Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
sind sie aber – wie die aller Männer dieser Welt – nichts weiter als das Ergebnis von männlicher Hybris, Begierde, Lust und dem zügellosen Drang, junge Frauen zu besitzen. Deiner Loyalität bin ich mir keinesfalls sicher. Ich mag dich lieber, wenn du nicht den menschlichen ‚Gentleman ‘ spielst. Dein Auftritt ist allzu sehr à la nature . Du lässt dich von deiner Rolle definieren, und obgleich deine Vorführung eines britischen Edelmannes und Weltenbummlers bühnenreif ist, macht sie mich doch sehr argwöhnisch, Eure Lordschaft, sehr argwöhnisch. Wo ist das Mädchen?“
„Ich weiß nicht. Ich habe dir doch gesagt, dass ich es nicht weiß.“
„Ja. Ich weiß allerdings auch, dass du irgendetwas vor mir verheimlichst. Du sagst mir nicht alles. Ich spüre es genau. Was für ein Spiel spielst du da eigentlich, Edmond? Für wen spielst du es? Für mich – oder vielmehr für dich und deinen Wunsch, entsprechend kurzweilig unterhalten zu werden? Oder einfach nur aus spontanem Vergnügen heraus? Oder ist da noch jemand, von dem ich nichts weiß? Was steckt dahinter? Ein plötzliches edles Motiv? Ein Spiel im Spiel? Dies sind schwierige Zeiten. Wenn deine Loyalität wankt, oder wenn ich herausfinden sollte, dass du mich zugunsten eines anderen in diesem Spiel hintergehst, dann verspreche ich dir, dass ich …“
„Droh mir nicht, Herzensschöne. Unsere Freundschaft reicht weit zurück, und wenn ich von meiner eigenen Rolle nicht unberührt bin, so gilt das Gleiche auch für dich, meine Dame des Hauses, Gattin eines reichen Mannes, Inbegriff einer Gesellschaft, zu der du noch vor einem Jahr nicht einmal gehört hast. Du lernst schnell.“
„Natürlich lerne ich schnell.“
„Unbenommen. Dein Intellekt ist überragend. Du hast alles erreicht, was du gewollt hast. Jede Nacht teilst du sein Bett, obwohl du doch meines teilen könntest, und du weißt, dass ich dich durch Vergnügungen führen kann, von denen dieser ungeschickte, alte Mann nicht einmal zu träumen weiß. Ein runzliger, verfaulender Narr ist er. Du musst mir irgendwann dezidiert schildern, wie du ihn dazu bekommst, so regelmäßig zu funktionieren. Wie er mich langweilt. Er und seine Zirkusmenagerie voller sogenannter brillanter Köpfe – ich weiß, was du vorhast. Ich kenne deinen Plan. Ich werde dir dabei helfen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, dass er überhaupt gelingen kann. Aber schließlich hast auch du mir nicht alles gesagt, nicht wahr? Auch du hast Dinge verschwiegen. So viel zu Loyalität. Wir verdienen einander.“
Der junge Mann sprang auf, trat vor, kniete sich vor die vornehme Dame und berührte ihr schimmerndes Seidenkleid über dem Knie.
„Ich will dich“, sagte er. „Du treibst mich in den Wahnsinn mit deiner kühlen Distanz. Ich muss die Liebe fühlen können, die uns verbindet. Dich und mich. Doch erhalte ich von dir nichts als Schelte, Misstrauen und Übellaunigkeit. Du bekrittelst mich für nichts und wieder nichts.“
„Du denkst, du könntest mich sanft und lieb machen, indem du meinen Körper zu deiner Musik singen lässt?“
„Du hast es gemocht, meine Teure.“ Er sah ihr in die Augen. „Du hast es immer gemocht.“
„Oh ja. Du bist sehr gut – als Mann. Aber du solltest doch daran denken, dass die Melodie meiner Wünsche sich nicht ändert, wenn mein Körper zu deiner Musik singt.“
„Deine Strafe habe ich mir gemerkt.“
„Du merkst sie dir nur so lange, wie du sie spürst, und vergisst sie in dem Augenblick, da sie dich nicht mehr stört.“
„Du unterschätzt mein Gedächtnis, Schöne, und vielleicht auch meine Geduld.“
„Du unterschätzt meine Willenskraft, mein süßer Verführer, und ich verfüge über keinerlei Geduld, denn ich habe niemals welche gebraucht. Wo ist das Mädchen? Ist es in deiner Wohnung? Hast du es zu deiner gehorsamen Sklavin gemacht? Legt es sich brav nieder, sobald du in seine Nähe kommst? Oder hast du es in deiner geilen Gier aus Versehen umgebracht? Wo ist es?“
Er sprang in einer eleganten Bewegung auf, Ärger deutlich im Gesicht.
„Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht, und ich bringe niemanden aus Versehen um.“
„Ich unterstelle dir auch keinen Mangel an Absicht.“
„Du unterstellst mir zu viel. Ich bin auf deiner Seite. Es mag freilich eine seltsame Seite sein, wenn man bedenkt wer und was ich bin. Doch genau da bin ich.“
„Aber was verbirgst du?“
Der junge Mann wandte sich ab, trat zum Fenster und sah hinaus. Er wirkte
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