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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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runter auf den Platz«, rief ich Ruth über den Lärm hinweg zu.
    »Was? Da willst du dich durchquetschen?«, rief sie ungläubig zurück. In den Sitzreihen und auf den Treppen drängten sich die Zuschauer.
    »Ich will zu Michael!«
    »Warum wartest du nicht wie eine brave Freundin, bis er aus der Kabine kommt?«, neckte sie mich.
    Ich schüttelte den Kopf. Ich konnte nicht warten. Ich musste ihn auf der Stelle in den Arm nehmen und ihm sagen, wie stolz ich auf ihn war. Vielleicht wäre das zumindest eine kleine Wiedergutmachung dafür, dass ich insgeheim an ihm gezweifelt hatte. Hoffentlich. Wie dem auch sei, Ruth wusste, dass es keinen Sinn hatte, mich von meinem Vorhaben abbringen zu wollen, also zuckte sie bloß mit den Schultern, und ich stürzte mich ins Getümmel.
    Es sah schlimmer aus, als es war. Ich hatte mich ziemlich schnell bis nach unten zum Kabinendurchgang vorgekämpft. Coach Samuel, weithin erkennbar an Tillinghast-Basecap und Sonnenbrille, wurde von ein paar Lokalreportern interviewt. Die meisten Spieler waren noch in der Nähe – genau wie Michael, der ein kleines Stück abseits von seinen Teamkameraden stand.
    Aber er war nicht allein. Drei zum Speien hübsche Elftklässlerinnen, unter ihnen Mitsy, hatten sich um ihn geschart. Eins der Mädchen kiekste schrill über eine Bemerkung, die er gemacht hatte, während ein anderes seine Krallen in Michaels Bizeps grub. Er lachte mit ihnen und genoss es sichtlich, dass sie mit ihm flirteten.
    Wie vom Donner gerührt blieb ich stehen. Bei dem Anblick, wie er so dastand und sich anhimmeln ließ, verknotete sich mein Magen. Ausgerechnet Mitsy, diese blonde Schlange, die mit ihren Schandtaten schon so viele ins Unglück gestürzt hatte! Mit einem Mal war ich wieder die alte, tollpatschige Ellie, die ich gewesen war, bevor ich Michael kennengelernt hatte. Mechanisch drehte ich mich um und marschierte über den Platz davon.
    Ich hatte es fast bis zum Tribüneneingang auf der anderen Seite geschafft, als mich jemand am Arm fasste.
    »Ellie, wo willst du denn hin?«
    Es war Michael.
    Ich lief stur weiter. »Ich hatte keine Lust, mir anzusehen, wie sich irgendwelche Tussis dem Footballstar Michael Chase zu Füßen werfen!«
    Michael drehte mich zu sich herum. Seine blonden Haare waren dunkel vor Schweiß, und seine Augen leuchteten durch die schwarzen Streifen auf seinen Wangen noch grüner als sonst. Er wirkte ehrlich erstaunt.
    »Na, Mitsy und ihre kleinen Freundinnen eben. Die sich an dich rangemacht haben!«, half ich ihm auf die Sprünge, da er es von selbst ja nicht zu begreifen schien.
    »Die? Die sind mir doch völlig egal, das weißt du ganz genau.«
    »Dafür hast du dich mit ihnen aber köstlich amüsiert.«
    O Gott. Kann man sich einen peinlicheren Auftritt vorstellen? Ich wusste, dass es absurd war, mir wegen einer solchen Kleinigkeit Sorgen zu machen, wenn gleichzeitig die Welt auf ihren Untergang zusteuerte. Aber der Umstand, dass meine Reaktion vollkommen lächerlich war, half leider kein bisschen, meine Unsicherheit und Eifersucht zu mildern.
    »Ellie, ich kann ihnen ja schlecht verbieten, mit mir zu flirten. Aber das bedeutet mir doch überhaupt nichts.« Er fing meinen Blick ein und hielt ihn fest. »Du weißt, dass ich nur dich liebe. Oder?«
    Ich schaute in sein ernstes Gesicht und nickte. Michael hatte recht. Natürlich. Ich projizierte bloß all meine Selbstzweifel wegen der Sache mit der Auserwählten auf ihn.
    Ich ließ mich von ihm in die Arme ziehen und ergab mich dem Trost, den sie mir spendeten.

Zehn

    I n der darauffolgenden Nacht waren Michaels Arme nicht da, um mich zu trösten oder mich vor den Schrecken der Dunkelheit zu beschützen. Manchen Dingen musste ich mich ganz allein stellen.
    Wie zum Beispiel dem Traum.
    Ich stand in einem dunklen höhlenartigen Raum. Auf den gekachelten Wänden lag ein dünner Film von Nässe, die Luft roch feucht und stockig. Im Hintergrund hörte ich ein langsames, regelmäßiges Tropfen. Wie es schien, befand ich mich unter der Erde.
    Ich war nicht allein. Vor mir kniete ein Mann, den ich nicht kannte.
    Er war schön, wenngleich auf eine harte, etwas martialische Art. Seine gewellten Haare waren pechschwarz, und obwohl in ihnen keine einzige graue Strähne zu sehen war, hatte ich das Gefühl, dass er schon sehr alt sein musste. Wie alt genau, war unmöglich zu sagen, weil er den Blick zu Boden gerichtet hatte.
    »Gnade, Ellspeth. Ich flehe dich um Gnade an«, sagte er, allerdings klang seine Stimme

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