Jenseits des Meeres
lauschte in die Dunkelheit und hatte Mühe, die Benommenheit abzuschütteln.
Da war es wieder - ein schleifendes Geräusch. Schritte? Vielleicht eine Dienstmagd, die sich draußen auf dem Gang bewegt, dachte sie und wollte sich schon umdrehen. Jetzt hörte sie es erneut, ein leises Rascheln. Doch irgendetwas daran veranlasste sie, sich ganz still zu verhalten: Das Geräusch kam nicht aus dem Gang vor ihrer Tür, sondern hier aus ihrem Zimmer. Jemand durchsuchte ihre Sachen!
Sogleich war Megan hellwach und versuchte, die Gestalt in der Finsternis auszumachen. Weshalb sollte jemand ihre Besitztümer durchsuchen? Sie besaß doch nichts Wertvolles.
Ein großer Mann schlich zu der kleinen Truhe neben dem Bett. Megan schlüpfte aus dem Bett und stellte sich dem Eindringling. „Wer bist du?“ schrie sie ihn an. „Und was hast du hier zu suchen?“
Der Mann erstarrte. Er hatte gedacht, sie schliefe, doch ihre
Stimme kam keineswegs vom Bett her. Die Frau stand ganz in seiner Nähe. Er fuhr zu ihr herum. In diesem Moment zog eine Wolke vor den Mond und tauchte sie beide in Finsternis.
Unwillkürlich griff Megan nach dem Dolch unter ihrem Gürtel. Bestürzt stellte sie indes fest, dass sich dort gar keine Klinge befand. Sie trug keine Waffe bei sich! Da hatte sie nun den Eindringling herausgefordert und war selbst hilflos. Allerdings entsprach es nicht ihrer Natur, einem Kampf auszuweichen.
„Antworte mir! Weshalb bist du hier?“
Der Mann schlug ihr heftig ins Gesicht. Betäubt fiel Megan auf die Knie und stieß einen Schmerzensschrei aus. Im schwachen Licht des Mondes, an dem die Wolke vorübergezogen war, sah sie ein Messer in seiner Hand aufblitzen und merkte, dass er sich verteidigen würde, falls sie ihn angriff.
Als der Mann sich aus dem Staub machen wollte, sprang sie auf. „Nein! “ schrie sie und stellte sich ihm in den Weg.
Seine Klinge fuhr durch die Luft und verfehlte Megan nur um Haaresbreite.
„Megan.“ Von der anderen Seite der Tür her hörte sie Kierans Stimme, doch bevor sie ihm etwas zuzurufen vermochte, schloss sich schon eine Hand über ihrem Mund und die Nase. Nun bekam sie keine Luft mehr. Sie wehrte sich, und als sie merkte, dass dem Mann die Kraft ausging, biss sie zu. Mit einem wütenden Aufschrei ließ er von ihr ab.
„Megan, die Tür ist versperrt. Ihr müsst sie öffnen! “ rief Kieran.
Megan schaute auf und sah gerade noch, wie der Eindringling über den Söller kletterte. Rasch lief sie herbei, um ihn noch am Arm zu erwischen.
Fluchend versetzte er ihr einen Stoß, so dass sie gegen die Mauer hinter ihr prallte. Mit einem Schmerzensschrei brach sie auf dem Boden zusammen.
Wie aus weiter Ferne hörte sie Holz splittern, als die Tür zwischen den beiden Räumen gewaltsam geöffnet wurde, doch Megan dachte nur an den Eindringling. Sie zog sich an der Brüstung hoch und blickte hinunter.
Der Fremde war inzwischen schon längst im Hof. Sie hörte zwar, dass er zu den Stallungen lief, konnte jedoch in der Dunkelheit seine Gestalt nicht ausmachen.
Erschöpft sank sie auf den Boden und hielt sich dabei an dem glatten Stein der Brüstung fest.
„Großer Gott, Megan, Ihr seid ja verletzt!“ Kieran ließ sich auf
die Knie fallen und betastete die blutende Wunde an ihrem Kopf. Es machte ihn wütend, dass Megan, die ja unter seinem Schutz stand, Schaden erlitten hatte.
„Es ist doch nichts.“ Benommen versuchte Megan, den Mann anzuschauen, der sich über sie beugte, doch dessen Bild verschwamm ihr vor den Augen. „Jemand war in meinem Gemach ..."
„Ja. Wer war das?“
„Ich weiß nicht. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen.“
„Hörtet Ihr seine Stimme?“
„Er sagte nichts. Nur einmal schrie er auf, als ich ihn ..."
„Ihr habt ihn gebissen, Megan?“ Trotz seines Zorns hätte Kieran fast gelacht.
„Gewiss, weil ich ja keine Waffe bei mir hatte.“ Sie fasste ihn am Arm. „Ihr müsst ihn unbedingt finden, Kieran! Er lief zu den Stallungen.“
„Nein, Megan. Erst einmal muss ich mich um Euch kümmern.“
„Dann entkommt er doch!“
„Still, Megan.“ Überaus zärtlich hob er sie hoch und trug sie zum Bett. Dort zündete er eine Kerze an und untersuchte Megans Verletzungen genauer.
„Ihr blutet, doch es scheint nichts Ernstes zu sein.“
„Mir geht es gut!“ Tränen der Enttäuschung stiegen ihr in die Augen. „Ihr müsst nach dem Eindringling schauen, Kieran. Ich muss wissen ..."
Sanft legte er ihr einen Finger auf die Lippen. „Megan, ich will
Weitere Kostenlose Bücher