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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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ihre nackten Arme. Sie schrie erneut, und diesmal fand sie Worte: „Vater! Lauf weg! Du musst weglaufen!“
    Sie hatte um Hilfe rufen wollen. Doch er schien selbst so hilflos. Ihn so zu sehen, machte ihr noch mehr Angst. Ihr ganzes bisheriges Leben hatte sich darauf gegründet, dass ihr Vater für sie sorgte, sie liebte und sie beschützte. Sie sehnte sich danach, beschützt zu werden, verzehrte sich nach einigen gestrengen Sätzen, die all dem ein Ende bereiten würden.
    Doch das geschah nicht. Lord Edmonds Gesicht wirkte fast verzückt, während er ihren Vater musterte. Lucillas Lächeln gefror zu Eis.
    „Liebling, sieh zu mir!“, sagte sie, und sein Kopf fuhr zu ihr herum.
    „Das kann nicht sein!“, rief er. „Das ist gar nicht möglich. Ich glaube das nicht.“ Das tat er tatsächlich nicht. Sein Geist stritt mit seinen verräterischen Augen um das Erfassen der Wahrheit.
    Er wandte sich ab und taumelte fast.
    Lucilla fing ihn und hielt ihn umfangen.
    „Warum gehst du nicht ins Bett?“, gurrte sie. „Ich werde gleich bei dir sein. Hier gibt es gar nichts Interessantes. Nur ein paar Überbleibsel von der Soiree.“ Ihr Blick drang beinahe durch seine Haut. Er starrte sie schweigend an, kaute auf Worten herum, die er nicht mehr aus seinen Gedanken bekam. Soiree. Warum war hier eine Soiree, und warum stand er im Nachthemd darin? Seine Verwirrung war so intensiv, dass Catty seine Gefühle fast mit Händen greifen konnte.
    „Nun geh schon!“, fuhr seine Frau fort. „Schau dir das Durcheinander hier gar nicht an. Vergiss!“
    Er tat einen Schritt zur Tür, wandte sich dann mit einem Mal um und blickte Catty an. Seine Bewegung schien schmerzhaft schwer, als zögen ihn Marmorgewichte in die andere Richtung.
    „Kind! Was ist? Was machst du da …?“
    „Vater“, flüsterte sie, wollte mehr sagen, doch ihre Stimme gefror ihr im Mund. Der Spinnenlord beherrschte sie. Doch was konnte sie ihrem Vater schon sagen, das er nicht gleich wieder im Blick seiner Frau vergessen würde? Dass er sich überhaupt ihr hatte zuwenden können gegen all die Macht, die gegen ihn wirkte, war ein unumstößlicher Beweis für seine Liebe zu seinem Kind. Sie verstand das jetzt und war dankbar für die Einsicht. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Sie sah schweigend zu, wie ihr Vater eine Hand an die Schläfe hob, als habe er fürchterliche Kopfschmerzen. Er drehte sich wieder der Tür zu wie eine Marionette. Dann fiel er nach hinten um. Wie eine umgekippte Felsstele lag er auf dem Boden, die Augen weit offen. Ein langer, seufzender Atemzug kam über seine Lippen, und Catty wusste, dass es sein letzter war.
    Ihr Vater war tot. Seine strapazierten Sinne hatten die Schlacht verloren.
    „Ich habe dir doch gesagt, du sollst es nicht zu weit treiben“, sagte Lord Edmond, während er Catty ohne jede Anstrengung weiter gegen den Boden presste.
    Lucilla streckte die Hände über Cattys Vater aus, und ein Beben ging durch seinen Körper. Doch er erwachte nicht mehr.
    „Zu spät“, sagte Edmond. „Er starb an einer Überdosis physikalischer Unmöglichkeiten.“
    Lucilla wandte sich ihr und ihrem Wärter zu. Ihr Gesicht war steinern vor Wut. Ihr Mund öffnete sich zu einem Zornesschrei, und Catty, die sich nicht die Ohren zuhalten konnte, weil man ihre Arme festhielt, bebte unter dem Aufprall des Klangs. Der Lärm war unbeschreiblich. Ganz München musste ihn gehört haben. Das ganze Königreich musste ihn gehört haben. Dann schnitt der Schrei durch die Grenze der Realität und darüber hinaus, waberte auf einer hohen, schrillen Note und sank schließlich so tief, dass die Möbel vibrierten. Glas brach. Besteck ruckelte über den Tisch. Das Gaslicht flammte auf.
    Lucilla verwandelte sich. Der kreischende Mund wuchs, stülpte sich um. Zähne schossen daraus hervor. Einen Augenblick lang stand ein riesiger Mann dort, barbrüstig, unanständig muskulös, voller wütender Macht. Langes Haar flog im Sturm. Helle Augen blitzten vor Wut. Dann wandelte sich das Bild erneut, und das ganze Zimmer war mit einem Mal angefüllt mit Kreatur. Anders konnte Catty es nicht fassen. Ein riesiges Tier füllte den Raum, jede Ecke, jeden Zoll davon, quetschte Catty auf den Boden. Sie spürte Schuppen, sah Perlmutt schimmern, berührte Schwingen, Knochen, Haut und Krallen. Der Klang des Schreis umspannte Dimensionen, und Catty begann vor Schmerz und Angst zu schluchzen und zu jammern – und vor Trauer.
    Einen Atemzug später stand Lucilla wieder da, wo sie

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