Jenseits des Meeres
versetzte sie in Angst und Schrecken.
Während man ihr an Bord half, drehte sie sich noch einmal um und sah, wie Nola sich an Kieran klammerte, bevor sie ihm eine sichere Überfahrt wünschte. Der Mann ist doch ein Halunke, dachte Megan. Er tändelt geradezu schamlos mit der Tochter des Kapitäns!
Megan ließ sich auf die stabilen Planken sinken und schloss die Augen in der Hoffnung, ihr würde nicht noch einmal so übel werden. Noch nie im ganzen Leben war ihr derart elend zu Mute gewesen. Das liegt ja nur an der Seekrankheit, redete sie sich ein, und nicht etwa an diesem fürchterlichen Mann und den merkwürdigen Empfindungen, die er in ihr weckte ...
Ein Blitz zuckte über den Himmel, und in seinem Licht entdeckte Megan eine große Anzahl Männer, die am Felsenufer entlang und auf das Boot zuliefen. Megan schaute auf Kieran und merkte an dessen verbissener Miene, dass er die Leute ebenfalls gesehen hatte. Er rief Colin und dem Kapitän etwas zu, und die drei stemmten sich gegen die Bootswand. Das Schiff schrammte über den sandigen Untergrund, erwischte dann eine Welle und war flott.
Die Männer kletterten an Bord, und die nächsten Wellen trugen das Schiff weit hinaus in den Kanal.
Megan spähte durch die Dunkelheit, vermochte indes die Gestalten am Ufer nicht mehr auszumachen.
Was würde Nola wohl sagen, wenn sie erfuhr, dass die Gesandten der Königin entflohene Verbrecher waren? Und was würden die englischen Soldaten tun? Würden sie endlich die Jagd aufgeben? Oder würden sie ihnen übers Wasser zu Kierans Land folgen?
Megan merkte, dass das Boot von einer Riesenwelle erfasst wurde und auf deren Kamm ritt. Plötzlich stürzte es in die Tiefe und fiel, bis die nächste Woge es wieder in die Höhe hob. In einem Anfall von Schwäche fiel Megan auf die Knie und kroch zum Schiffsbug, wo ein kleiner provisorischer Unterstand Schutz gegen das Unwetter bot. Darunter kauerte sie sich zusammen und wickelte sich in das warme Schafsfell.
Jedes Mal, wenn das Boot auf einer neuerlichen Welle ritt, stand Megan wieder ein Brechanfall bevor, doch es gelang ihr immer wieder, diese Übelkeit zu unterdrücken. Sie war fest entschlossen, gegen dieses schreckliche Gefühl anzugehen.
Nachdem sie eine knappe Stunde auf See gewesen waren, brach das Unwetter erst richtig los. Donner krachte mit ohrenbetäubender Gewalt, Blitze tanzten über das Wasser. Wind und Wogen warfen das Boot herum, als wäre es eine Nussschale.
Megan kauerte sich in einer Ecke zusammen. Die Übelkeit ließ sich nicht mehr unterdrücken. Schließlich warf sie das Schafsfell ab, stand auf und schwankte zur Bordwand, um sich dort zu übergeben.
„Nicht, Megan! “ Kieran ließ den Riemen fallen, um zu ihr zu eilen, doch der Sturm zerfetzte seine Worte. Während er zu Megan lief, sah er, wie sie sich über die Bordwand beugte. Im selben Moment klatschte eine Welle über den Bug und spülte Megan über Bord. Der Kapitän und Colin, die alles mit angesehen hatten, rannten zur Reling.
„Ein Seil! “ brüllte Kieran gegen den Sturm an. „Ich brauche ein Seil!“
Der Kapitän mühte sich mit einer Seilrolle ab, bis er endlich ein Ende davon frei hatte, das sich Kieran dann um die Taille band. Einen Augenblick stemmte er sich gegen den Wind und stürzte sich dann in die eisigen Fluten.
Kieran packte Megan und zog sich mit ihr an der Leine langsam bis dicht an das Boot heran. Megan sah, wie viel Kraft ihn der Kampf gegen die Naturgewalten kostete, doch obschon sein Gesicht schmerzverzerrt war, ließ er nicht nach in seinen Anstrengungen.
„Gleich hast du es geschafft, Kieran.“ Colins Stimme schallte über die tosende See.
Erneut blitzte es, und die beiden Männer auf dem Schiff waren kurz deutlich zu sehen. Sie waren dabei, die Leine einzuholen, welche die einzige Verbindung zu der Frau und dem Mann im Wasser darstellte.
Die Männer zogen zuerst Megan und dann Kieran am Seil hoch. Anschließend rief der Kapitän Colin zu: „An die Riemen! Ich werde die Ruderpinne bedienen.“ Und so gelang es ihnen, das Boot auf Kurs zu halten.
Kieran und Megan lagen in dem kleinen Unterstand am Bug des Schiffs und sogen tief die Luft ein. Als ihr Atmen wieder normal ging, kauerten sie sich unter dem Schafsfell zusammen, um sich zu wärmen.
Das Unwetter dauerte an, doch für wenige Momente vergaßen Megan und Kieran die eigenen Bedürfnisse, denn für sie zählte jetzt nur noch der andere.
„Was Ihr tatet, war sehr töricht.“ Man hörte Kierans Stimme die
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