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Jenseits des Meeres

Titel: Jenseits des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Langan
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stellte Kieran zufrieden fest und schaute zu, wie sich sein Bruder aufs Pferd schwang.
    Kieran hob Megan auf sein Ross, saß dann hinter ihr auf und fasste die Zügel. Wieder spürte er es, dieses verwirrende Gefühl bei der Berührung mit ihr. Es behagte ihm nicht, denn es erregte ihn. Mit nahezu heldenhafter Anstrengung unterdrückte er es.
    Eine Stunde später befanden sie sich bereits tief im Wald und weitab von jeder Ansiedlung. Stundenlang ritten sie schweigend und suchten sich ihren Weg über Felsbrocken und umgestürzte Baumstämme sowie durch eisige Bäche. Gelegentlich wurde die Stille von einem Vogelschrei unterbrochen oder vom Geräusch eines fliehenden Hirsches, dem sie beim Äsen zu nahe gekommen waren.
    Ich bin hier daheim, sagte sich Megan und versuchte, irgendetwas wieder zu erkennen. War sie früher in dieser Gegend umhergewandert? Hatte sie hier gespielt oder möglicherweise gefochten? Ihr kam zwar nichts bekannt vor, doch sie fürchtete sich auch nicht vor diesen Wäldern.
    Mit größter Mühe richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Umgebung, doch da Kierans Arm sie umfasste, während er die Zügel festhielt, und sich sein Körper warm an ihren presste, konnte sie sich kaum auf etwas anderes konzentrieren. Wie ertrug sie es nur, einem Mann so nahe zu sein, bei dem es ihr so unbehaglich war? Und weshalb hatte er überhaupt diese Wirkung auf sie?
    Sie drehte sich um und schaute rasch einmal zu Colin, der hinter ihnen ritt. Sofort blickte Kieran sie forschend an.
    „Wünscht Ihr eine Pause einzulegen, Megan?“
    „Nein.“ Sie bedauerte schon ihre einsilbige Antwort, doch ihr fiel nicht mehr ein. Wie kam es nur, dass sie mit Colin lachen und scherzen konnte wie mit einem alten Freund, während sie in Gegenwart seines Bruders kaum ein Wort herausbrachte?
    War sie je zuvor einem Mann wie Kieran O’Mara begegnet? Er war schroff, ständig angespannt und zornig. Wie es aussah, war er ein Verbrecher, der im Kerker gesessen hatte und der selbst jetzt noch gesucht wurde wegen der Taten, die er verübt hatte. Und dennoch konnte seine Berührung überraschend zart sein. Für seinen Bruder zeigte er großes Mitgefühl und sorgte sich sehr um ihn. Und für sie ... Megan dachte an die Leidenschaft, die sein erster Kuss in ihr geweckt hatte.
    Sie schüttelte den Kopf und versuchte, den Mann aus ihren Gedanken zu verbannen. Dass er sie bei dieser Bewegung besonders eindringlich betrachtete, entging ihr.
    Das Haar wippte ihr um Gesicht und Schultern. Kieran musste die Hand zur Faust ballen, um nicht etwa in die wirren Strähnen zu greifen.
    Plötzlich nahm er ein Geräusch wahr. Er zog die Zügel straff und gab seinem Bruder den kurzen Befehl, ebenfalls anzuhalten.
    „Was hast du?“ Colin brachte sein Pferd neben ihrem zum Stehen.
    „Ich hörte etwas. Ich glaube, es war das Lachen eines Mannes.“
    Sie schwiegen und lauschten angestrengt.
    „Da!“ Megan deutete zu einer kleinen Lichtung, die noch ziemlich weit entfernt war.
    Kieran nickte.
    „Das könnten Kleinbauern oder Jäger sein“, meinte Colin.
    „Gewiss, es könnten aber auch Henkersknechte sein.“
    Kieran glitt vom Pferd und zog seinen Säbel aus der Scheide. „Falls ich nach Sonnenuntergang noch nicht zurückgekommen bin, musst du ohne mich weiterreiten, Colin. Den Weg kennst du ja. Bring Megan nach Irland.“
    „Ich gehe nicht ohne dich! “
    Kieran funkelte seinen Bruder an und packte ihn mit der freien Hand an der Schulter. „Du hast zu tun, was ich dir sage! “ herrschte er ihn an. „Ich fürchte nicht um mein Leben, doch ich setze es nicht vergebens ein. Einer von uns muss es bis nach Hause schaffen. Man darf uns das Land nicht nehmen, solange es noch einen O’Mara gibt, der es beanspruchen kann, hast du verstanden?“
    „Jawohl.“ Colin sah die Entschlossenheit im Gesicht seines Bruders. Sanft legte er Kieran die Hand auf den Arm und blickte ihm tief in die Augen. „Ich verstehe. Tu, was du tun musst. Gott sei mit dir.“
    „Und auch mit dir.“
    Kieran guckte Megan nicht mehr an, ehe er davonritt. Er wollte sich nicht ablenken lassen, doch wenn er sich umgedreht hätte, hätte er gesehen, dass sich auf ihrer Miene Überraschung, Verständnis und Bewunderung spiegelten.
    „Er ist schon viel zu lange fort.“ Megan ging hin und her, weil sie ihre innere Unruhe nicht mehr zu unterdrücken vermochte.
    Die Augen halb geschlossen, lehnte Colin an einen Baumstamm. „Ich würde alles darum geben, wenn ich auch nur halb so viel Kraft

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