzten Wagen gesprungen, und als er in der blutroten Morgenröte in Kapstadt ankam, hatte er das Handelsschiff in letzter Sekunde erreicht, das im Begriff war, abzulegen. Blutverschmiert, verdreckt und völlig erschöpft, aber er hatte es geschafft. Mit den Taschen voller Diamanten.
    Er würde nie wieder zurückkehren.
    Er rauchte die Zigarette zu Ende. Erst als die Kippe ihm die Finger verbrannte, zwang er seine Gedanken in die Gegenwart zurück. Seine Schultern waren verspannt, und er schwitzte; Symptome, die sich jedes Mal bei diesen unangenehmen Erinnerungen einstellten. Das südliche Afrika war ein hoffnungsloser Fall, das war ihm vor etlichen Monaten klargeworden. Der Hass auf beiden Seiten war zu tief verwurzelt die Lage zu verworren, um eine baldige Lösung zu finden. Er wollte schleunigst aus dem Geschäft aussteigen. Was nutzte ihm sein Reichtum, wenn er tot war?
    Sein Blick glitt über die beschauliche Szene auf dem Rasen unter dem Balkon. Vereinzelte Gäste schlenderten durch den Garten mit Gläsern in den Händen. Die Herren im Smoking, die Damen in Abendkleidern und funkelnden Juwelen. Nicht zum ersten Mal wanderte Edwards Blick zurück zu dem weißen Korbstuhl neben der Glastür zu seinem Zimmer, auf dem ein offenes Skizzenbuch lag, in dessen Blättern der Abendwind fächelte.
    Edward war sich ziemlich sicher, dass das Skizzenbuch der Voyeurin gehörte. Als er und Hilary sich trennten, um auf verschiedenen Wegen zum Haus zurückzugehen, hatte Edward es im Sand gefunden, genau an der Stelle, wo die heimliche Zuschauerin gekauert und die Szene beobachtet hatte. Und zu seiner großen Überraschung hatte er eine flüchtige Zeichnung von sich entdeckt und sich sogar ein wenig geschmeichelt gefühlt. Es gab noch andere Skizzen von der Küste vor Newport. Die kleine Voyeurin hatte Talent, daran gab es keinen Zweifel.
    Edward zündete sich noch eine Zigarette an. Seit dem Vorfall am Strand musste er ständig an sie denken. Der Vorfall. Er war immer noch entsetzt über sein abscheuliches Verhalten. Zugegeben, er hatte sie nicht gezwungen zuzusehen. Aber sie hatte dort gesessen, um zu zeichnen, das war ihm jetzt bewusst.
    Andererseits hätte jede andere junge Dame augenblicklich die Flucht ergriffen. Sie nicht. Sie war geblieben und hatte zugesehen - bis zum Ende. Allein bei dem Gedanken regten sich seine Lenden. Edward erkannte mit Schrecken, dass er durch seine Eskapaden - und die Momente, in denen er dem Tod sehr nahe war - zügelloser und kaltblütiger geworden war, als er befürchtet hatte. Dieser Vorfall war der Beweis. Wie sonst sollte er sein Verhalten erklären? Aber wie war ihr Verhalten zu erklären? Er war ihr noch nicht begegnet, und seine Neugier war geweckt.
    Er vermutete sie unter den Gästen der Ralstons, und er sah ihrer Begegnung mit einer Mischung aus Freude und Erregung entgegen. Gütiger Himmel, er hatte richtig Herzklopfen. Edward konnte sich nicht erinnern, wann er das letztemal Herzklopfen beim bloßen Gedanken an eine Frau gehabt hatte.
    Edward ging in sein Zimmer zurück, schlüpfte in das weiße Abendjackett, zupfte die Fliege zurecht und ging nach unten.
    In der Halle verlangsamte er seine Schritte und blieb an der Schwelle des weitläufigen Salons stehen. Gäste standen in Grüppchen plaudernd zusammen und nippten an Champagnergläsern, die von Dienern und Hausmädchen in weil Zen Schürzen und Häubchen auf Silbertabletts gereicht wurden. Es waren mindestens zwei Dutzend Gäste anwesend; offenbar waren auch Nachbarn zum Dinner geladen. Er ließ den Blick über

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