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Jenseits Der Unschuld

Jenseits Der Unschuld

Titel: Jenseits Der Unschuld
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schnappte entrüstet nach Luft.
    Edward feixte, ohne die Spur von Reue.
    »Ich kann es nicht leugnen. Ich habe mehr als genug Knöchel gesehen. Dicke und schlanke, junge und alte, weiße und - ja, fassen Sie sich - auch braune und schwarze.«
    Sofie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte und hörte sich sagen: »Auch schwarze.«
    Er blinzelte. »In Afrika gibt es jede Menge schwarze Füße. Aber das ist noch gar nichts. Ich habe auch rote, gelbe und blaue gesehen - im Karneval.«
    Ein glucksender Laut entfuhr ihr. Edward massierte wieder ihren Fuß.
    Sofie wischte sich die Tränen weg. »Warum tun Sie das?«
    »Weil ich Sie einmal zum Lachen bringen will.«
    Wieder entfuhr ihr ein gepresster Ton, etwas zwischen Schluchzen und Lachen.
    Edward lächelte mit solcher Wärme, dass ihr ein Pfeil mitten durchs Herz fuhr. Er stellte ihren Fuß auf seinen harten Schenkel und umschloss ihn mit der Hand. »Na endlich, es geht ja. «
    Sofie hatte aufgehört zu weinen. Sie blickte von seinen zärtlichen blauen Augen, von seinem schönen lächelnden Gesicht zu seinem Schenkel, auf dem ihr Fuß ruhte, sehr nahe an seinen Lenden. Auch er senkte den Blick. In diesem Augenblick veränderte sich alles. Er lächelte nicht mehr. Seine Augen funkelten, sein Gesichtsausdruck war angespannt. Sein Daumen verharrte an ihrem Rist. Und das spürte sie bis in ihre Leibesmitte.
    Und alles, was er sagte, war ein heiseres: »Miß O'Neil ... «
    Sofie wusste nicht, wie ihr geschah. Er hielt ihren Fuß ' den er eben noch gestreichelt hatte, und plötzlich verdichtete sich die Atmosphäre zu einer knisternden Spannung. In Sofie breitete sich eine sengende Hitze aus, sie glaubte zu explodieren.
    »Sofie, findest du nicht, dass du heute abend für genügend Aufregung gesorgt hast?« platzte Suzannes Stimme in die Spannung.
    Sofie gewahrte ihre Mutter, die hinter Edward aufgetaucht war, und zog blitzschnell den Fuß zurück. Sie saß kerzengerade und krallte die Finger in die breiten Armlehnen des Korbstuhls. Die Miene ihrer Mutter war undurchdringlich. Edward erhob sich langsam und geschmeidig wie ein Panther. Ehe er sich seiner Gastgeberin zuwandte, schenkte er Sofie ein ermutigendes Lächeln. Sofies Herzschlag verdoppelte sich.
    Sie schloss die Augen, schickte ein Stoßgebet zum Himmel, flehte um Beistand, ehe es zu spät war, ehe sie sich in die tiefen, unergründlichen Strudel der Liebe stürzte.
    »Sofie, zieh deinen Schuh an«, befahl Suzanne.
    Sofie war zu keiner Bewegung fähig.

    Edward bückte sich, nahm den klobigen Schuh zur Hand und streifte ihn über Sofies Fuß. Sie wagte einen heimlichen Blick. Sein Gesicht wirkte verärgert und verschlossen. Als er die Schuhbänder zuschnürte, hob sie den Blick zu ihrer Mutter, die nicht minder verschlossen und verärgert aussah.
    »Mr. Delanza, wenn Sie uns bitte entschuldigen wollen«, fuhr Suzanne kühl fort.
    Edward stellte sich zwischen Mutter und Tochter. »Mrs. Ralston, Ihre Tochter hat Schmerzen. Ich würde ihr gerne nach oben helfen, mit Ihrer gütigen Erlaubnis selbstverständlich.« Sein Ton war sachlich und kühl.
    »Das ist nicht nötig, Sir«, entgegnete Suzanne mit überzuckerter Höflichkeit. »Eine der Mädchen wird ihr helfen.
    Aber ich würde Sie morgen gerne sprechen - sagen wir nach dem Frühstück?« Sie lächelte säuerlich.
    Edward verneigte sich. »Gerne. Gute Nacht, Madam.« Er kehrte ihr den Rücken und sah Sofie mit einem Blick voller Zuneigung an; in seinen Augen blitzte etwas auf, das ihr wie eine Verschwörung schien. Sofies Puls raste.
    »Gute Nacht, Miß O'Neil.«
    Sie brachte ein dünnes Lächeln zustande. Edward ging. Suzanne sah ihm nach, bis er verschwunden war. Dann erst wandte sie sich ihrer Tochter zu. Ihre Hand flog hoch. Sofie schrie vor Schreck und Schmerz, als ihre Mutter sie mitten ins Gesicht schlug. Sie prallte mit dem Rücken gegen die Stuhllehne, hielt sich die brennende Wange.
    »Ich habe dir gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten!« schnaubte Suzanne. »Begreifst du denn nicht? Er ist genau wie dein Vater, dein gottverdammter, elender Vater, dieser irische Schuft - und er wird dich benutzen, genau wie dein Vater mich benutzt hat!«
    Sofie schlief nicht. Sie wagte auch nicht zu denken, nicht an das, was ihre Mutter gesagt hatte, und nicht an das, was geschehen war. Sie würde die Ereignisse des vergangenen Tages nie begreifen.
    Sie zeichnete. Sofie arbeitete lieber mit Farben, am liebsten mit Ölfarben. Doch ihre Mutter hätte ihr nie
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