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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Nahtstelle, die darauf hindeuten könnte, dass man die Küche ausgebaut hat.«
    Jonathan zog die Leiter aufs Dach hinauf, und Erin war froh, dass er auch diesen Teil seines Plans durchdacht hatte. Da die Leiter nun bei ihnen oben auf dem Dach lag, fühlte Erin sich sicher. Selbst wenn Bojan auf die Idee kommen würde, dass sie sich da oben versteckten, was höchst unwahrscheinlich war, gäbe es ohne Leiter keinen Weg hinauf.
    Auf dem Dach zu schlafen hatte einen weiteren Vorteil. Es war viel kühler als im Haus bei geschlossenen Fenstern. Es ging sogar ein leichter Wind. Während Jonathan die Bettdecken zurechtlegte, bewunderte Erin die grandiose Aussicht. Sie sah die Lichter der Stadt und die dunklen Umrisse der MacDonnell Ranges – zwei parallel laufenden Bergkämmen aus rotem Gestein. Sie erkannte den Todd River, aber das machte sie nur traurig, da es sie an Marlee denken ließ.
    Jonathan legte den Proviant in ihre Nähe, dann legten sie sich hin und schauten hinauf zu den Sternen und dem Mond.
    »Der Himmel ist unglaublich«, flüsterte Erin voller Ehrfurcht. Sie seufzte tief. »Einen Himmel wie diesen bekommt man in London nicht zu sehen.«
    Sie erinnerte sich an ihr Abendessen auf dem Dach des Hotel Langham, an den Abend, als Andy um ihre Hand angehalten hatte. Es waren Sterne am Himmel zu sehen gewesen, aber nicht zu vergleichen mit diesem Schauspiel. Sie verspürte den Wunsch,die Hand auszustrecken und einen der funkelnden Sterne zu berühren, und gleichzeitig kam sie sich wie ein unbedeutendes winziges Wesen in einem grenzenlosen Universum vor.
    »Den Himmel zu betrachten rückt das Leben in die richtige Perspektive, nicht?«, sagte Erin leise.
    »Ja, allerdings. Und ja, Sie haben recht, solch einen Himmel bekommt man in London nicht zu sehen«, erwiderte Jonathan beinahe sehnsüchtig.
    Plötzlich überlegte Erin, ob er wohl an Liza dachte. »Sie vermissen Ihre Verlobte, ja?«, fragte sie.
    Jonathan fühlte sich auf einmal schuldig. Er hatte gar nicht an Liza gedacht. »Manchmal«, sagte er, enttäuscht, weil sie ihm immer noch nicht geschrieben hatte. Er hatte das Gefühl, als wäre das Band zwischen ihnen gerissen. »Freuen Sie sich schon auf zu Hause?«
    »Ich vermisse meinen Bruder und meinen Vater«, gab Erin zu. »Aber ich werde auch das hier vermissen«, sagte sie und blickte zu Jonathan. »Und Marlee und Sie.«
    Jonathans blaue Augen wurden ganz sanft. Er griff nach ihrer Hand und hielt sie, während sie zu den Sternen hinaufschauten. Er wusste, dass auch er Erin vermissen würde. Die Vorstellung, sie nie wiederzusehen, war schmerzlich.
    »Vielleicht schaut Marlee ja auch gerade in den Nachthimmel hinauf«, sagte er leise.
    »Und denkt an uns, während wir an sie denken«, sagte Erin. Sie wünschte, die Kleine wäre hier bei ihnen. »Es würde ihr hier oben gefallen. Für sie wäre das ein richtiges Abenteuer.«
    Jonathan musste unwillkürlich lächeln, als er sich vorstellte, sie läge hier zwischen ihnen. »Ja, es würde ihr sehr gefallen«, sagte er, aber sein Lächeln verblasste schnell, weil er vermutete, dass sie niemals mit ihnen zusammen auf diesem Dach liegen würde.
    Erin drehte sich um und sah Jonathan wieder an. »Was machen wir, wenn wir hören, dass Bojan ins Haus einbricht?« Bei dem Gedanken daran geriet sie gleich in Panik.
    »Ich habe die Hintertür offen gelassen, er kann also hinein, wenn er will«, antwortete Jonathan. »Den Olympic Australis habe ich nicht, also soll er ruhig danach suchen und seine Zeit verschwenden.«
    »Sie haben wirklich an alles gedacht …«
    Erin entspannte sich ein wenig. Sie war so müde, dass sie kaum die Augen offen halten konnte, und Jonathan ging es nicht anders. Hand in Hand lagen sie da und schliefen bald ein.

33
    Die frühe Morgensonne weckte Jonathan und Erin um halb sechs. Sie hatten so tief und fest geschlafen, dass sie sich nicht geregt hatten. Sie hielten sich immer noch an den Händen.
    »Guten Morgen«, sagte Jonathan und gähnte, dann lächelte er Erin verschlafen an.
    Peinlich berührt ließ Erin seine Hand los. »Guten Morgen«, sagte sie verlegen. Er sollte nicht denken, dass sie sich an ihn klammerte, auch wenn sie das tat. Sie setzte sich auf und reckte sich, dann stand sie auf.
    »Wie haben Sie geschlafen?«, fragte Jonathan und reichte ihr eine Flasche Wasser, ehe er einen großen Schluck aus der anderen nahm.
    »Sehr gut«, antwortete Erin und nahm auch einen Schluck. »So tief und fest habe ich in meinem ganzen Leben noch

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