Jenseits des Meeres
Wollust. Megan zwang sich dazu fortzufahren. „Doch ich wäre wesentlich ansehnlicher, wenn ich die Gelegenheit bekäme, mich im Fluss zu waschen.“ Sie schaute an sich hinunter.
„Jawohl.“ Ein Mann löste sich von den anderen, und Megan erkannte, dass dies der Anführer der Soldaten sein musste. Sein dichter Bart konnte weder den grausamen Zug um den Mund noch die dicke Narbe verbergen, die sich über sein Auge und die Wange zog -sicherlich das Überbleibsel eines Gefechts mit einem Feind. Mit dem Auge, welches noch sehen konnte, blickte er sie hinterhältig an. „Und ich bin genau der Richtige, um der Dame bei ihrer Reinigung zu helfen.“
Die Soldaten wollen sich ausschütten vor Lachen.
Der Mann verbeugte sich spöttisch vor Megan. „Ich heiße Wilkes und bin Hauptmann der Garde. Es wäre mir ein Vergnügen, Euch zu begleiten.“
Seine Männer brüllten ihre Zustimmung heraus. Ihr Hauptmann hatte oft dafür gesorgt, dass Frauen in ihr Lager kamen, mit denen sie sich vergnügen konnten, und wie brutal er selbst mit diesen Mädchen umging, war allgemein bekannt. So manche Frau hatte schon ihren Tod herbeigefleht, statt noch einmal an Wilkes zurückgegeben zu werden.
Kieran, der auf dem Boden lag, schaute die Gestalt auf dem Felsblock ungläubig an. Von einer wohl behüteten Dame edler Geburt konnte man kaum erwarten, dass sie wusste, welches Schicksal ihr in den Händen solcher Kerle beschieden war. Wollte sie die Männer tatsächlich unterhalten, um ihr Leben zu retten?
Sofort schlug er sich diese Überlegung aus dem Kopf. Megan war weder töricht noch frivol. Wollte sie also womöglich Zeit für ihre Flucht gewinnen? Er hatte nur wenig Gelegenheit gehabt, sie wirklich kennen zu lernen, doch in der miteinander verbrachten Zeit hatte er oft ihren Mut bewundert. Deshalb bezweifelte er auch nicht, dass sie alles in ihrer Macht Stehende unternehmen würde, um zu entkommen.
Er wünschte ihr viel Glück, denn sie verdiente dieses Schicksal nicht. Im Herzen allerdings hegte Kieran kaum Hoffnung für ihren Erfolg. Ihre Chancen standen einfach viel zu schlecht. Kieran verfolgte weiter das Geschehen.
Der Gardehauptmann zog Megan hoch, riss sie in seine Arme und rief seinen Leuten zu: „Dies hier dauert nicht lange.“
„Besonders da du ja viele Tage fort warst von deinen Frauen!“ rief einer der Männer zurück. „Und viele Nächte.“
Alles lachte.
„Tändele nicht zu lange“, rief ein anderer Soldat. „Sonst müssen wir ja die ganze Nacht wach bleiben und warten, bis wir bei der Frau an die Reihe kommen.“
„Dudley, bereite ein Mahl für die Männer zu“, befahl Wilkes. „Da wir ja unsere Aufgabe erledigt haben verschlagen warf er einen
Blick zu den beiden Gefangenen und Gefesselten hinüber, „... werden wir erst einmal gut essen und uns dann von dem Mädchen unterhalten lassen, ehe wir zurückreiten.“
„Jawohl, dies wird eine denkwürdige Nacht werden.“ Dudley warf den toten Hirsch ab, den er auf den Schultern getragen hatte. Mit seinem Dolch begann er sogleich, das erlegte Tier zum Braten zuzubereiten.
Megan guckte kurz zu Kieran und Colin hinüber. Beide beobachteten sie, und beide zeigten die gleiche düster-besorgte Miene, doch Megan durfte ihnen kein zuversichtliches und beruhigendes Lächeln schenken. Obgleich ihr Plan auch schief gehen konnte, wollte sie keinen Gedanken daran verschwenden. Eine andere Möglichkeit, als die erdachte, fiel ihr ohnehin nicht ein.
Während Wilkes Megan fortführte, halfen einige der anderen den beiden Wachleuten, die von ihr und Kieran überwältigt worden waren. Whip, den Kieran verschont hatte, spie auf die beiden hilflos am Boden liegenden Gefesselten. „Ich hätte diesen hier töten sollen, als ich noch die Gelegenheit hatte.“ Er lachte auf. „Doch jetzt mag er zusehen, wie ich mich an seinem Mädchen räche.“
Während die Peitsche noch immer an seinem Gürtel baumelte, legte man ihn auf eine Matte, die man unter einem Baum ausgebreitet hatte. Einer der Soldaten versorgte dort seine Verletzungen.
Der andere Wachmann schwieg, denn er dachte daran, dass das Mädchen ihn verschont hatte. Es tat ihm fast Leid, dass ihr die Flucht nicht gelungen war. Die Frau hatte tapfer gekämpft, und schließlich war es nur ihr Pech, dass sie bei diesen Rebellen gewesen war.
Trotz ihres Geschicks mit dem Säbel schien sie noch unschuldig zu sein. Allerdings war ihm klar, dass sie ihre Unschuld nicht über die heutige Nacht würde retten
Weitere Kostenlose Bücher