Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
gemacht?«, fragte er verwirrt.
Erin hatte eine seiner Hosen, ein Hemd und seine Schuhe angezogen. Sie hatte ihr Haar unter seinen breitkrempigen Hut gesteckt. Und sie hatte sich das Make-up aus dem Gesicht gewaschen. Die Verwandlung war verblüffend. Eine ganze Weile starrte Cornelius seine Nichte einfach nur schweigend an, musterte sie von Kopf bis Fuß. Seine Kleidung war ihr natürlich zu groß, aber er verstand, was sie ihm sagen wollte.
»Jetzt würde ich doch gar nicht weiter auffallen, oder, Onkel Cornelius?«, fragte Erin voller Hoffnung.
Cornelius zögerte mit einer Antwort. Er musste zugeben, dass sie kaum wiederzuerkennen war. Ihr jugendlich frisches Gesichthätte für das eines jungen Mannes durchgehen können, wenn auch eines sehr hübschen jungen Mannes.
»Ich muss das einfach machen«, sagte sie. »Ich muss irgendwo anders hin, irgendwas tun, das mich fordert. Ich kann jetzt nicht einfach weiter in der Galerie arbeiten. Bitte lass mich mitkommen.«
Jane, dachte Cornelius, Jane hätte gewollt, dass ich mich um ihr kleines Mädchen kümmere. »Ich will dich doch nur schützen, Erin«, sagte er.
»Ich weiß, aber ich brauche mehr, Onkel Cornelius. Ich will mich nützlich machen und etwas Neues lernen. Das kann ich, wenn ich mit dir fahre. Hier in London werden alle über mich reden, und auch wenn sie anfangs viel Verständnis haben werden, stehe ich doch immer noch da wie jemand, der so dumm war, sich betrügen zu lassen. Das will ich mir nicht antun. Ich will auch nicht an die Geschichten denken, die in den Klatschblättern über mich stehen werden. Es war schon schlimm genug, das alles über Dad und Lauren Bastion zu lesen.«
Cornelius zögerte immer noch. Es stimmte, Erin hatte viel wegen Gareth aushalten müssen, und die Situation jetzt mit Andy würde ihr Leben noch unerträglicher machen.
»Ich bin eine erwachsene Frau, Onkel Cornelius. Ich habe einen Pass und Geld, um mir ein Flugticket zu kaufen. Du kannst mich nicht davon abhalten, nach Australien zu fliegen, also können wir genauso gut zusammen reisen.«
Cornelius wusste, dass er geschlagen war. Erin war eine starke junge Frau, und sie hatte recht. Er konnte noch so viele Bedenken haben, doch er konnte sie nicht davon abhalten, das Flugzeug zu besteigen. »Na schön, dann komm mit«, sagte er.
»O danke, Onkel Cornelius«, rief Erin und warf ihm die Arme um den Hals.
»Ich wette, du hältst keine Woche im australischen Outback durch«, gab Cornelius zu bedenken. »Also kaufst du dir besser gleich ein Ticket für den Rückflug.«
»Vielleicht«, gab Erin trotzig zurück. Dann schaute sie auf diePfanne, die auf dem Herd stand. »Pass auf, dass mein Omelett nicht verbrennt«, rief sie, »ich habe einen Bärenhunger!«
Erin fuhr nach Hause, um ihren Koffer zu packen. Ihr Vater und ihr Bruder waren nicht da. Sie nahm an, sie wären noch im Hotel Langham, was sie ein bisschen beunruhigend fand, aber den Gedanken verbannte sie schnell wieder. Hastig schrieb sie ihrem Vater eine Nachricht. Liebster Dad! Es tut mir leid, dass ich Dich in solch eine prekäre Lage gebracht habe , entschuldigte sie sich, aber ich war nicht sicher, wie sich die Trauung entwickeln würde. Ich verspreche Dir, dass ich Dir alles erkläre, sobald ich in besserer Verfassung bin. Ich gehe fort und schreibe Dir bald, um dich Genaueres wissen zu lassen . In Liebe, Deine Tochter Erin.
Ihr Brief an Bradley war anders. Geliebter Bruder , schrieb sie, ich fahre mit Onkel Cornelius nach Australien. Bitte erzähl noch niemandem davon, weder Dad noch Andy, vor allem der Presse nicht. Ich weiß, dass ich Dir vertrauen kann. Ich verspreche, bald zu schreiben und Dir alles zu erklären. Dann werde ich Dir auch meine Adresse mitteilen, damit wir in Kontakt bleiben können. Es tut mir unendlich leid, dass ich Dich die Sache mit Lauren allein durchstehen lassen muss, halt mich über neue Entwicklungen auf dem Laufenden. Ich hoffe sehr, dass Du mich verstehst. In großer Zuneigung, Deine Schwester Erin
Trotz ihres schrecklichen Kummers nahm Erin sich vor, die nächste Phase ihres Lebens voller Optimismus anzugehen. Doch sie war auch realistisch. Es würde eine ganze Weile dauern, all das zu verarbeiten, was in den letzten Tagen passiert war. Sie wollte nur, dass ihre Seele wieder heilte, und sie wollte vergessen, dass Andy Stanford je existiert hatte.
8
Cornelius versuchte am Abend wiederholt, Erin klarzumachen, dass die Reise lang und beschwerlich sein würde, weit schlimmer,
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