Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
Sie spazierten durch die Straßen in der Nähe des Hafens, wo Erin die prachtvollen Häuser bewunderte. Es war ein wunderschöner Tag, bald hatte sie die Unannehmlichkeiten der vielen Stunden im Flugzeug vergessen.
Cornelius behielt seine Nichte genau im Auge. Manchmal ertappte er sie bei einem sehnsuchtsvollen Blick in die Ferne. Dann wusste er, dass sie an Andy dachte, und er lenkte sie mit Erzählungen von seinen früheren Australienreisen ab. Auf einer Bank mit Blick über den Hafen aßen sie Fish and Chips, dann fuhren sie mit dem Bus ins Geschäftsviertel der Stadt. Cornelius sah, dass Erins Augen leuchteten, als sie an den Boutiquen mit Damenbekleidung vorbeikamen. Wieder fragte er sich, wie lange sie das harte Leben, das ihnen bevorstand, durchhalten würde.
Vor einem Café blieb Erin stehen. »Setz dich da hinein, Onkel Cornelius. Dort kannst du ein wenig Zeitung lesen und etwas trinken, und ich werde ein paar Einkäufe erledigen.«
»Darüber haben wir doch gesprochen, Erin. Elegante Mode kannst du in Coober Pedy nicht tragen«, sagte Cornelius streng.»Es ist keine gute Idee, die Aufmerksamkeit mit hübscher Kleidung auf sich zu ziehen …«
»Mir hat da ein Paar Schuhe gefallen«, beharrte sie. »Ich bleibe nicht lange«, erwiderte Erin und schoss davon.
Cornelius war erbost. Er hatte Ärger vorausgesehen, aber nicht so bald. Nun bestätigten sich seine Befürchtungen, und er war alles andere als glücklich darüber.
Als Erin eine halbe Stunde später zurückkam, hatte sie eine prall gefüllte Einkaufstüte dabei. »Willst du sehen, was ich gekauft habe?«, fragte sie ihren Onkel aufgeregt.
»Nein, das will ich nicht«, gab Cornelius zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute seine Nichte grimmig an. »Erin, ich dachte, du hättest mich verstanden.«
»Das habe ich doch«, sagte Erin und nahm eine Hose aus leichtem Baumwollmaterial und solide braune Stiefel aus der Tüte. Dann zog sie zwei khakifarbene Hemden und einen Hut mit breitem Rand heraus.
»Die Sachen sind aus einem Laden für Armeebedarf. An dem sind wir vorhin vorbeigekommen«, erklärte Erin fröhlich.
Ungläubig starrte Cornelius auf die Einkäufe. »Aus einem Laden für Armeebedarf!«
»Hast du etwa gedacht, ich würde mir hochhackige Schuhe kaufen?« Frech zwinkerte sie ihm zu.
»I… ich …«, stotterte er.
»Gib es doch zu, das hast du gedacht, oder?«, beharrte Erin.
»Ja, allerdings. Das habe ich gedacht«, gestand er verlegen. »Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass du in einen Laden für Armeebedarf gehst, geschweige denn dort etwas kaufst.«
Erin war glücklich, ihren Onkel eines Besseren belehrt zu haben. »Du hast mich nur mit nach Australien kommen lassen, weil du mich in dieser Art Kleidung gesehen hast, nicht? Und ich hatte keine Gelegenheit, mir vor unserer Abreise noch etwas Praktisches zu kaufen.«
Cornelius lächelte. Erin wollte ihn unbedingt davon überzeugen, dass sie es mit diesem Abenteuer ernst meinte. Und das gelang ihr tatsächlich immer besser. Eine Weile überlegte er, ob er sie womöglich unterschätzt hatte. Aber dann beschloss er, zu warten, ehe er sich eine Meinung bildete. Hosen, Stiefel und ein Hut allein würden seiner Nichte nicht helfen, in der rauen Umgebung zu bestehen, doch es war ein erster Schritt.
Am nächsten Morgen nahmen sie einen Flug nach Adelaide, das nur etwa ein Sechstel der Größe von Sydney hatte. Der malerische Fluss Torrens wand sich auf seinem Weg von den Hügeln zum Meer durch die reizende Küstenstadt. Das Ufer mit seinen Rasenflächen, der Rotunde, den Schatten spendenden Bäumen, den Paddelbooten und Enten war für die Besucher der Stadt das ideale Erholungsgebiet. Die Anlage der Stadt folgte einem Rechteckschema – es gab breite Alleen und weitläufige Plätze und Parklandschaften.
Auf der North Terrace fragten Cornelius und Erin nach dem Weg zum Bahnhof. Dort kaufte Cornelius Fahrkarten für den Ghan, wie der Afghan Express genannt wurde, der bis Alice Springs im Herzen des Landes fuhr. Sie hatten Glück, dass sie noch Plätze in dem Zug bekamen, der am frühen Nachmittag abfahren sollte. Cornelius hatte Erin erzählt, dass Coober Pedy gut vierhundert Meilen südlich von Alice Springs und gut fünfhundert Meilen nördlich von Adelaide lag.
Der Mann am Fahrkartenschalter informierte Cornelius darüber, dass der Zug nicht bis Coober Pedy fahre. Er erklärte, sie müssten in Manguri aussteigen.
»Und wie weit ist der Bahnhof dort von Coober
Weitere Kostenlose Bücher