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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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angewurzelt.
    »Bitte hör mir zu, Ellspeth. Ich bin Kael. Ich weiß, dass du Angst hast, aber von mir hast du nichts zu befürchten. Die Gefallenen sind nicht die bösartigen Kreaturen, für die du sie hältst. Im Gegenteil: Mit dir an unserer Seite könnten wir so viel zum Wohle der Menschen verändern. Wir könnten ihnen so viel unnötiges Elend ersparen – Krankheiten, Hunger –, genau die Leiden, die du bei den Opfern des Erdbebens zu lindern versuchst. Wir haben so lange auf dich gewartet.«
    Er schwieg kurz. Ich begann erneut, vor ihm zurückzuweichen, blieb aber abrupt stehen, als er zu sprechen fortfuhr. Seine Engelskräfte waren zu stark.
    »Viele, viele Jahrhunderte lang – Jahrtausende gar – haben wir versucht, die Erfüllung der Prophezeiung zu beschleunigen, die uns die Rückkehr der Nephilim verhieß. Trotz Seines ausdrücklichen Verbots haben wir versucht, jemanden wie dich zu schaffen, unser geliebtes Kind. Ewigkeiten lang, so schien es, haben wir unter den menschlichen Neugeborenen Ausschau gehalten, in der verzweifelten Hoffnung, dass einer von uns Erfolg gehabt haben möge. Wieder und wieder wurden wir enttäuscht, und die Hoffnung hatte uns schon fast verlassen. Doch dann kamst du. Wir spürten, wie deine wunderbaren Kräfte in dir zu wachsen begannen – die Fähigkeit zu fliegen, die Visionen, die Macht des Blutes. Doch diejenigen, die sich deine Eltern nennen, haben dich gut vor uns verborgen. So gut, dass wir jahrelang vergeblich nach dir suchten. Erst dein treuer Freund Michael, den das gemeinsame Blut mit meinem hingetretenen Bruder Ezekiel verband, konnte uns zu dir führen.«
    Kael hielt inne. Es schien, als wäre er am Höhepunkt seines Appells angelangt. Ich war ganz in seinen Bann geschlagen und konnte nichts tun, als ihm willenlos zuzuhören.
    »Ellspeth, wir haben auf dich gewartet, damit wir – Gefallene und Nephilim gleichermaßen – unseren rechtmäßigen Platz auf der Erde und im Himmel wieder einnehmen können. Um endlich die uns zugedachte Aufgabe als gütige Herrscher der Menschheit zu erfüllen.« Erneut strich er mir über die Wange. »Komm, mein Kind. Du bist eine der unsrigen. Gib die Menschheit nicht der Verzweiflung anheim, zu der ihre eigene Unfähigkeit sie verdammt. Dem Leid, das sie ohne uns mit Gewissheit erwartet.«
    Seine Stimme, seine Berührung und seine überirdische Schönheit wirkten auf mich wie ein Zauber. Das Mitgefühl in seinen Worten berührte mein Herz. Statt mich gegen ihn zu wehren, ertappte ich mich dabei, wie ich ihm aufmerksam zuhörte und ihm allmählich, ganz allmählich zu glauben begann. Es klang so verlockend, an der Seite mächtiger Wesen zu stehen und die Menschheit von Schmerz und Leiden zu befreien. Obwohl ein kleiner Teil tief in mir drin ganz genau wusste, dass es zu seiner Masche gehörte, an meinen Sinn für Menschlichkeit zu appellieren.
    Kael streckte die Hand nach mir aus. Auch ich hob die Hand, um seine zu ergreifen.
    In dem Moment, als meine Finger seine streiften, spürte ich plötzlich einen Windstoß über mir. Das brach den Bann. Instinktiv duckte ich mich, und Kael stand mit leeren Händen da. Bis etwas auf ihn niederstieß und ihn in die Luft riss.
    Ich blieb nicht, um zu sehen, wer sich Kael geschnappt hatte oder was aus ihm geworden war, sondern sprintete die Straße entlang auf mein Auto zu. Den Bruchteil einer Sekunde war ich unentschlossen, ob ich nach Hause fahren oder fliegen sollte. Mit dem Auto war ich womöglich zu langsam, aber ich wollte auf keinen Fall in der Luft auf einen weiteren Gefallenen treffen. Während ich meine Tasche hastig nach den Autoschlüsseln durchwühlte, hörte ich, wie über meinem Kopf ein fürchterlicher Kampf entbrannte.
    Ich sah nach oben. Ich hörte gellende, unnatürliche Schreie und das Aufeinanderprallen von Körpern, aber es war unmöglich zu erkennen, mit wem Kael da kämpfte. Also wandte ich mich wieder wichtigeren Dingen zu, sprich: der Suche nach meinem Schlüssel, damit ich endlich den Wagen aufschließen und das Weite suchen konnte.
    Endlich, endlich ertastete ich den Schlüsselbund, riss ihn aus der Tasche und schloss die Fahrertür auf. Im selben Moment wurde es über mir still. Als ich mich hinters Steuer schwang, sah ich noch ein letztes Mal hinauf in den Himmel. Niemand war zu sehen. Wo waren Kael und sein Widersacher geblieben? Aber was kümmerte ich mich überhaupt darum? Dies war meine Gelegenheit zur Flucht.
    Ich wollte gerade die Tür zuziehen, als ich eine

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