Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt
ganzen Körper.
Als mein Telefon klingelt, schrecke ich hoch. Werfe das Buch von mir. Schlucke schnell, als ein Polizist mit tiefer Stimme mich darum bittet, äußerste Vorsicht walten zu lassen, da die drei Männer womöglich sehr gefährlich sind. Seit Sie uns verständigt haben, sind die drei wie vom Erdboden verschluckt, aber unseren Informationen zufolge könnte es sich um Terroristen handeln.
Terro … !!!, rufe ich, denke dann sofort an die Todesumstände von Benedikt und schweige.
Ja, wenn diese Informationen korrekt sind, Informationen, die natürlich absolut vertraulich zu behandeln sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass einer der Männer der Terroristengruppe angehört, die damals den Mord an diesem isländischen Arzt verübt hat. Das sind zwar noch keine gesicherten Erkenntnisse, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht.
Und, und … was soll ich machen?
Möglichst wenig.
Kann ich zur Arbeit gehen?
Wir wollen mal hoffen, dass Sie dort sicher sind. Und wir behalten Sie natürlich im Auge. Hauptsache, Sie sind gewarnt.
Oh Gott.
Ja, passen Sie auf sich auf. Auf Wiedersehen.
Ich höre, wie Dagbjört von ihrem Arbeitsplatz in beruhigendem Ton auf den jüngsten Autor des Verlages einredet. Der hat mit rechtlichen Schritten gedroht, falls nicht mehr Werbung für ihn gemacht wird. Keiner von den beiden scheint meinen Ausruf bemerkt zu haben.
Ich stecke das Handy in die Tasche. Starre auf meine Hände, als wären sie Gegenstände. Atme ein-aus-ein-aus … schneller, schneller, schneller. Wende mich der Tabelle auf dem Bildschirm zu, glotze auf die Zahlen, schreibe in 32 Excel-Zellen: Alles ist völlig absurd .
Greife dann zu meiner Kaffeetasse, ermahne mich, dass ich schwanger bin, und tausche sie gegen ein Glas Wasser.
*
Denk dran, dass du nach dem Workshop anständig aufräumst, anstatt alles nur irgendwie in die Schränke zu stopfen, sagt Stefanía bevor sie aus der Tür geht. Ihre Stimme klingt beleidigt, sie hat mir immer noch nicht verziehen, dass ich das Bärenkostüm einfach unter meinen Schreibtisch geknüllt habe. Woher soll ich auch wissen, dass sie das ihrem kleinen Neffen zu Weihnachten schenken will?
Mache ich, sage ich matt.
Hoffen wir es mal, meckert sie und schließt die Tür. Kurz darauf öffnen Mama und Helgi sie wieder, mit fröhlich roten Wangen, den Abend im Rücken. Helgi erzählt mir aufgeregt, dass sie in eine Eisdiele gegangen seien und dort darüber geredet hätten, ob sie an Gott glaubten.
Und, tut ihr das?, frage ich.
Wir sind zu keinem Resultat gekommen. So sind wir nun mal, sagt Mama und knotet das Kopftuch los, mit dem sie ihren lilafarbenen Hut gegen den Sturm gesichert hat. Ich überlege, ob ich die Warnung der Polizei erwähnen soll, versuche Helgi dazu zu bewegen, zu Kjartan ins Lager zu gehen und sich die Comics anzukucken, aber er will lieber in der Cafeteria sitzen und Ideen für den Krimi-Workshop aufschreiben. Während er uns dorthin folgt, sagt Mama, dass es ein großer Vorteil sei, eine Juristin als Mutter zu haben, die müsse sich schließlich mit Kriminalfällen auskennen.
Ja, Mama weiß alles, sagt er und setzt sich mit seinem Malheft an einen Tisch, Papierblätter segeln auf den Boden.
Fang nicht wieder damit an!, rutscht es mir heraus, doch Mama wirft mir einen Blick zu, der mich sofort verstummen lässt. Helgi hat recht, sagt sie und wringt ein Wischtuch aus. Er hat großes Glück, dass seine Mutter sich mit den Gesetzen auskennt, das kann nie falsch sein in einer Welt, in der die Leute dauernd auf Verbrechen stoßen. Ihre Rede kommt ins Stocken, als sie mit dem Wischtuch an ein Lifestyle-Magazin stößt, das auf dem Tisch liegt. Sie nimmt es und sieht auf das Bild auf der Rückseite. Was für ein furchtbarer Anblick!
Auf dem Bild räkelt sich eine nackte Frau auf einem Nerzfell und streichelt ihren Laptop wie einen Liebhaber, die Haut scheint daunenweich wie die eines Säuglings und ist bedeckt mit Diamanten, die im Licht des Computerbildschirms glänzen. Mama schüttelt den Kopf darüber, wie jemand sich erdreisten kann, seinen Reichtum auf diese Art zur Schau zu stellen, und schmeißt das Magazin in den Müll. Sie, die sich immer noch für die vollautomatische Waschmaschine begeistern kann, die eine ihrer Schwägerinnen ihr vor einem halben Jahrhundert überlassen hat.
Kjartan hat bestimmt noch eine Menge davon, sagt sie, greift den Müllsack und verschwindet in Richtung Lager mit den Worten, sie wolle ihm das Neueste über die Reise zum
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