Jenseits des Bösen
Zimmer um und suchte nach der besten Möglichkeit mit ihren schlechten Karten. Sie entschied sich für den Pianisten. Sie lief zwischen den Tänzern hindurch, und ihre Panik gewann wieder die Oberhand.
»Hören Sie auf zu spielen«, sagte sie, als sie bei ihm war.
»Wollen Sie was anderes?« sagte er und drehte sich zu ihr um. Sein Blick war alkoholumnebelt, aber er hatte wenigstens nicht die Augen nach oben verdreht.
»Ja, etwas Lautes«, sagte sie. »Richtig laut. Und schnell.
Bringen wir die Party auf Trab, ja?«
»Bißchen spät dafür«, sagte er.
»Wie heißen Sie?«
»Doug Frankl.«
»O. K., Doug. Spielen Sie weiter...« Sie sah wieder zu Sagansky, der hinter den Tänzern stand und sie beobachtete,
»... ich brauche Ihre Hilfe, Doug.«
»Und ich brauch' was zu trinken«, nuschelte er. »Können Sie mir was bringen?«
»Gleich. Vorher: Sehen Sie den Mann auf der anderen Seite des Zimmers?«
»Ja, ich kenne ihn. Jeder kennt ihn. Er ist ein Pißkopf.«
»Er hat gerade versucht, mich anzugreifen.«
»Tatsächlich?« sagte Doug und sah stirnrunzelnd zu Eve auf.
»Das ist ekelhaft.«
»Und mein Begleiter... Mr. Grillo... ist oben...«
»Das ist wirklich ekelhaft«, sagte Doug nochmals. »Sie könnten seine Mutter sein.«
»Danke, Doug.«
»Wirklich ekelhaft.«
Eve beugte sich zu ihrem ungewöhnlichen Ritter. »Ich brauche Ihre Hilfe«, flüsterte sie. »Und ich brauche sie gleich.«
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»Muß spielen«, sagte Doug.
»Sie können weiterspielen, wenn wir einen Drink für Sie und Mr. Grillo für mich geholt haben.«
»Ich brauch' echt was zu trinken.«
»Ja. Das sehe ich. Und Sie haben es auch verdient. Sie spielen immerzu. Sie haben einen Drink verdient.«
»Ja. Wirklich.«
Sie streckte die Arme aus, nahm Frankls Handgelenke und hob ihm die Hände von der Tastatur. Er erhob keine Einwände.
Die Musik hatte zwar aufgehört, aber die Tänzer schlurften ungerührt weiter.
»Stehen Sie auf, Doug«, flüsterte sie.
Er bemühte sich, auf die Beine zu kommen, und trat dabei den Klavierhocker um.
»Wo sind die Drinks?« sagte er. Er war weggetretener, als sie gedacht hatte. Er mußte per Automatik gespielt haben, denn er konnte kaum einen Fuß vor den anderen setzen. Aber er war immerhin ein Beschützer. Sie nahm seinen Arm und hoffte, Sagansky würde es dahingehend interpretieren, daß er sie stützte und nicht umgekehrt. »Hier entlang«, flüsterte sie ihm zu und führte ihn um die Tanzfläche herum zur Tür. Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Sagansky in ihre Richtung kam, und be-mühte sich, schneller zu gehen, aber er trat zwischen sie und die Tür.
»Keine Musik mehr, Doug?« sagte er.
Der Pianist gab sich größte Mühe, Sagansky ins Gesicht zu sehen.
»Scheiße, wer sind Sie denn?« fragte er.
»Es ist Sam«, sagte Eve zu ihm.
»Spielen Sie Musik, Doug. Ich will mit Eve tanzen.«
Sagansky streckte die Hände nach Eve aus, aber Frankl hatte seine eigenen Vorstellungen.
»Ich weiß, was Sie denken«, sagte er zu Sagansky. »Ich habe gehört, was Sie sagen, und wissen Sie was? Es ist mir 563
scheißegal. Wenn ich Schwänze lutschen will, dann werde ich verdammt noch mal auch Schwänze lutschen, und wenn Sie mich nicht einstellen, dann wird es Fox tun! Also gehen Sie zum Teufel!«
Ein winziger Hoffnungsschimmer durchzuckte Eve. Hier
kam ein Psychodrama ins Spiel, von dem sie nicht gewußt hatte. Sagansky war ein berüchtigter Schwulenhasser.
Anscheinend hatte er Doug dadurch einmal vor den Kopf gestoßen.
»Ich will die Dame«, sagte Sagansky.
»Aber Sie werden sie nicht bekommen«, lautete die Antwort.
Doug stieß Saganskys Arm weg. »Sie hat etwas Besseres vor.«
Aber so leicht gab Sagansky nicht auf. Er streckte die Hand ein zweites Mal nach Eve aus, wurde wieder weggestoßen und vergriff sich danach statt dessen an Doug, den er von ihr wegzog.
Eve nutzte die dargebotene Chance und schlüpfte in
Richtung Tür davon. Hinter sich hörte sie die lauten wütenden Stimmen der beiden Männer, drehte sich um und sah, daß sie die Tänzer von der Tanzfläche vertrieben und mit erhobenen Fäusten einander umkreisten. Sagansky landete den ersten Treffer; Frankl fiel gegen das Klavier. Die Gläser, die er dort aufgereiht hatte, gingen laut klirrend zu Bruch. Sagansky lief hinter Eve her.
»Sie sollen hierbleiben«, sagte er und packte sie. Sie wich einen Schritt zurück, um ihm aus dem Weg zu gehen, und dabei stolperte sie. Bevor sie auf den Boden fiel, wurde sie von zwei Armen
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