Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
beinahe wahnsinnig geworden!«
»Wieso hat der Künstler denn inmitten von Kakteen gearbeitet?«, fragte Bradley verwirrt.
»Er sprach nicht besonders gut Englisch, aber wie ich verstanden habe, schützten die Kakteen seine Kunstwerke vor Dieben. Seine Bilder waren durchaus interessant, ich hatte allerdings kein Interesse, je wieder diesen Kaktusgarten zu betreten. Einen anderen Künstler traf ich in einem Badezimmer im Metropolitan Hotel.Du kannst dir sicher vorstellen, wie das aussah, zwei Männer, die sich in einem Hotelbadezimmer treffen. Reichlich merkwürdig.«
Bradley zog die Augenbrauen hoch.
»Der Mann hatte einen ganzen Monat lang schon da gemalt. Er war nämlich aus seinem Haus geworfen worden, weil er die Miete nicht gezahlt hatte. Ziemlich tragisch, vor allem als die Hotelangestellten ihm Hausverbot erteilten. Ein anderes Mal bat mich eine höchst seltsame Frau zum Schimpansengehege in den Zoo. Beinahe wäre ich nicht hingegangen, schließlich gewann die Neugier die Oberhand. Sie wollte, dass ich die Ähnlichkeit der Schimpansen mit ihren auf den Bildern dargestellten Primaten erkannte. Während ich mich mit ihr zu unterhalten versuchte, machte sie Geräusche wie ein Schimpanse. Sie behauptete, sie könne sich mit ihnen verständigen. Es war wirklich grotesk.«
Bradley lachte.
»Einmal habe ich mich sogar mit einem Künstler in einem Abstellraum getroffen – er war Hausmeister in einem kleinen Hotel. In dem Raum verwahrte man Farben, Besen, Eimer, Wischmopps und Ähnliches zur Reinigung und Instandhaltung des Gebäudes. Da arbeitete er bei Kerzenlicht. Es gab eine Lampe, er hatte jedoch die Glühbirne herausgeschraubt. Der Mann behauptete, diese Art Licht zerstöre seine Kunstwerke. Leider wurde das Hotel eine Woche nach unserem Treffen durch einen Brand zerstört. Zum Glück kam niemand um. Die Bilder waren allerdings ruiniert.«
Bradley schüttelte den Kopf. »Hatten die Kerzen den Brand verursacht?«
»Ganz ohne Zweifel«, antwortete Albert. »Ein paar ziemlich seltsame Leute leben unter uns, Bradley«, sagte er mit einem Seufzer. »Zum Glück sind nicht alle Künstler so exzentrisch, aber wäre dein Künstler da hinten in dem Van gewesen, hätte mich das nicht weiter schockiert. Und jetzt lass sehen, was du da hast.«
Bradley zeigte Albert drei Acrylgemälde. Zwei davon warenLandschaftsbilder, eines ein Stillleben. »Was denkst du?«, fragte er, ungeduldig Alberts Einschätzung erwartend.
Albert ließ sich Zeit, begutachtete jedes Bild ganz genau. Während er das tat, musterte Bradley Alberts Gesicht. Seinen Gesichtsausdruck hatte er noch nie deuten können, er hatte ein echtes Pokerface. Das erwies sich als nützlich, wenn es um die Kosten für ein Bild ging, das die Galerie erwerben wollte. Doch auch wenn er sich Gemälde berühmter Künstler ansah, gab er keinerlei Gefühlsregung zu erkennen.
»Die sind gut«, sagte Albert schließlich.
»Wirklich?« Bradley war entzückt, brauchte aber eine weitere Bestätigung.
»Ja, wirklich. Ich bin sehr beeindruckt. Eine ganze Weile schon habe ich etwas so Gutes von einem unbekannten Künstler nicht mehr gesehen. Bist du sicher, dass er anonym bleiben will?«
»Ja, leider. Irgendwann bringe ich ihn vielleicht dazu, seine Meinung zu ändern, vorläufig will er es noch nicht.«
»Was weißt du über ihn?«
»Nicht allzu viel«, antwortete Bradley entschuldigend. »Ich habe den Eindruck, dass er nie Vertrauen in sein Talent hatte.«
»Das ist schade, denn er ist zweifellos sehr begabt«, sagte Albert zuversichtlich.
Bradley schloss die Hecktür des Vans. »Ich werde sehen, ob er genügend Bilder hat, sodass wir ihn in einer Ausstellung zeigen können.«
»Frag zuerst lieber deinen Vater, was er von diesen Bildern hält«, schlug Albert vor.
»Wenn sie dir gefallen, wird auch Dad sie mögen«, erklärte Bradley zuversichtlich.
»Dann hoffe ich, dass du Erfolg hast.«
Bradley brachte die Bilder in die Galerie, wo Erin und Gareth schon auf ihn warteten. Während der ganzen Woche hatten sie unbekannte Künstler aufgefordert, ihnen ihre Werke zur Begutachtung in die Galerie zu bringen. Einige Stücke hatten sie gekauft, trotzdem war nichts dabei, was eine Ausstellung wert gewesen wäre. Langsam wurden sie mutlos.
Bradley hatte ihnen erzählt, der Künstler, den er aufgetan hatte, wolle zuerst Albert seine Werke zeigen. Er versprach, die Bilder in die Galerie zu bringen, sobald Albert sie für vielversprechend befunden hätte.
Als Bradley nun
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