Jenseits Der Unschuld
der einzige.«
»In meinen Augen sind alle anderen verdammte Narren.«
Sofie starrte ihn an. Sie war sich deutlich bewusst, dass sie einander sehr nah standen; sie spürte seine Wärme. Und sie spürte eine Hitze in sich aufsteigen, die sie nie zuvor empfunden hatte. »Was wollen Sie damit sagen?«
Er hob die Hand. Eine Sekunde dachte Sofie, er würde sie berühren. Seine Hand verharrte an ihrer Schulter, ehe er die Handfläche an die Wand seitlich neben ihrem Kopf legte. »Ich will damit nur sagen, dass ich Sie besuche wie jeder andere Mann. Wohlanständig und sittsam. Weil ich Sie interessant finde. Sie aber behandeln mich wie einen Aussätzigen.«
»Das lag nicht in meiner Absicht«, verteidigte Sofie sich mit belegter Stimme. Der Ärmel seines Jacketts streifte, beinahe ihre Wange.
Edward sah sie unverwandt an. »Warum haben Sie Angst vor mir?«
»Hab' ich gar nicht«, wehrte sie ab. Was, um Himmels willen, soll ich bloß tun, wenn er mich küsst?
Er lächelte schief, beinahe ein wenig bitter. »Ich könnte es Ihnen nicht mal übelnehmen. Aber ich verspreche Ihnen, Sofie, ich will Ihnen nichts Böses. Ich will Ihr Freund sein.« Den letzten Satz sagte er leise, beinahe beschwörend. Sofie konnte nicht atmen, konnte kaum schlucken. Welche Art Freundschaft hatte er im Sinn?
Sie blickte in seine klaren blauen Augen. Und plötzlich stand ein Bild vor ihr. Ein Mann und eine Frau in leidenschaftlicher Umarmung. Der Mann war Edward, die Frau sie selbst. Sicher lag eine tiefere Bedeutung hinter seinen Worten. Suzanne würde das jedenfalls unterstellen. Doch Sofie war sich dessen nicht so sicher. Sie erinnerte sich, wie fürsorglich er an jenem Abend auf der Terrasse in Newport um sie bemüht war. Sie wusste nicht ob sie erleichtert oder Enttäuscht sein sollte über diese Feststellung.
Er zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Sind wir Freunde, Sofie?«
Sofie zitterte. Sie wusste, dass er es bemerkte. Ihre Wange berührte fast seinen Arm. Und wenn er sich noch ein wenig vorbeugte, würden auch ihre Knie sich berühren.
»Sofie?«
Sie suchte krampfhaft nach einer Antwort, ohne ihren Worten eine Doppelbedeutung zu geben. »Natürlich sind wir Freunde, wenn es das ist, was Sie wünschen.« Sie wusste, dass sie wieder errötete.
Er schien erfreut zu sein. Seine nächsten Worte brachten sie völlig aus der Fassung. »Würden Sie etwas für mich malen?«
»Was?«
»Würden Sie ein Bild für mich malen, Sofie?« wiederhol er.
Sie starrte ihn sprachlos an.
»Malen Sie ein Bild für mich« fuhr er heiter fort. »Irgendeins. Was immer Sie wollen. «
Sofie stellte sich vor, dass er in diesem Plauderton mit zahllosen Frauen gesprochen hatte, die er in seine Arme und in sein Bett locken wollte.
Sofie stand mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt. »Nein. Ich glaube nicht. Nein.«
Sein Lächeln schwand. »Und warum nicht?«
»Das halte ich für keine gute Idee.«
»Wieso?«
Sofie wusste keine Antwort. Ihr Instinkt warnte sie davor, seiner Bitte zu entsprechen. Vielleicht weil sie ihn so unwiderstehlich fand und weil sie seine Anerkennung wünschte. Irgendwie witterte sie Gefahr, wenn sie Edward in ihre Welt der Kunst mit einbezog. Das schien ihr weit gefährlicher, als mit ihm allein zu sein oder einer Freundschaft mit ihm zuzustimmen. »Es ist ein großer Aufwand.«
»Wirklich? Sie haben Miß Ames gemalt. «
»Das ist nicht dasselbe.«
»Wieso nicht?«
Sofie konnte nicht antworten. Sie wollte ihm nicht sagen, dass Miß Ames unter ihrer rauen Schale eine liebenswerte alte Dame war, während er den Traum jeder Frau verkörperte. Außerdem hatte Suzanne sie gezwungen, Miß Ames zu malen. »Ich bin sehr beschäftigt«, sagte sie schließlich hastig. »Mein Studium an der Akademie lässt mir kaum Zeit für andere Dinge. «
»Ich verstehe.« Er klang verletzt und ließ den Arm sinken. »Ich dachte, da wir nun Freunde sind, würden Sie sich Zeit nehmen - für mich.«
Sofie erstarrte. Und wenn er wirklich nur ihr Freund sein wollte? Wäre es möglich, eine freundschaftliche Beziehung mit ihm einzugehen? Sofies Herz zog sich schmerzlich zusammen. Erschrocken erkannte sie, dass sie ihn nicht aus ihrem Leben gehen lassen wollte. »Warum tun Sie das?« wisperte sie.
»Weil es getan werden muss«, antwortete er beinahe ebenso leise und sah sie unverwandt an. »Sie brauchen mich, Sofie. Sie müssen aufgerüttelt werden.«
Sofie sah ihn fassungslos an.
Plötzlich waren seine beiden Hände an der Wand, seitlich
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