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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sie kam schnell voran.
    Eines Nachmittags machte Jonathan einen Fund in seinem Schacht. Er kletterte heraus und lief zu Andro.
    »Sehen Sie sich das an!«, rief er aufgeregt. »Ich glaube, ich bin auf einen Opal gestoßen.«
    Der Kroate musterte den Fund mit geübtem Blick. »Das ist nichts«, sagte er spöttisch. »Bloß ein Stückchen Stein.«
    Jonathan war erschüttert. »Bloß ein Stein?« Er hörte das Gelächter der Minenarbeiter in der Nähe und kam sich gedemütigt vor. »Aber er sieht aus wie ein Opal. Sie haben mir doch gesagt, ich soll nach Gestein Ausschau halten, das abgerundet ist und eine glasähnliche Substanz umschließt. Schauen Sie doch, sehen Sie, wie die Farben durchschimmern. Ich war sicher, ich hätte etwas Gutes gefunden«, sagte er bestürzt.
    »Das ist gar nichts. Sie werden nie etwas Gutes finden. Diese Mine ist wertlos, und Sie haben keine Ahnung von dem, was Sie da machen«, erklärte Andro mit Nachdruck.
    Verwirrt sah Jonathan den Kroaten an. Bisher hatte er ihn ermutigt. Wieso riss er ihm denn jetzt das Herz aus dem Leib? »Ich glaube Ihnen nicht«, stieß er wütend aus.
    »Pst«, machte der Kroate und schaute sich um. »Sie haben etwas Gutes gefunden, aber das soll doch nicht jeder hören. Die erste Regel bei der Edelsteinsuche ist, dass Sie keinem erzählen, was Sie gefunden haben. Hier gibt es überall gespitzte Ohren und scharfe Augen. Zum Glück halten die Sie alle für den schlechtesten Opalsucher im Umkreis von hundert Meilen. Die werden also nur zu gern glauben, dass Ihr Fund wertlos ist.«
    Jonathan wusste nicht, ob er empört oder froh sein sollte. Verstohlen blickte er sich um, tatsächlich beachteten die anderen Minenarbeiter ihn schon nicht mehr. Er begriff, dass es beim Schürfen in den Minen nicht nur um die Suche nach Opalen ging.
    »Das ist Opalgestein«, erklärte Andro ihm leise, während er unauffällig den wertvollen Stein begutachtete. »Ein gutes Stück.«
    »Wirklich?« Jonathan hatte schon nicht mehr gedacht, dass dieser Tag je kommen würde.
    »Tun Sie, als wären Sie wütend und enttäuscht.«
    Andro verdrehte die Augen, als er Jonathan bei seinen komischen Bemühungen, seine Enttäuschung zu zeigen, beobachtete. Er freute sich, dass der junge Engländer, der ihm und seiner Tochter irgendwie das Leben gerettet hatte, auch einmal Glück hatte.

12
    Kaum war Andro am nächsten Morgen zur Arbeit in seine Mine gegangen, machte sich Jonathan mit Marlee auf den Weg in die Stadt. Seinen Opal hatte er in der Tasche versteckt. Da er oft mit der Kleinen spazieren ging, hoffte er, dass die anderen Minenarbeiter nicht Verdacht schöpften und dass niemand sah, dass er auf dem Weg zu Cornelius Wilder war, dem einzigen Edelsteinhändler, den er bisher kannte. Marlee hatte Jonathan die Hand gegeben und stapfte zufrieden neben ihm her. Sie hatte angefangen, mehr zu reden, mehr von ihrer Persönlichkeit preiszugeben, was ihn freute. Oft ließ sie Worte aus der Sprache der Aborigines in die Unterhaltung einfließen. Da musste er dann lachen und versuchen herauszufinden, was sie gemeint hatte.
    Cornelius Wilder freute sich sehr über das Wiedersehen. Andro hatte einen anderen Händler empfohlen, aber Jonathan wollte seinen ersten Opal an einen Landsmann aus London verkaufen.
    »Guten Morgen, Mr. Maxwell«, sagte Cornelius mit breitem Lächeln.
    »Sie wissen noch, wie ich heiße?«, rief Jonathan erfreut.
    »Natürlich. Sie sind der einzige freundliche Minenarbeiter in ganz Coober Pedy. Bitte kommen Sie doch herein.«
    Mehr und mehr Minenarbeiter brachten Cornelius ihre Fundstücke, weil er gute Preise zahlte. Er hatte sogar schon ein paar Stammkunden, was er als gutes Omen deutete. So leicht schenkte ihm jedoch keiner sein Vertrauen.
    Jonathan und Marlee betraten die Erdwohnung, und Cornelius schloss die Tür hinter ihnen. »Ja, wen haben wir denn da?«, fragte er und schaute zu dem kleinen Mädchen hinunter.
    In diesem Moment kam Erin in den Eingangsraum. »Hast du etwas gesagt, Onkel Cornelius?« Als sie Jonathan sah, blieb sieabrupt stehen. »Oh, tut mir leid«, sagte sie. »Ich wusste nicht, dass du mit einem Kunden im Gespräch bist.«
    Erin trug Hose und Hemd, aber am Morgen hatte sie die Haare gewaschen und noch nicht hochgesteckt, damit sie trockneten. Seidig glänzend fielen sie ihr auf die Schultern. Sie konnte sie nicht oft waschen, weil es im Haus nur einen kleinen Wassertank gab, und der war fast leer. Cornelius hatte schon Vorkehrungen dafür getroffen, dass er

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