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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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diese Öffnung kreiert, und sie war so neugierig, gleich hindurchzukriechen.“
    „Katzen haben Sinne, die Menschen fehlen. Eine Katze hätte gewusst, dass ein Schritt durch diesen Spalt ein Schritt fort aus ihrer Welt ist. Abgesehen davon gehört dieser Ort auf sehr spürbare Weise einem mächtigen Wesen. Katzen wissen sehr wohl, wem welches Revier zusteht. Um ein Revier, das zu übernehmen sie keine Chance haben, machen sie gemeinhin einen weiten Bogen.“
    „Aber dieses kleine Wesen ist dennoch gekommen.“
    „Vielleicht ist sie keine besonders intelligente Katze …“ Catty maunzte empört auf, und die Hand, die sie streichelte, hielt einen Augenblick inne. „… oder sie hatte einen wirklich guten Grund. Wenn man bedenkt, dass der Mächtige das Haus genauso beherrscht wie sein eigenes Territorium, mag sie vielleicht gedacht haben, dies hier sei ein Fluchtweg.“
    „‚Der Mächtige‘? ‚Die Mächtige ‘ haben Sie Frau Lybratte genannt. Sie ist wohl kaum ein Mann – obgleich ich sie in anderer Gestalt gesehen habe …“
    „Im Augenblick ist sie kein Mann. Das ist richtig.“
    „Wollen Sie mir weismachen, mein ehrwürdiger alter Professor hat ein Wesen geheiratet, das in Wirklichkeit ein Mann ist? Das ist … das …“
    „Nein. Stecken Sie Ihre moralische Entrüstung wieder weg. Ich sage, Ihr ehrwürdiger alter Professor hat ein Wesen geheiratet, das nach Wunsch in mannigfachen Daseinsformen erscheinen kann. Manche von uns haben diese Möglichkeit.
    „Sie auch?“
    „Das wüssten Sie wohl gerne.“
    „Man sagt, Vampire könnten sich in Fledermäuse verwandeln.“
    Ein Vampir! Das war er also. Sie hatte die Legenden gehört, aber nie daran geglaubt. Das hatte er also gemeint, als er sagt, sie würde nicht mal einen hohlen Zahn füllen.
    „Mein Güte, jetzt glauben Sie doch nicht jeden Unsinn, den man so sagt! Dies ist die einzige Erscheinungsform, in der Sie mich je sehen werden.“
    „Doch die liebreizende Frau Lybratte kann wählen?“
    „Viele meiner Vettern können die Gestalt und die Rolle, in der sie Menschen erscheinen, wählen. Ich habe andere Talente. Die Realität, die Sie wahrnehmen, ist allerdings immer dem Filter eben Ihrer persönlichen Wahrnehmung unterworfen. Zumindest zu großen Teilen.“
    „Wollen Sie damit sagen, Frau Lybratte ist in Wirklichkeit ganz anders und ich bastle das Bild, das ich von ihr habe, selbst in meinem Kopf zurecht?“
    „Nein. Es spielt sich nicht alles nur in Ihrem Kopf ab. Sonst müsste ja jeder Mensch eine andere Frau Lybratte sehen – jeder entsprechend seinen Erwartungen und bisherigen Erfahrungen. Dennoch ist das, was sie sehen, relativ, und die Dame ist absolut.“
    „Um das noch einmal klarzustellen, wenn ich von Lord Edmonds Karussell absteigen könnte, um von draußen zuzusehen, dann würde ich die Welt sehen wie sie ist?“
    „Sie sehen doch selbst, dass das nicht zutrifft.“
    „Ach ja?“
    „Nun, sie sind nicht mehr auf dem Karussell. Was sehen Sie denn nun?“
    Catty regte sich. Sie hatte für sich entschieden, dass zumindest der Menschenmann keine Gefahr darstellte und fand, dass die Diskussion – wie philosophisch sie auch sein mochte – ihr keinen Schritt weiterhalf. Derart zugunsten eines Diskurses über Realität vernachlässigt zu werden, das war schon fast eine Beleidigung. Sie gab ein verärgertes Miauen von sich und pochte dem Herrn mit der rechten Pfote auf die Brust.
    Das ernste Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
    „Unser Kätzchen wird unruhig.“
    „Katzen haben einen sehr praktischen Zugang zu Philosophie. Vermutlich empfindet sie uns als grässlich langweilig. Allerdings gibt sowohl sie selbst als auch ihr plötzliches Erscheinen hier einige Rätsel auf. Ich frage mich, wie es mir möglich war, ausgerechnet jetzt ein katzengroßes Loch in den Rand der Welt zu reißen, obwohl ich zuvor überhaupt nichts ausrichten konnte.“
    „Bei dieser Frage kann ich Ihnen nicht helfen.“
    „Sie nicht, aber eventuell die Katze. Vielleicht hat sie geholfen.“
    „Die Katze.“
    „Unterschätzen Sie nie eine Katze, von Orven.“
    „Sie meinen, sie hat Ihnen geholfen, das Loch zu öffnen?“
    „Ich halte es für möglich.“
    Catty starrte den Dunklen erstaunt an. Sie hatte nichts dergleichen getan, da war sie sich sicher. Sie hatte fortlaufen wollen. Doch wie es ihr hätte gelingen können, ein Loch in die Wirklichkeit zu machen, das konnte sie sich beileibe nicht vorstellen.
    Nun kniete sich der Dunkle neben sie, beugte

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