Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Kuss auf die Wange, und ein sengendes Gefühl brannte sich bis in ihre Magengrube.
„Nun?“, fragte er, als sei gar nichts geschehen. „Wo wollen wir hinfahren?“
„Zu uns nach Hause. Da können wir in Ruhe reden. – Joseph. Nach Hause, bitte.“ Die Kutsche fuhr mit einem Ruck an, gelenkt von einem Diener, der vermutlich nicht wusste, warum sie nun wieder umdrehten. Auf Arpad war Verlass. Er ließ Menschen das vergessen, was sie nicht sehen, hören oder wissen mussten.
Geradeso wie die anderen, die versucht hatten, sie zu manipulieren. Sie schauderte, und er drückte ihr die Hand, hielt sie beinahe zu fest in seiner. Er kannte ihre Gefühle, konnte sie spüren und sorgte sich. Er würde ihnen helfen.
Eine Träne rann aus ihrem rechten Auge, und sie versuchte, sie schnell wegzuwischen.
„Wovor hast du Angst?“, flüsterte er.
„Ich muss ihn zurückhaben. Ich muss ihn einfach zurückbekommen. Er braucht mich, und ich brauche ihn. Sie haben ihm irgendetwas angetan, da bin ich mir sicher. Ich weiß nicht, was.“
Ein Finger fuhr die Tränenspur nach, über den Wangenknochen hinunter, bog dann ab, liebkoste ihre Lippen. Das sollte er nicht tun. Ihr wurde fast schwindlig. Dies war gänzlich unmöglich.
Sie konnte ihn kaum erkennen. Die Kutschenlaterne warf nicht sehr viel Licht in den Innenraum des Wagens, und er war Dunkelheit. Ein Cape verbarg ihn, versteckte seine schlanke Gestalt. Er war Bestandteil der Nacht.
Doch sie sollte seiner latenten Verführung besser nicht anheimfallen. Charly konnte sich nicht daran erinnern, sie je so stark gespürt zu haben. Doch es waren andere Zeiten gewesen. Charly war nicht dieselbe gewesen wie heute, nur ein verängstigtes Mädchen, in Panik nach einem widerlichen Übergriff eines Schurken, der sie geschändet hätte, wenn Asko ihr nicht zu Hilfe gekommen wäre – wenn Arpad den Kerl nicht umgebracht hätte.
Jung, unschuldig und völlig verstört war sie gewesen. Gänzlich ungeeignet für eine Affäre mit dem erfahrensten aller Männer, über den sie nichts wusste, als dass er Blut trank und ihren Willen beugen konnte, so er nur wollte. Doch er hatte ihre Angst geheilt. Er hatte auf ihr Leben achtgegeben und auf ihr verängstigtes Herz. Er war ein Freund gewesen. War es noch.
„Wenn sie ihm wehgetan haben, weiß ich nicht, was ich tue!“, sagte sie leise.
„Liebst du ihn immer noch so sehr?“
„Mehr sogar. Das Leben hat ihm übel mitgespielt …“
„Dir auch.“
„Mir geht es gut. Ich habe mir dieses Leben ausgesucht. Ich bin glücklich.“
Seine Hand berührte sie direkt über dem Herzen, und sie atmete erschrocken ein. Er sollte sie nicht so berühren. Sie war die Ehefrau eines anderen.
Außerdem sah Sophie zu.
„Ich nehme an“, sagte er, „das stimmt sogar zum Teil. Doch du bist nicht so glücklich, wie ich gern wollte. Meine kleine, jungfräuliche Heldin.“
Sie schluckte, sagte nichts. Es stimmte damals, es stimmte heute.
„Merkt er wenigstens, wie viel Kraft es dich kostet, glücklich zu sein?“
„Arpad …“
„Ich fand nie, dass er dich wirklich verdient.“
„Ihr habt euch nie gemocht.“
„Das war nicht mein Fehler.“
„Ich weiß. Er war immer eifersüchtig auf dich, und er ist … ein klein wenig … stur …“
„Du hast ein Talent für Untertreibungen.“
Die Kutsche hielt an. Joseph öffnete den Schlag, und seine Augen wurden groß und rund, als statt der zwei Damen, die er erwartete, ein Mann ausstieg.
„Frau von Orven!“, rief er.
„Ist schon in Ordnung, Joseph“, erklärte Charly, während sie sich vom starken Arm des Feyons aus dem Wagen helfen ließ. „Graf Arpad ist ein Freund der Familie. Er hat sich freundlicherweise erboten, uns bei der Suche behilflich zu sein. Bitte halten Sie die Kutsche bereit, bis wir uns entschieden haben, wie wir weiter vorgehen. Ich werde Sie informieren.“
Inzwischen hatte Arpad auch Sophie aus der Kutsche gehoben, während Charly bereits ins Haus gelaufen war, ohne auf ihre Gäste zu waren. Sie ließ ihnen die Tür offen und rief nach Martha.
„Ist Herr von Orven inzwischen da?“
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
Charly suchte die Blicke Arpads und Sophies, die ins Haus traten. Das Dienstmädchen blickte den schlanken, gutaussehenden Herrn neugierig an und sah dann mit einem Mal fort, als mochte sie ihn nicht mehr wahrnehmen. Charly führte ihre Gäste ins Wohnzimmer und sandte das Mädchen fort.
„Nehmt doch Platz …“
Er zog sie in die Arme und hielt sie
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