Jenseits Der Unschuld
Aubussonteppich gesellt.
Jake wusste, dass sie nicht schlief, da ihre Finger federleicht seine Unterarme kraulten und sie von Zeit zu Zeit wohlig seufzte.
Jake musste sie nicht ansehen, um zu wissen, dass sie lächelte wie eine satte Katze. Und er tat es dennoch, wenn auch ohne besondere Gefühlsregung.
Die Leere in ihm war nicht gewichen, sie war immer noch da.
Er hatte gedacht, hatte sogar gehofft, dass er sie noch lieben würde. Heimlich, tief in seinem Innern. Aber er fühlte sich ebenso leer und einsam wie stets, nachdem er mit einer Frau geschlafen hatte. Er kannte Suzanne nun seit mehr als zwanzig Jahren; sie hatte ihm seine geliebte Tochter geboren, aber es war nichts mehr da, nicht die geringste Empfindung - außer seiner Fleischeslust.
Hätte er mit Delanza am frühen Nachmittag nicht getrunken, ihm all seine Geheimnisse anvertraut und sich eine Zentnerlast von der Seele geredet, was er nie zuvor getan hatte, auch nicht bei St. Clare, hätte er seinem Verlangen nicht nachgegeben. Er hatte Suzannes Sirenengesang viele Jahre widerstanden.
Doch irgendwie war ihre körperliche Vereinigung unausweichlich gewesen. Es war nötig, noch einmal mit ihr zusammen zu sein, um zu ergründen, ob noch ein Rest Liebe in ihm war.
Doch es war nichts mehr da. Nicht der geringste Funke, keine Spur. Sein Verstand sagte ihm, dass er erleichtert sein sollte, und in gewisser Weise war er das auch, aber er war auch traurig. Unendlich traurig.
Suzanne war seine Ehefrau, die in wenigen Minuten aufstehen, sich anziehen und zu einem anderen Mann gehen würde. Sofie war seine Tochter, die nicht einmal wusste, dass er lebte. Und wenn sie es wusste, würde sie sich vor Entsetzen von ihm abwenden. Er war ein Verräter, ein Mörder und ein Lügner. Jake schloss die Augen. Edward hatte an der Hotelbar zwar versucht ihn davon zu überzeugen, dass Sofie überglücklich wäre, wenn sie wusste, dass ihr Vater noch lebte und dass sie sich keineswegs voller Abscheu von ihm abwenden, sondern sich in seine Arme werfen würde. Wenn er es nur glauben könnte!
Suzanne seufzte wohlig und richtete sich träge auf. Jake war froh, in seinen Grübeleien unterbrochen zu werden.
Sie lächelte, ahnte nichts von seinen Empfindungen. Sie hatte ihn so oft in der Vergangenheit verletzt - und er sie, doch nun hatte er nicht den Wunsch, ihr weh zu tun. Es war Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen. »Du bist noch schöner geworden, Suzanne«, sagte er ernsthaft. Sie war das Bild einer makellosen Venus mit ihrem ovalen Gesicht, den klassisch ebenmäßigen Zügen, dem wallenden mahagonifarbenen Haar, ihren vollen Brüsten, runden Hüften und prallen Schenkeln.
Suzanne lachte geschmeichelt. »Und du bist ein atemberaubender Mann, Jake. Ein wunderbarer Liebhaber.« Sie küsste ihn zart auf den Mund.
Jake blieb ernst.
Ihr Lächeln schwand. »Jake?«
Er wusste nicht, was er sagen sollte. Langsam richtete er sich auf, schwang seine langen, sehnigen Beine über das beige gestreifte Damastsofa, griff nach seinem Mantel und schlüpfte in die Ärmel. Suzanne legte ihm die Hand auf den Arm. »Jake? Was hast du vor?«
»Es ist spät geworden. Du musst nach Hause, Suzanne.«
Damit wollte sie sich nicht zufriedengeben. »Das weiß ich selbst, aber ... «
Ihm blieb keine Wahl. »Es gibt kein Aber. Benjamin ist dein Ehemann, nicht ich.« Er machte eine Pause. »Es tut mir leid. Das hätte nicht passieren dürfen.«
Suzanne sprang auf, bleich, bestürzt. »Das hätte nicht passieren dürfen?! Jake! Das war das Schönste, was uns beiden je passiert ist. Ich liebe dich! Und du liebst mich ... Ich weiß es!«
Nun stand auch Jake auf und schlang den Gürtel um die Hüften. Sie war sehr schön in ihrer Nacktheit, doch er spürte nicht die geringste Regung. Die Erkenntnis, dass es wirklich aus und vorbei war zwischen ihnen, verblüffte ihn. Er würde sie nie wieder begehren, das wusste er in aller Deutlichkeit. »Nein, Suzanne, du irrst dich.«
Sie sah ihn entgeistert an. »Was sagst du da?«
»Du bist mit Benjamin verheiratet. «
»Ich verlasse ihn! Das habe ich dir gesagt, und es ist mir ernst damit.«
»Du kannst ihn nicht verlassen«, entgegnete er leise. »Da-' mit würdest du dich ruinieren, das weißt du genau. Du hast mich einmal gehasst. Du würdest mich wieder hassen, wenn deine Freunde dich fallenlassen, dich verachten.«
»Nein. Diesmal ist es anders. Du bist kein armseliger Eiwanderer mehr!«
Er zuckte zusammen. »Das schmerzt. Noch vor wenigen
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