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Jenseits Der Unschuld

Jenseits Der Unschuld

Titel: Jenseits Der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
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Paul ins Zut gegangen.«
    »Wer ist Paul?«
    »Ihr Freund. Ihr bester Freund.«
    Edwards Gedanken rasten. Georges schien an Sofie interessiert zu sein. Aber wer war Paul? Irgendwie kam ihm der Name vertraut vor. »Paul Verault?«
    »Ja.« Georges ließ sich zu keiner weiteren Erklärung herbei.
    »Was ist das Zut?« fragte Edward zähneknirschend.
    »Unser Stammcafe. Wollen Sie mitkommen?«
    »Ja.« Edward folgte dem Fremden die Treppe hinunter ins Freie. Es war ein schöner Herbsttag. Das Laub der Bäume, die die Straße säumten, leuchtete rot und golden im milden Sonnenlicht. »Ich kenne Sie nicht, aber Sie scheinen mich zu kennen. Wieso?«
    »Wir alle kennen Sie, Monsieur. Von Sofies Bildern.«
    »Von Sofies Bildern?« wiederholte Edward erstaunt.
    Sofie hatte ihn also sogar gemalt mehrmals. Aber warum? Ein Kribbeln durchrieselte ihn, und sein Zorn flaute ein wenig ab. Dann musste sie also doch etwas für ihn übrig haben, wenigstens einen Funken Sympathie.
    Andererseits wählten Maler aller Epochen und auf der ganzen Welt ihre Modelle nach irgendwelchen unerfindlichen Gesichtspunkten aus. Ein Maler, der einen Apfel oder einen Menschen malte, musste nicht in das Objekt verliebt sein, das er auf die Leinwand bannte. Der Hoffnungsschimmer, der in Edward aufgeglüht war, erstarb. Er presste die Lippen aufeinander.
    Die Männer gingen schweigend durch die schmalen Straßen. Als sie schließlich um eine Ecke bogen, drang das Klimpern eines Pianos auf die Straße, gefolgt von einem Schwall Männerlachen, dazu die laute Stimme eines Betrunkenen. Edward glaubte sogar, helle Frauenstimmen aus dem Gewirr herauszuhören.
    Die beiden betraten das Zut. Das war kein Kaffeehaus, sondern eine Bar.
    Edward bekam große Augen. Sofie verkehrte nicht in Bars. Wohlerzogene Damen hielten sich nicht in üblen Spelunken auf, in denen betrunkene Wüstlinge sich herumtrieben, auch nicht eine unkonventionelle Dame wie Sofie. Außerdem war sie Mutter!
    Steif und angespannt blieb er stehen und ließ den Blick durch das verrauchte, lärmende Lokal schweifen. Die meisten der kleinen Tische waren besetzt, ein weiteres Dutzend Gäste, darunter auch zwei Frauen, standen an der Theke. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass viele der Gäste die Köpfe drehten, ihn anstarrten, ihn zu kennen schienen genau wie Georges vor wenigen Minuten.
    Edward scherte sich nicht darum. Sofie war hier. Und dann entdeckte er sie. Sein Blick durchbohrte sie. Er vergaß Raum und Zeit.
    Sein Herz krampfte sich zusammen. Sie saß an einem Tisch mit drei Männern, zwei in ihrem Alter, einer sehr viel älter mit grauem Haar und Bart. Sie hatte sich verändert. Wie früher trug sie einen dunkelblauen Rock und eine gestärkte weiße Hemdbluse, doch um die Schultern hatte sie einen rot und gold gemusterten Schal gelegt. Das Haar trug sie locker zu einem dicken Zopf im Nacken geflochten, so wie damals. Doch sie saß nicht wie ein Schulmädchen kerzengerade und aufrecht, als habe sie einen Stock verschluckt. Sie räkelte sich lässig im Stuhl, einen Arm auf die Lehne gelegt, die Beine übergeschlagen. Sie war nicht mehr so zerbrechlich dünn wie früher.
    Ihre Wangen waren rosig angehaucht, vielleicht als Folge des halb geleerten Weinglases, das vor ihr stand. Und dann lachte sie über die Bemerkung eines Mannes am Tisch, ein strahlendes, heiteres Lachen. Sie hatte sich verändert.
    Die Sofie O'Neil, die Edward kannte, hätte sich unter keinen Umständen in eine verrauchte Bar zu lärmenden Männern an den Tisch gesetzt, sie hätte niemals Wein getrunken und Zigaretten geraucht.
    Ihm war, als würde die Ladung Dynamit, die den Zug von Kimberley zum Entgleisen gebracht hatte, erneut explodieren, diesmal in seinem Bauch.
    Er sah sie unverwandt an, sein Entsetzen wandelte sich in kalten Zorn.
    Er hatte die ganze Zeit in der Hölle verbracht - ihretwegen. Und sie hatte sich währenddessen in Paris amüsiert, hatte ein sorgloses, lockeres Künstlerleben geführt. Welcher von den Typen war ihr Liebhaber? fragte er sich in kaltem Zorn. Und wo, zum Teufel, war sein Kind?
    Edward ging steifbeinig auf sie zu. Sie saß im Profil zu ihm, hatte ihn noch nicht entdeckt. Doch die anderen hatten ihn bemerkt. Die Gespräche verstummten, man starrte ihn an. Sofie verharrte. Edward lächelte grimmig. Plötzlich beugte Georges sich über sie und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Mörderischer Zorn loderte in Edward auf. Jetzt wusste er, dass er ihr Liebhaber war. Daran gab es keinen Zweifel.
    Georges

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