Jenseits des Meeres
nicht heiraten.“ Über die Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Äußerung erschrak sie selbst und schlug sich die Hände vor den
Mund. Es war unverzeihlich, dass eine Bedienstete so mit ihrer Herrin sprach.
Nach längerem unbehaglichen Schweigen fasste sich Lady Katherine wieder und straffte die Schultern. „Still jetzt, Mistress Peake. Wir werden nicht mehr darüber reden.“ Sie blickte sich um. „Ich überlasse Euch jetzt wieder Euren Pflichten. Es gibt noch so viel zu tun, bis die Zeremonie stattfindet.“
Die Haushälterin sah Lady Katherine die Tür hinter sich schließen. Dann sank sie auf einen Stuhl und ließ ihren Tränen erneut freien Lauf.
Mit zitternden Händen hob Aileen die Kämme an Lady Katherines Haar und steckte damit den Schleier fest. Ihre Herrin hatte ein am Hals hochgeschlossenes Gewand aus hellrosa Seide gewählt. Die Ärmel fielen bis zu den Ellbogen weit, wurden dann schmal und endeten in Spitzen, welche den Handrücken bedeckten. Über diesem Gewand trug sie einen pelzgefütterten ärmellosen Umhang von derselben Farbe.
„Ihr seht reizend aus, Mylady. Soll ich Padraig Eure Kutsche bereitstellen lassen?“
„Nein, Aileen. Ich möchte zu Fuß zur Kapelle gehen.“ Rasch schritt Lady Katherine aus dem Gemach. Sie brauchte unbedingt frische Luft, denn sonst würde sie ersticken.
Sir Cecil betrachtete sich im Spiegel. Er wusste, dass er noch immer eine gute Figur machte, doch wenn die Trauung mit Lady Katherine erst einmal vollzogen war, würden ihn noch mehr Frauen bewundern. Die O’Mara-Juwelen würden in England ein hübsches Sümmchen einbringen, und vor allem würde Lady Katherines Grundbesitz hier in Irland sowie in England seinen Stand unter den Adeligen bei Hofe heben. Viele Frauen würden ihn faszinierend finden, wenn sie von seinem Reichtum erfuhren.
Er betrachtete sich noch einen Moment im Spiegel, und als er dann sah, dass Lady Katherine sowie deren Zofe zur Kapelle unterwegs waren, verließ er den Raum und genoss schon jetzt seinen Sieg.
Wie in Trance schritt Lady Katherine durch den Mittelgang der Kapelle. Ungemein selbstsicher nahm Sir Cecil sie beim Arm und führte sie zum Altar. Feierlich schlug der Bischof das Buch auf und begann, die Worte vorzulesen, die das Leben so vieler Menschen ändern sollte.
In der ersten Kirchenbank weinte die kleine Bridget in Caras Armen, während Colin sich bemühte, seine Gattin sowie das Mädchen zu beruhigen.
„Gebt Ihr, Lady Katherine, Euch aus freiem Willen diesem Mann?“
Das war eine sehr ernste Frage, und Katherine hatte sie sich selbst schon oft in schlaflosen Nächten gestellt. Blieb Ihr denn etwas anderes übrig? Durfte eine Mutter je frei wählen zwischen der Gefangennahme ihrer geliebten Kinder und ihrer eigenen Freiheit?
Selbst wenn Cecil seinen Einfluss auf die Königin übertrieben hatte, war sie überzeugt davon, dass ihre Söhne nicht erneut festgenommen werden würden und ihren Leuten ein entsetzlicher Krieg erspart bliebe.
„Ja“, antwortete sie.
Der Bischof wandte sich nun an Cecil und schaute dann auf, denn aus dem hinteren Teil der Kapelle drangen Geräusche. Es hörte sich wie ein Handgemenge an.
Cecil wurde wütend. Diese Narren befolgten seinen Befehl nicht abzuwarten, bis das Ehegelöbnis gesprochen und die Zeremonie beendet war. Jetzt mussten der Bischof und Katherine mit dem Säbel dazu gezwungen werden, die Trauung zu vollziehen.
Mit grimmiger Miene drehte er sich um. Doch es waren nicht nur seine Soldaten, die die Unruhe erzeugten. Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er Kieran und Lady Megan mit zwei englischen Soldaten die Klingen kreuzen sah.
Seine Männer kämpften zwar geschickt, waren indes keine Gegner für ihre Opponenten. Kieran übermannte seinen Widersacher rasch. Megan, die wie ein Mann focht, trieb den anderen Soldaten an die Wand, wo sie ihn leicht entwaffnen konnte.
Als noch mehr Soldaten durch die Tür hereinströmten, sprang Colin auf, zog einem Gefallenen den Säbel aus der Hand und schloss sich unverzüglich Kierans und Megans Gefecht gegen die englischen Soldaten an.
Von draußen war das metallische Klingen gegeneinander schlagender Säbel und das Schreien Verwundeter zu hören. Dort tobte eine Schlacht, doch die daran Beteiligten sah man von hier aus nicht.
Während Kieran, Colin und Megan jetzt den Mittelgang entlangschritten, wurde es in der Kapelle unheimlich still.
„Es wird keine Trauung geben“, erklärte Kieran.
Beunruhigt drehte seine Mutter sich zu
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