Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
demnächst gefüllt würde. Verlegen schaute sie Jonathan an. Sie sorgte sich nicht, dass er sie so sah, er war Engländer und ein Gentleman, er würde sie nicht belästigen. Aber er war sehr attraktiv.
»Erinnerst du dich noch an Mr. Maxwell?«, fragte Cornelius, dem die Unsicherheit seiner Nichte nicht entging.
»O ja«, erwiderte Erin und musterte sein dunkles Haar und die langen Wimpern, die jede Frau neidisch gemacht hätten. Außerdem hatte er ein äußerst entwaffnendes Lächeln. Ihr Herz begann zu rasen. »Hallo, Mr. Maxwell.«
»Sie erinnern sich noch an meinen Assistenten, Mr. Maxwell?«, fragte Cornelius. Er sah, dass Jonathan verwirrt war, und verstand gleich, wieso.
»Ihren … Assistenten«, stammelte Jonathan. »Denselben Assistenten, den Sie neulich abends dabeihatten, als Sie im Camp waren?«
»Stimmt genau«, erwiderte Cornelius.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass er sich so geirrt hatte. »Ja, ja«, fügte er hinzu. »Aber vorgestellt worden sind wir einander noch nicht.«
»Erin Forsyth«, sagte Erin und streckte ihm die Hand hin.
»Bitte nennen Sie mich Jonathan.«
»Erin ist meine Nichte«, gab Cornelius zu.
»Ach«, meinte Jonathan.
Er hatte sich schon gefragt, wie eine junge Frau seine Assistentin sein konnte. Kurz, ganz kurz, hatte er sogar überlegt, ob siewohl eine Beziehung hatten. Cornelius war alt genug, um ihr Vater zu sein, oder ein Onkel, wie sich ja nun herausstellte.
»Und Sie wollten gerade erklären, wer dieses hübsche kleine Mädchen ist«, bemerkte Cornelius.
Auch Erin musterte das Kind nun neugierig.
»Marlee ist die Tochter meines Nachbarn«, erwiderte Jonathan.
»Wollen Sie sagen, sie ist die Tochter von diesem fürchterlichen Kroaten?«, fragte Erin, ohne groß nachzudenken. Von all den rüden Minenarbeitern auf den Opalfeldern war Andro der schlimmste gewesen.
Jonathan war sichtlich unangenehm berührt. »Ja«, sagte er. »Er ist vor Kurzem Witwer geworden«, fügte er hinzu, im Wissen, dass Marlee die Bedeutung dieses Wortes nicht kannte.
»Oh!« Erin schrak zusammen. »Das tut mir leid.« Wieder schaute sie das kleine Mädchen an, und dann erinnerte sie sich an die Aborigine-Frau im Camp. Sie und Marlee hatten ihr leidgetan. »Und wieso haben Sie Marlee dabei?«
»Das geht dich nichts an, Erin«, schalt Cornelius leise.
»Ist schon in Ordnung«, sagte Jonathan. »Das ist eine durchaus berechtigte Frage.«
»Meine Mommy ist im Himmel«, erklärte Marlee zur Überraschung aller.
Cornelius und Erin sahen sie an, für den Moment fehlten ihnen die Worte. Sogar Jonathan war verblüfft darüber, dass sie über ihre Mutter sprach.
»Ist das so, Süße?«, fragte Cornelius freundlich. »Dann passt sie ja gut auf dich auf.«
»Das hat Jonathan auch gesagt«, bemerkte Marlee und schaute bewundernd zu ihm hoch.
Jonathan lächelte die Kleine traurig an und tätschelte ihr sanft den Kopf. »Andro und ich sind zu einer Übereinkunft gekommen.«
»Was für einer Übereinkunft?«, fragte Erin, gerührt, wie freundlich der Minenarbeiter mit der Kleinen umging.
»Vielleicht sollten wir uns da lieber nicht einmischen«, schlugCornelius vor. Erin war seiner Meinung nach viel neugieriger, als ihr guttat.
»Ich erkläre Ihnen das gern«, sagte Jonathan. »Andro kann Marlee schlecht sich selbst überlassen, während er in der Mine arbeitet. Sie ist noch zu klein, und auf einem Opalfeld gibt es viele Gefahrenquellen. Also kümmere ich mich um sie, wenn er arbeitet.«
»Bezahlt er Sie dafür?«, wollte Erin wissen.
»Erin! Das ist nun wirklich eine zu persönliche Frage.« Cornelius war erschüttert, wie direkt seine Nichte war.
»Tut mir leid, Onkel Cornelius, aber diese Übereinkunft scheint ziemlich einseitig zu sein.«
»Ich will kein Geld dafür, dass ich mich um Marlee kümmere«, antwortete ihr Jonathan.
»Dann nutzt er Ihre Gutmütigkeit aus.«
Cornelius verdrehte die Augen, war aber derselben Meinung. »Meine Nichte hat recht, Jonathan. Für Sie scheint diese Übereinkunft keine Vorteile zu haben.«
»Wenn Sie sich um sein Kind kümmern, kommen Sie doch gar nicht dazu, in Ihrer eigenen Mine zu arbeiten«, fügte Erin hinzu. »Gibt es keine Verwandten, die sich um die Kleine kümmern können?«
»Nein. Mittags hört Andro auf zu arbeiten, dann gehe ich in meine Mine hinunter. So ist Marlee nie allein.« Wieder schaute er auf die Kleine. Sie lehnte sich Schutz suchend an ihn. Zärtlich lächelte er sie an. »Marlee ist eine angenehme
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