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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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Faneuil. Diejenige, die hier Hilfe braucht, sind Sie.«
    »Sehen Sie mich an, Eleanor. Sie müssen George vergessen und noch mal ganz von vorn anfangen. Er wird niemals zu Ihnen zurückkommen. Das alles liegt Jahrzehnte zurück. Sie können sich ein neues Leben aufbauen, wenn Sie nur wollen .«
    Es war so still, dass ich die anderen atmen hören konnte. Alle starrten uns wie gebannt an, allerdings war ich ziemlich sicher, dass sie vom Inhalt unseres Gesprächs nichts mitbekommen hatten.
    »Woher wissen Sie davon?«, fragte sie mit rauer Stimme. Die Tränen liefen ihr die Wangen herab.
    »Ich habe es in Ihrer Seele gesehen.«
    Daraufhin ließ Eleanor Taunton den Kopf hängen und ging ohne ein weiteres Wort aus der Klasse.

Siebenunddreißig

    S o viel zu meinem Versuch, ganz normal zu tun. Die Nachricht über meine Konfrontation mit Miss Taunton verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Schule. Niemand wusste, was ich zu ihr gesagt hatte, aber die anderen aus dem Englischkurs hatten deutlich ihre Tränen gesehen, als sie aus dem Klassenzimmer geflohen war. Nach Ende der zweiten Stunde hatten es alle gehört. Sie wussten nicht recht, was sie von mir halten sollten, aber dass ich die meistgehasste Lehrkraft der Schule in die Knie gezwungen hatte, gefiel ihnen.
    Dass meine Mitschüler mir jetzt plötzlich wieder mit mehr Wohlwollen begegneten, machte mir die ganze Sache nur noch schwerer. Ich sah ihnen dabei zu, wie sie im Unterricht mitschrieben, auf den Gängen quatschten und lachten oder sich beim Mittagessen mit Freunden einen Keks teilten, und die ganze Zeit über musste ich daran denken, dass dies vielleicht der letzte Tag war, an dem sie so etwas taten. Dass morgen vielleicht niemand von uns mehr hier sein würde. Die ganzen Banalitäten des Alltags, die mir nach meiner Rückkehr aus Boston so auf die Nerven gegangen waren, kamen mir auf einmal liebenswert vor – kostbare Momente, die es um jeden Preis zu erhalten galt.
    Mir wurde das alles zu viel. Nach der letzten Stunde war ich ein Wrack. Ursprünglich hatte ich in der Bibliothek auf Ruth warten wollen, die beim Jahrbuchtreffen war, bevor wir zusammen zu Michaels Footballspiel gingen. Heute spielten sie um die State-Meisterschaft. Aber die Bibliothek voller flirtender Pärchen und lesender Schüler war das reinste Minenfeld der Emotionen, das ich in meinem momentanen Gemütszustand auf keinen Fall betreten durfte. Um die anderen zu retten, musste ich hart und entschlossen sein und durfte mir keine Gefühlsduselei erlauben. Ich brauchte Ruhe. Ruths Protesten zum Trotz floh ich hinaus auf den Parkplatz. Eine Dreiviertelstunde allein im Wagen meiner Eltern, um mich zu sammeln – das war für alle das Beste.
    Allmählich wurde es dunkel, und die Luft war kühl. Die Wolken hingen tief und schwer am Himmel, wahrscheinlich würde es bald schneien. Ich verkroch mich bibbernd tiefer in meine Jacke und ließ den Blick über das Schulgelände schweifen. Um diese Tageszeit war der Parkplatz voller Autos, aber kein einziger Schüler war zu sehen. Sie waren alle drinnen und schlugen dort die Zeit bis zu Spielbeginn tot.
    Ich fühlte mich allein und schutzlos, als ich über den Parkplatz lief, und beeilte mich, zum Wagen zu kommen. Ich schloss die Fahrertür auf und verriegelte sie gleich wieder, sobald ich drinnen saß. Ich fummelte am Regler für die Heizung herum. Langsam wurde es warm, und ich atmete tief ein und aus. In der Stille kamen mir ungebetene Gedanken an Michael in den Kopf, die ich energisch beiseiteschob. Ich musste mich auf das Wesentliche konzentrieren. Im Geiste ging ich noch mal einige von Rafes Lektionen durch.
    Ich wollte gerade zu einem Gebet ansetzen – es war das allererste Mal für mich –, als das Fenster auf der Fahrerseite erzitterte. Ich fuhr zusammen und zog reflexartig das Messer aus meiner Tasche. Dann sah ich draußen das Gesicht eines Mädchens. Offenbar hatte sie an die Scheibe geklopft.
    Sie war blond, trug eine runde Brille, einen zerfledderten alten Rucksack und sah ein bisschen streberhaft aus. Während ich sie musterte, fiel mir auf, dass der Parkplatz sich allmählich mit Fans von außerhalb zu füllen begann. Wahrscheinlich war sie von der gegnerischen Highschool und fand den Weg zum Stadion nicht.
    Ich ließ die Scheibe ein kleines Stück herunter, und sie beugte sich zu mir herunter. »Ich wollte nicht stören, aber … weißt du zufällig, wo das Fußballfeld ist? Ich habe schon überall gesucht, aber irgendwie kann ich es

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