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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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übertrieben, ihn deswegen gleich zu töten.
    »Nein, Ellspeth. Aber er wird dich nicht mehr belästigen. Dafür habe ich gesorgt.«
    Bevor ich Rafe fragen konnte, was genau er damit meinte, kam mir ein sehr, sehr beunruhigender Gedanke. »Moment mal – woher weiß ich, dass du nicht doch ein Gefallener bist?«
    Rafe oder Raphael – ich wusste nicht recht, wie ich ihn nennen sollte – streckte mir seinen Arm hin. »Es gibt nur einen Weg, dich dessen zu vergewissern.«
    »Dein Blut?«
    »Ja.« Er sagte es ganz beiläufig.
    »Engel haben Blut?«
    Er lächelte. »Sind wir nicht alle nach Seinem Ebenbild erschaffen?«
    »Du willst, dass ich dein Blut trinke.« Ich konnte es kaum glauben.
    »Nur in meinem Blut kannst du sehen, wer ich wirklich bin.«
    »Ich weiß nicht. Ich hatte schon einige Visionen von dir, und in denen kamst du ziemlich normal rüber. Vielleicht kannst du dein Blut ja auch manipulieren.«
    »Das ist unmöglich, Ellspeth. Ich bin sicher, das weißt du.«
    Abwägend betrachtete ich seinen muskulösen Unterarm. Was er sagte, klang plausibel. Blut war Blut, wie hätte man etwas hineintüfteln sollen, was nicht drin war? Blut log nicht.
    Bei der bloßen Vorstellung, sein Blut zu kosten, lief mir ein Schauer über den Rücken. Was, wenn er doch ein Gefallener war? Vielleicht würde er in irgendeiner Weise Macht über mich erlangen, sobald ich sein Blut in meinem Körper hatte. Nein, es gab einfach zu viele Unsicherheitsfaktoren, außerdem hatte ich noch nie jemand anderen außer Michael gebissen. Das wäre ja, als würde ich Michael betrügen.
    Trotzdem musste ich es tun. Wie sonst sollte ich mich vergewissern, dass Rafe ein richtiger Engel war und kein Gefallener?
    Ich nahm seinen Arm in beide Hände, schloss die Augen und berührte seine Haut mit den Lippen. Ich bleckte die Zähne und war drauf und dran zuzubeißen, aber ich konnte nicht. Das war einfach nicht in Ordnung.
    »Nur zu, Ellspeth«, ermutigte er mich sanft. »Es ist schon gut.«
    Entschlossen schob ich meine Ängste beiseite. Meine Zähne gruben sich in seinen Arm, und etwas Warmes füllte meinen Mund. Sein Blut schmeckte anders als alles, was ich je zuvor gekostet hatte. Und das Gefühl, das es in mir auslöste, war unbeschreiblich. Mit einem Mal wurden mein Körper, mein Geist und meine Seele von Licht und Wärme durchflutet. Eine sanfte Ruhe breitete sich in mir aus. Es war, als hätte ich mich auf das weichste Federbett fallen lassen, das man sich vorstellen konnte, und wäre dann in einen tiefen, köstlichen Schlaf gesunken. Ein Schlaf, aus dem ich nie, nie mehr aufwachen wollte. Ich wusste ohne jeden Zweifel, dass das, was ich da gerade erlebte, göttlicher Frieden war.
    »Glaubst du mir jetzt?«
    »Ja«, antwortete ich benommen, als wäre ich gerade aus einem Traum aufgewacht. Das himmlische Gefühl schwang noch in mir nach.
    »Gut.«
    »Obwohl dein Blut mir nicht verraten hat, weshalb du hier bist.«
    »Er hat mich hierhergeschickt.«
    »Er?«
    »Der Herr, Gott, Jahwe, der Schöpfer – wie auch immer du Ihn nennen willst.« Ein verschmitztes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Trotz seiner Übersinnlichkeit hatte er immer noch diese leicht verwegene Art an sich, die mir schon bei unserer ersten Begegnung in der Sporthalle aufgefallen war und die mir so gut an ihm gefallen hatte.
    Als ich nichts erwiderte, fuhr er fort. »Zugegebenermaßen ist es ziemlich schwer, den richtigen Namen für Ihn zu finden, bis man Ihm persönlich gegenübersteht. Ich kann nachvollziehen, warum die Menschheit sich damit schwergetan hat. Er ist ganz anders, als man Ihn sich gemeinhin vorstellt.«
    »Was machst du denn für Ihn?«
    »Ich trage Sorge für die Erde und die Seelen der Menschen.«
    »Indem du Spendenpartys organisierst?«, platzte ich heraus, und schlug mir gleich darauf die Hand vor den Mund. Ich hatte vergessen, dass ich mit einem Engel sprach.
    Rafe schien mir die Frage nicht übelzunehmen. Im Gegenteil, er schien sie sogar ziemlich komisch zu finden. Aber dann wurde sein Gesicht wieder ernst, und als er antwortete, war jede Spur von Humor aus seiner Stimme verschwunden. Offenbar war ihm die Angelegenheit sehr wichtig. »Indem ich dir begreiflich mache, wie wichtig deine Rolle als Auserwählte ist.«
    »Du bist meinetwegen auf die Erde gekommen?«
    »Ja, Ellspeth. Ich wache seit dem Tag deiner Geburt über dich und habe lange gewartet, ob du deiner Aufgabe gerecht werden würdest. Deswegen fällt es mir wohl auch so schwer, dich mit einem

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