Jenseits des Meeres
heraus und bedauerte sogleich seine Frage. An diesem Tag konnte Megan gewiss keinen Hinweis auf das Vergessene gebrauchen.
„Ich darf nicht vergessen, Cara zu danken“, meinte er mit einem Seitenblick. „Ihr stellt ja alle anderen Frauen in den Schatten.“
Es freute ihn, dass ihre Wangen bei seiner Bemerkung noch mehr Farbe bekamen.
Bridget entdeckte eine Gruppe spielender Kinder und erkundigte sich bei Megan, ob sie sich zu ihnen gesellen dürfe. Kaum hatte
Megan diese Frage bejaht, rannte das Kind auch schon davon.
Die beiden Männer in der Menschenmenge beobachteten Megan unausgesetzt.
James Kettering stieß einen üblen Fluch aus. „Ist sie das?“ fragte er leise.
„Jawohl.“ Malcolm MacAlpin starrte auf die Frau, die ihm den Posten als zweiter Befehlshaber verweigert hatte.
„Seid Ihr Euch ganz sicher?“
„Es besteht überhaupt kein Zweifel. Ihr verhasstes Bild hat sich in meine Seele eingebrannt.“
Malcolms zorniger Ton überraschte James. „Dann würdet Ihr also auch nicht davor zurückschrecken, ihr eine Lektion zu erteilen?“ „Ich würde es sogar genießen.“
Ein böses Lächeln umspielte James’ Lippen. „Das wird ja noch besser als erhofft. Wir berauben Kieran nicht nur aller Besitzungen, sondern wenn wir ihn dieses Mal nach Fleet zurückbringen, werden wir die Frau benutzen, um ihm noch größere Qualen zu bereiten.“ Er schaute kurz bewundernd zu der schönen Dame neben Kieran hin. „O’Mara wird nicht der Einzige sein, der den Nektar dieser Blume genießt.“
Beide Männer warfen den Kopf zurück und lachten. Als sie merkten, wie entsetzt die Dörfler sie anstarrten, machten sie kehrt und gingen eilig davon.
„Kieran.“ Tavis Downey schritt auf Megan und Kieran zu. Er legte Kieran die Hand auf die Schulter. „Einige Dorfburschen haben uns zu einer Prügelei herausgefordert. Conor und ich brauchen dich an unserer Seite.“
„Wieso kommst du immer zu mir, wenn es einen Kampf geben soll?“
Tavis lachte. „Weil es mir lieber ist, wenn du die Schläge einsteckst und nicht ich.“
„Nun gut, dann wollen wir sie einmal ordentlich verprügeln.“ Tavis zögerte noch. „Und was ist mit deiner Begleiterin?“
„Ich würde gern zusehen“, erklärte Megan.
Das schien Tavis zu verblüffen. „Es wäre unschicklich, Mylady.“ Kieran lachte laut. „Wann glaubst du mir endlich, alter Freund? Diese Frau ist anders als die anderen. Obwohl ich bezweifle, dass sie selbst tatsächlich mitmachen würde, wäre sie doch in der Lage, jedem Mann dort eine saftige Abreibung zu verpassen.“
„Dann kommt nur mit, junge Dame!“ rief Tavis Megan zu. Sein
Gesicht war beinahe so rot wie sein Haar. „Wir brauchen jemanden, der uns aufheitert, doch tut das aus der Ferne, ja? Ich habe es nicht so gern, wenn eine Frau meine Schlachten schlägt.“
Zwischen Tavis und Kieran schritt Megan davon.
Colin ging hinter den schwarz gekleideten Gestalten her. Bischof Seamus O’Mara hatte die Führung übernommen und hob segnend die Hand, als die zahlreichen Leute eine Gasse für die Kirchenmänner bildeten. Die Frauen beugten sich nieder und bekreuzigten sich, und die Männer hoben ihre Kinder hoch, auf dass diese ebenfalls gesegnet wurden.
Der Bischof war guter Dinge, denn er genoss nichts mehr als ein stundenlanges Bad in der Menge, weil er sich dann immer wie einer von ihnen fühlte. Wobei ihm natürlich das Wissen half, dass er morgen wieder sein stilles Leben der Gebete und Meditationen in der Gesellschaft studierter Männer aufnehmen konnte.
Er seufzte. Diese wenigen Tage auf Kastell O’Mara hatten ihm wieder vor Augen geführt, wie weit er sich schon von diesem Leben hier entfernt hatte. Wie fremd war ihm doch der Gestank von Rinderdung, Kindergeschrei und das Gerede von Krieg.
Obgleich er mit alldem aufgewachsen war, merkte er jetzt umso deutlicher, wie sehr er den Geruch von Weihrauch, den Kirchengesang und die ruhigen Debatten unter Geistlichen vorzog, die bei Hofe zusammenkamen, um über die Möglichkeit zu diskutieren, wie ein Krieg zu vermeiden sei.
Der Hof der englischen Königin. Etwas nagte an der Seele des Bischofs. Während seines letzten Treffens mit den Botschaftern der Königin im Zuge der Friedensgespräche wurden seine Landsleute noch immer wegen angeblicher Verbrechen eingekerkert, damit ihr Landbesitz konfisziert werden konnte. Zwar wusste er, dass seine Worte sehr oft auf taube Ohren stießen, doch als Mann Gottes durfte er den Versuch niemals aufgeben,
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