Jenseits des Meeres
Sachen, nahm sie dann entschlossen hoch und legte sie auf eine kleine Truhe, wo sie sie hoffentlich nicht so oft sehen musste.
Lady Katherine kam mit Bridget an der Hand heran und nahm auf einer Polsterbank in der Nähe des Kamins Platz. „War es furchtbar?“ „Ja, gelegentlich schon. Doch wir haben ja überlebt.“ Mit einem schwachen Lächeln drehte sie sich zu ihrer Gastgeberin um. „Und nun danke ich Euch für Eure Gastfreundschaft, Mylady, bis ich wieder heimkehren kann.“
„Erinnert Ihr Euch denn an gar nichts mehr aus Eurem Vorleben, meine Liebe?“
„Nein.“
Innerlich aufgewühlt, ging Megan zum Kamin und wärmte sich davor. In den letzten Tagen hatte sie oft gedacht, ihr würde niemals wieder warm werden. Sie fröstelte. Sofort eilte Lady Katherine zu ihr und zog sie zu sich heran.
„Zwingt die Erinnerung nicht herbei, meine Liebe. Das Beste, was Ihr jetzt tun könnt, ist, Euch seelisch und körperlich zu erholen. Dann wird auch das Gedächtnis zurückkehren.“ Lächelnd umarmte sie Megan. „Möglicherweise wenn Ihr es am wenigsten erwartet.“
„Oh, ich bete so sehr darum, Mylady.“
Lady Katherine spürte Megans Verzweiflung, und das machte sie doch sehr betroffen. „Wir werden alle dafür beten, meine Liebe.“ Sie umarmte Megan herzlich und brachte Bridget zur Tür. „Doch nun müsst Ihr schlafen.“
„Gewiss, Mylady.“ Megan lächelte dem kleinen Mädchen zu, und Bridget lächelte schüchtern zurück. Während des ganzen langen Abends hatte die Kleine zwar Colin oft angelächelt, im Übrigen jedoch kaum ein Wort gesprochen.
Eine Dienerin eilte herbei, um Megan beim Auskleiden zu helfen, und wenig später hatte diese statt ihres Gewands ein zartes Nachtkleid aus elfenbeinfarbenem Leinen an. Nachdem ihr Haar gelöst und ausgebürstet war, half die Dienerin Megan ins Bett.
Megan zog die Decke bis zum Kinn hoch und seufzte glückselig. Es schien ihr schon Ewigkeiten her zu sein, seit sie sich zuletzt so wohl gefühlt hatte. Sie schlummerte sofort ein.
Die Fenster waren geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Auf dem Tisch vor dem Kamin standen eine lederne Flasche und zwei Kelche. Sir Cecil Kettering und sein Sohn James saßen sich gegenüber. Beide zeigten den gleichen verärgerten Gesichtsausdruck.
„Unser Vorhaben ist fehlgeschlagen.“
„Das stimmt, doch wir sind schon zu weit vorangekommen, um uns jetzt noch geschlagen zu geben.“
„Hast du einen neuen Plan?“
„Jawohl.“ Die Augen des Älteren glitzerten im Feuerschein. „Ich habe ihn zwar noch nicht ganz durchdacht, doch diese Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen.“ Er trank von seinem Bier. „Die Schottin könnte der Schlüssel sein. Wir müssen mehr über sie herausfinden.“
„Und wie? Diese Frau ist ein Rätsel.“
Sein Vater lächelte böse. „Rätsel zu lösen hat mir schon immer Spaß gemacht. Dies ist nur eine weitere Hürde auf unserem Weg zum endgültigen Sieg.“
„Du glaubst noch immer, wir könnten gewinnen?“
Sir Cecil leerte seinen Humpen und schritt durch den Raum. An der Tür drehte er sich um. „Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Doch wir müssen rasch handeln, ehe die Frau ihr Gedächtnis wiedererlangt. Bring du mir nur ihren Namen, und überlasse alles andere mir.“
Nachdem Sir Cecil gegangen war, schaute James noch eine Weile nachdenklich ins Feuer. Als derjenige eintrat, auf den er gewartet hatte, drehte er sich zu ihm um. Da der Blick des Mannes sofort zum Bierfass wanderte, schenkte James ihm ein und reichte ihm den Humpen. Der Mann trank ihn in wenigen Schlucken leer und stellt ihn auf den Tisch zurück. Erneut füllte James den Krug und reichte ihn dem Besucher.
„Es ist unerlässlich, dass wir die Identität der Frau herausfinden“, erklärte James, nachdem der Mann genug getrunken hatte.
„Wo soll ich beginnen?“
James zuckte die Schultern. „Treib irgendetwas von ihr auf, das mit ihrer Vergangenheit in Verbindung steht.“
„Gleich?“
„Heute Nacht. Du weißt doch, wie man ein Gemach durchsucht, ohne dass die Bewohner etwas davon merken?“
„Gewiss. Zu meiner Zeit hatte ich auch Gelegenheit, mich mit einigen Schurken und Dieben zu befassen, und von denen schulden mir mehrere einen Dienst.“
„Dann ist es jetzt an der Zeit, deine Schulden einzutreiben. Stell Nachforschungen an. Bring uns den Namen der Frau. Den Rest erledigen wir.“
Megan erwachte aus tiefstem Schlummer. Irgendetwas, vielleicht ein Geräusch, hatte sie geweckt. Sie
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