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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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keine Spuren zu hinterlassen.
    »Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist, Erin? Du klingst so … so anders«, bemerkte Andy.
    »Ich bin … einfach nur erschöpft«, antwortete Erin wahrheitsgemäß. Sie fühlte sich ganz ausgelaugt.
    »Dann solltest du vielleicht wirklich früh ins Bett gehen. Ich kann doch nicht zulassen, dass die zukünftige Mutter meiner Kinder sich überanstrengt.« Er lachte.
    In Erin stieg die Wut hoch. Es ärgerte sie maßlos, dass sie wie die Babyfabrik seiner künftigen Erben behandelt wurde.
    »Hör zu, der Florist ist gekommen und braucht noch ein paar letzte Anweisungen. Ich muss jetzt Schluss machen. Wir sehen uns dann am Samstag. Komm bloß nicht zu spät«, ermahnte er sie zum Spaß.
    »Es ist so üblich, dass die Braut zu spät kommt«, erwiderte Erin.
    »Das stimmt! Aber du bist nicht so eine. Lass mich ja nicht einfach am Altar stehen!« Andy lachte wieder.
    Erin legte ohne noch etwas zu sagen den Hörer auf. Sie wusste, dass Andy sich nicht vorstellen konnte, von ihr sitzen gelassen zuwerden. Und noch vierundzwanzig Stunden zuvor hätte auch sie sich das nicht vorstellen können.
    Sie nahm die Uhr aus ihrer Handtasche und musterte sie. Samstag würde ein Tag werden, den keiner so schnell vergessen sollte.

6
    Am Tag der Hochzeit war das Restaurant Landau für die Öffentlichkeit geschlossen, man hatte alles für eine märchenhaft schöne Hochzeitsfeier vorbereitet. Erins und Andys Trauung sollte ganz romantisch unter einem mit einer Vielfalt duftender Blumen in Weiß und Violetttönen dekorierten Bogen stattfinden. Die Vorhänge hatte man zugezogen, damit sie den grauen Tag fernhielten, gut hundert flackernde Kerzen verbreiteten eine festliche Atmosphäre.
    Andy schaute zum hundertsten Mal, so kam es ihm jedenfalls vor, auf seine Armbanduhr. Es war schon deutlich nach elf, und er machte sich allmählich Sorgen, weil die Braut immer noch nicht da war.
    Obwohl es für September relativ kühl war, spürte Andy, dass ihm das Hemd am Rücken klebte. Warum nur hatte er das Gefühl, der Kragen würde ihn erwürgen? Am Morgen war es ihm blendend gegangen, geradezu euphorisch hatte er sich gefühlt, aber während der letzten zwanzig Minuten war aus der Euphorie ein Gefühl der Erniedrigung geworden.
    Die Organistin Mrs. Shepherd spielte dasselbe Stück wieder und wieder, um den Wartenden die Zeit zu verkürzen. Das ging ihm allmählich auf die Nerven.
    »Geht meine Uhr vor?«, flüsterte Andy seinem Trauzeugen Ben Asher zu. »Ich habe zwanzig nach elf. Das kann doch wohl nicht sein.«
    »Die geht nicht vor«, antwortete Ben, der auf seine eigene Uhr geschaut hatte. Er wusste, dass Andys Uhr in Wirklichkeit nachging, denn er hatte die richtige Zeit, es war genau 11:25 Uhr. Irgendetwas stimmte ganz entschieden nicht.
    Andy begann sich nun doch zu sorgen, nach außen hin versuchte er dennoch, Geduld und Zuversicht zur Schau zu tragen. Das war nicht leicht, vor allem, da gut einhundert Gäste ihre mitleidigen Blicke auf ihn gerichtet hatten. Es wurde immer offensichtlicher, dass man ihn versetzt hatte. Auf einmal wünschte er, er hätte auf Erin gehört und weniger Leute eingeladen. Am schlimmsten war, dass er einen Zeitungsreporter vom Herald hergebeten hatte, der über die Hochzeit als Londons gesellschaftliches Ereignis des Jahres berichten sollte. Jetzt würden alle hautnah miterleben, wie er gedemütigt wurde! Er verstand einfach nicht, wie Erin ihm das antun konnte. Er würde wie ein Volltrottel dastehen.
    Ben entging das Missbehagen seines besten Freundes nicht. Es sah tatsächlich so aus, als hätte man Andy den Laufpass gegeben. »Erin kommt bestimmt bald«, sagte er in einem Tonfall voller gespielter Zuversicht. »Du weißt doch, wie die Frauen sind. Wahrscheinlich hat es irgendeine kleine Katastrophe gegeben. Vielleicht hat sich ein Reißverschluss verklemmt, oder sie hat sich etwas übers Kleid geschüttet.« Die Möglichkeit, dass das Hochzeitsauto eine Panne hatte, konnte er nicht in Betracht ziehen, denn Erin und die Brautjungfern Emma und Carmel kleideten sich in einer Suite zwei Etagen über dem Restaurant an.
    »Um so was in Ordnung zu bringen, braucht man doch keine halbe Stunde«, erklärte Andy ungehalten.
    »Vielleicht ist der Aufzug stecken geblieben, und sie kommen nicht raus«, versuchte Ben noch einmal, seinen Freund zu beruhigen.
    »Wenn der Aufzug nicht funktionieren würde, wäre das einem der Angestellten aufgefallen«, erwiderte Andy gereizt, nachdem er

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