Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
sagte er. »Warten Sie nur noch zwei Minuten, bitte .« Er wollte sich nicht der Tatsache stellen, dass seine Verlobte zu spät oder gar überhaupt nicht kommen würde!
Wieder schaute er auf die Uhr. Es war nach halb zwölf! »Ich glaube, ich gehe jetzt mal nachsehen, wo sie bleibt«, zischte er Ben zu.
Er ertrug die mitleidigen Blicke der Gäste nicht länger. Die demütigende Schlagzeile der morgigen Zeitung konnte er sich gut vorstellen. Mindestens ein Jahr lang würde er sich in der Öffentlichkeit nicht zeigen können!
»Ich gehe«, bot Bradley an, der das als Bruder der Braut für seine Pflicht hielt.
»Nein, ich gehe selbst«, beharrte Andy und tupfte verstohlen die Schweißperlen auf seiner Stirn ab. »Wenn deine Schwester mich nicht heiraten will, dann soll sie mir den Grund dafür ins Gesicht sagen.«
Plötzlich begann Mrs. Shepherd den Hochzeitsmarsch zu spielen. Emma und Carmel betraten das Restaurant in ihren hübschen lavendelfarbenen Seidenkleidern. Andy hörte deutliche Seufzer der Erleichterung von den Männern, die um ihn herumstanden, und begriff, dass sie ihm gut zugeredet hatten, obwohl sie in Wirklichkeit davon überzeugt gewesen waren, dass Erin ihm den Laufpass gegeben hatte. Jetzt fühlte er sich noch schlechter.
Die Gäste erhoben sich, und die Mädchen schritten langsam auf den Bogen zu, wo die Trauzeremonie stattfinden sollte. Sie wirkten gelöst. Andy sah auf die Gäste, sie schienen nun endgültig sicher, dass Erin es sich nicht anders überlegt hatte. Er sah aufdie Tür, und sein Herz raste. Warum nur konnte er nicht auch so zuversichtlich sein? Er musste Erin mit eigenen Augen sehen, ehe er glaubte, dass sie wirklich kam.
Endlich nahmen die Mädchen ihren Platz zur Linken von Reverend Sutcliffe ein. Es entstand eine lange, qualvolle Pause. Ein Blick auf den Reverend und die Trauzeugen sagte Andy plötzlich, dass er nicht der Einzige war, der Zweifel hegte, ob Erin die Zeremonie zu Ende führen würde.
Andy war nicht bewusst gewesen, dass er den Atem angehalten hatte, bis Erin mit ihrem Vater in der Tür erschien und er die bewundernden Seufzer der Gäste hörte. So groß war die Spannung bis zu diesem Moment gewesen und so gewaltig die anschließende Erleichterung, dass ihm die Beine beinahe weggesackt wären.
Andy richtete den Blick fest auf Erin, während sie wie ein Engel auf einer flauschigen weißen Wolke auf ihn zuzugleiten schien. Ein Schleier bedeckte ihr Gesicht, sodass er nicht sehen konnte, ob sie lächelte oder ob sie ängstlich war. Er hatte keine Ahnung, was in ihr vorging. Er selbst hatte Angst zu blinzeln, weil er fürchtete, sie könnte dann verschwunden sein.
»Wusste ich doch, dass sie kommen würde.«
Bens Worte brachten Andy ruckartig in die Realität zurück. Jetzt war es tatsächlich so weit. Er würde heiraten! Andy bemühte sich um Fassung. Sein Blick fiel auf Erins Vater. Gareth war sichtlich stolz auf Erin, wirkte aber alles andere als gelöst. Er denkt daran, dass Jane in der ersten Reihe sitzen und die Eheschließung ihrer Tochter sehen sollte, fuhr es Andy durch den Kopf. Für die Forsyths ist dies ein Fest, in das sich auch Traurigkeit mischt, der Verlust schmerzt sie alle so sehr. Oder gab es einen anderen Grund für die sichtliche Anspannung seines zukünftigen Schwiegervaters? Besorgt fragte Andy sich, ob Gareth die letzte halbe Stunde vielleicht damit verbracht hatte, Erin klarzumachen, dass sie kurz vor dem entscheidenden Schritt nur die übliche Nervosität empfand.
Als Vater und Tochter den Bogen erreichten, drehte Gareth sich zu Erin um, hob vorsichtig ihren Schleier und küsste sie aufdie Wange. Einen bedeutsamen Augenblick lang schauten die beiden sich an. Andy konnte Gareth’ Gesicht nicht sehen, bemerkte jedoch, dass Erin kurz davor stand, die Fassung zu verlieren. Noch einmal stieg Panik in ihm auf. Doch jetzt atmete Erin tief ein und richtete sich gerade auf. Eine gewisse Ruhe schien über sie zu kommen. Nein, sie machte nicht den Eindruck, flüchten zu wollen. Andy gewann etwas von seiner angeschlagenen Zuversicht zurück.
Seine Bedenken schwanden ganz dahin, als er in Erins dunkle Augen schaute. Vom Beginn ihrer Beziehung an war Erin sein sicherer Hafen gewesen, sein Fels und sein unerschütterlicher Verbündeter. Dass sie so spät gekommen war, spielte keine Rolle mehr.
»Du siehst hinreißend aus«, flüsterte er und dachte, es sei jeden qualvollen Moment des Wartens wert gewesen.
»Wir sind heute hier versammelt, um
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