Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
er hat vorhin angerufen und nach dir gefragt. War er das gerade, da am Telefon?«
»Nein«, antwortete Erin.
»Andy meinte, du hättest im Hotel nach ihm gefragt und dich offenbar über irgendwas aufgeregt. Ist was passiert, Erin?«
Bradleys Sorge um sie hätte die Fassade beinahe zum Bröckeln gebracht. »Ich … ich hatte einen Streit mit Lauren, was in letzter Zeit nichts Ungewöhnliches ist«, erklärte sie. »Ich habe Lauren verärgert, und sie hat unter Tränen die Galerie verlassen. Deshalb war Dad nicht ganz so gut auf mich zu sprechen.«
»Wieso unter Tränen?«
»Ich habe ihr gesagt, sie soll sich nicht in die Angelegenheiten der Galerie einmischen, und sie soll sich von Dad fernhalten. Das waren nur Krokodilstränen, alles nur Show wegen Dad, aber natürlich glaubt er das nicht. Er ist davon überzeugt, dass sie eine empfindsame Seele ist. Lauren hält ihn ganz schön zum Narren.«
»Ist es möglich, dass wir uns in ihr irren, Erin?«
»Auf keinen Fall«, erklärte Erin mit Nachdruck. »Dir sind doch wohl keine Zweifel gekommen?«
»Dad hat sie inzwischen gut kennengelernt, deshalb will ich einfach nicht glauben, dass er sie nicht durchschaut.« Bradley sagte Erin nichts, doch er hatte begonnen, ein bisschen herumzuschnüffeln.
»Das ist auch schwer zu glauben. Ich bin trotzdem wütend darüber, dass er auf eine wie Lauren Bastion reingefallen ist.« Erin stutzte. War sie eine Heuchlerin, wenn sie das sagte? Jeder konnte doch von einem, der nur clever genug war, hinters Licht geführt werden, oder?
Sie zuckte zusammen, als das Telefon klingelte.
»Das wird Andy sein«, sagte Bradley und verließ das Arbeitszimmer. »Ich gehe, dann könnt ihr ungestört telefonieren.«
Erin verspürte ein Brennen im Magen, am liebsten hätte sie sich übergeben. Sie schloss die Augen und holte tief Luft, dannnahm sie den Hörer ab. »Hallo«, sagte sie, überrascht, wie ruhig ihre Stimme klang.
»Hallo, meine kleine Verlobte«, säuselte Andy fröhlich. »Tut mir leid, dass ich dich verpasst habe, Liebes. Melanie meinte, du hättest nach mir gefragt. Ist alles in Ordnung? Sie sagte, du seiest irgendwie aufgeregt gewesen.«
Erin bildete sich ein, eine Spur Sorge in seinem Tonfall zu hören.
»Ich hatte einen Streit mit Lauren und meinem Vater«, sagte sie gefasst.
»Ach«, erwiderte Andy. »Ich hoffe, es war nichts Ernstes.«
Er schien erleichtert, dass nichts anderes sie aufgeregt hatte.
»Dad weiß genau, ich kann Lauren nicht ausstehen, und trotzdem hat er sie zu unserer Hochzeit eingeladen«, bemerkte Erin.
»Tja, da können wir wohl nichts machen.«
»Wahrscheinlich nicht. Offenbar denkt er nur an sich selbst und nicht daran, wie ich mich fühle, wenn diese Frau statt meiner Mutter da ist.«
»Du Arme«, sagte Andy voller Verständnis. »Ich werde dich heute Abend aufheitern. Wir gehen in dieses neue Restaurant auf der Oxford Street. Caruso. Ben meint, das Essen dort sei fantastisch.«
»Sei mir nicht böse, Andy, aber daraus wird nichts«, erwiderte Erin tonlos. Sie wusste, sie könnte ihn nicht anschauen und so tun, als wäre alles in Ordnung. »Ich habe nicht so gut geschlafen, und morgen Abend will ich mit Emma und Carmel ausgehen, deshalb würde ich heute lieber früh ins Bett gehen.«
»Oh!« Andy war verwirrt, denn seit das Caruso eröffnet hatte, wollte Erin unbedingt einmal dorthin. Außerdem hatten sie sich ein paar Tage nicht gesehen. »Am Freitag können wir uns nicht treffen, das ist gegen die Tradition. Das heißt, ich sehe dich erst wieder an unserem Hochzeitstag.«
Er klingt beinahe traurig, dachte Erin. Beinahe!
»Ich weiß«, sagte Erin mit pochendem Herzen. »Ab Samstagwirst du dich dann beschweren, weil du mich viel zu oft zu sehen bekommst.«
»Zu viel kann ich von dir gar nicht bekommen, mein Schatz.«
Erins Hand verkrampfte sich um den Telefonhörer. »Wie war es denn im Hotel Glaswegian? Da bist du doch abgestiegen, oder?«
»Ja. Es war sehr angenehm. Ich habe allerdings beschlossen, es nicht zu kaufen. Ich müsste zu viel Geld hineinstecken, um es auf heutigen Standard zu bringen.«
»Oh!«, rief Erin scheinbar bedauernd aus.
Andy klang aufrichtig. War er solch ein guter Lügner? Sie begriff das nicht. Auf einmal fuhr Erin etwas durch den Kopf. Ob sein Onkel Luke sich vielleicht Andy genannt hatte, als er im Highlander Hotel übernachtet hatte? Das hatte er schon öfter gemacht. Wenn er die eine Frau mit einer anderen betrog, trug er sich unter Andys Namen ein, um
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