Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
droht.«
Vorsichtig betrat der Constable die Türschwelle, Erin schaute ihm über die Schulter. Als sie ihren Onkel nirgends im Eingangsraum entdeckte, geriet sie erst richtig in Panik. Sie drängte sich an dem Polizisten vorbei.
»Onkel Cornelius!«, schrie Erin. In Gedanken sah sie ihn tot in einer Blutlache auf dem Boden liegen.
In diesem Moment kam Cornelius aus der Küche. Constable Spender zückte seine Dienstpistole. »Bleiben Sie, wo Sie sind«, befahl er.
»Onkel Cornelius, du lebst!« Erin warf sich ihrem Onkel vor Erleichterung in die Arme.
»Erin!«, rief Cornelius. »Gott sei Dank ist mit dir alles in Ordnung«, sagte er und umarmte sie fest. »Ich wäre fast umgekommen vor Angst, als ich dich in keinem der Zimmer fand. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du hinausgelaufen bist.«
»Ich habe Hilfe geholt. Ich dachte, dieser Kerl brächte dich um.« Ein Schluchzer entfuhr ihr, und dann flossen die Tränen.
»Das dachte ich auch«, gab Cornelius erschüttert zu. »Aber ich habe mir mehr Sorgen um dich gemacht.« Über ihre Schulter schaute er zu dem Constable, der seine Waffe jetzt wegsteckte und ein Notizbuch aus seiner Hosentasche holte.
»Ich bin Constable Will Spender, Sir. Darf ich Sie um Ihren Namen bitten?«, sagte er.
»Ich bin Cornelius Wilder«, entgegnete Cornelius. »Meine Nichte Erin Forsyth haben Sie ja bereits kennengelernt.«
»Miss Forsyth behauptet, man habe Ihnen Gewalt angedroht, Sir«, sagte Constable Spender.
Ungläubig drehte Erin sich um. »Gewalt? Der Kerl wollte meinen Onkel kaltblütig ermorden.«
»Du kannst dich jetzt entspannen, Erin«, sagte Cornelius ruhig und legte einen Arm um ihre Schultern. »Der Constable tut nur seine Pflicht.« Er sah Will an. »Ein Mann stürmte zur Tür herein, stellte Fragen und drohte mir, mich zu ermorden«, fügte Cornelius hinzu.
»Hatte er ein Motiv?«, fragte Will.
»Ein Motiv?«
»Ja. Denken Sie, er wollte Sie ausrauben?«
»Nein, es hatte nicht den Anschein. Er hat ganz präzise gesagt, was er wollte.«
»Und das wäre?«
»Er wollte wissen, ob ich einen Opal gekauft hätte, der unter dem Namen Olympic Australis bekannt ist.«
»Aha«, sagte Will und schien sich zu entspannen. Erin undCornelius waren überrascht, als er seinen Notizblock zuklappte und ihn zurück in seine Hosentasche steckte. »War er groß und kräftig, hatte er dunkles Haar und einen dunklen Bart?«
»Ja. Sie kennen ihn wohl.«
»Ja, allerdings. Es gibt nur einen, auf den diese Beschreibung passt, und das ist Bojan Ratko. Er und ein Mann namens Andro Drazan waren früher mal Partner. Die ganze Geschichte kenne ich nicht, aber die Leute erzählen sich, dass Bojan den Olympic Australis allein gefunden habe. Überall auf der Welt wurde über den Fund berichtet, und Bojan wurde viel Aufmerksamkeit zuteil. Eines Tages verschwand der Opal. Bojan behauptete, Andro habe ihn gestohlen. Andro behauptete, Bojan habe von Anfang an nicht vorgehabt, den Erlös aus dem Verkauf, der ihnen beiden zustehe, zu teilen. Jetzt sind sie erbitterte Feinde und streiten in einem fort.«
»Andro Drazan hat er erwähnt, stimmt«, sagte Cornelius stirnrunzelnd. »Und kaum war er hier, ist er auch schon wieder hinausgerannt.«
»Die Wahrheit lässt sich nicht so leicht feststellen, aber der Olympic Australis, der angeblich kostbarste je in Coober Pedy gefundene Opal, ist immer noch verschwunden. Sollte jemand tatsächlich versuchen, Ihnen den Stein zu verkaufen, lassen Sie es mich bitte sofort wissen.«
»Verhaften Sie diesen Bojan Ratko jetzt, weil er meinen Onkel bedroht hat?«, wollte Erin wissen.
»Leider gibt es kein Gesetz, das Drohungen verbietet. Wenn er sie ausgeführt hätte − tja, das wäre dann eine ganz andere Geschichte.«
»Wenn er sie ausgeführt hätte … Er kommt also ungeschoren davon, obwohl er uns zu Tode erschreckt hat?«, fragte Erin fassungslos.
»Dasselbe hat er auch mit den anderen Opalhändlern in der Stadt gemacht, und ganz bestimmt wird er sich noch einmal bei Ihnen blicken lassen. Mein Vorschlag ist: Verhalten Sie sich ruhigund versichern Sie ihm, dass Sie den Olympic Australis nicht angeboten bekommen haben. An seine Ausbrüche werden Sie sich gewöhnen. Er ist wie ein Hund, der viel bellt, aber nicht beißt, zum Glück. So was gibt es oft. Meine Pflichten als Constable erstrecken sich über ein Gebiet von mehreren Hundert Meilen um Coober Pedy. Im Norden bis zur Siedlung Marla und im Süden bis nach Andamooka, und dazwischen liegen viele
Weitere Kostenlose Bücher