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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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nicht finden.«
    Auf dem Fußballplatz fand vor dem Spiel die Aufwärmveranstaltung statt, was auch erklärte, warum viele Zuschauer schon so früh kamen. »Klar. Wenn du um die Turnhalle rumgehst, kommst du direkt darauf zu.«
    Sie sah mit zusammengekniffenen Augen zum Schulgebäude hinüber, dann fragte sie: »Und welches ist die Turnhalle?«
    Ich steckte die Hand durch den Fensterspalt, um sie ihr zu zeigen. »Da drüben, das –«
    Das Mädchen packte meine Hand und zog meinen Arm mit aller Kraft durch den Spalt. Sobald ich bewegungsunfähig war, schob sie ihre Hand hindurch und öffnete die Tür von innen. Mit schier übermenschlicher Kraft riss sie mich vom Sitz und zerrte mich aus dem Wagen.
    Sie grinste mir provozierend ins Gesicht, musterte mich von oben bis unten und sagte: »Hallo, Ellspeth Faneuil. Es freut mich so, dich endlich kennenzulernen.«
    »Wer zum Geier bist du denn?«
    »Lassen wir doch die Spielchen, Ellspeth. Ich glaube, du weißt genau, wer ich bin. Mein Name ist Rumiel, und wir werden sehr gute Freundinnen werden.«
    Rafe hatte sich geirrt, als er gesagt hatte, ich würde die Gefallenen sofort erkennen. Wieder einmal.

Achtunddreißig

    N och während ich sie anstarrte, veränderte sich ihr Gesicht unmerklich. Die Verwandlung war so minimal, dass sie einem Außenstehenden gar nicht aufgefallen wäre. Das blonde Haar und die hellbraunen Augen blieben dieselben, aber die Unschuld verschwand aus ihren Zügen ebenso wie die Illusion von Jugend. Jetzt sah ich ihr wahres gefallenes Selbst.
    Diesmal würde ich nicht das ahnungslose Opfer spielen. Ich würde nicht einmal so tun, als ob, wie bei Barakel. Ohne darüber nachzudenken, dass mich vielleicht jemand sehen konnte, riss ich mich von ihr los und schwang mich in die Luft.
    Die kurze Auszeit im Wagen hatte ungemein gutgetan. Sie hatte mir die geistige Klarheit zurückgebracht, die ich brauchte, um den Himmel zu studieren und mir einen Plan zurechtzulegen. Ich spürte den Wind auf meiner Haut und beschleunigte, indem ich meinen Körper den Luftströmungen anpasste. Dann nahm ich die Wolken in Augenschein. Sie gaben eine ausgezeichnete Deckung ab. Rumiel würde mir nicht so leicht folgen können.
    Schon nach wenigen Minuten stellte sich allerdings heraus, dass Rumiel ohnehin Schwierigkeiten hatte, mit mir mitzuhalten. Ob sie nach all den fetten Jahrtausenden, in denen sie ohne nennenswerten Widerstand auf der Welt ihr Unwesen getrieben hatte, einfach keine Kondition mehr hatte oder ob Rafe wirklich ein so guter Lehrer gewesen war, wusste ich nicht, und ehrlich gesagt, interessierte es mich auch nicht. Ich war einfach nur froh. Dass sie langsamer war als ich, konnte mir nur nützen.
    Ich schraubte mich senkrecht in die Höhe, bis ich merkte, dass sie immer weiter zurückfiel. Dann suchte ich mir eine besonders dichte Wolke aus, die voller Schnee war. Hinter ihr legte ich mich mit gezücktem Messer auf die Lauer.
    Als Rumiel nah genug herangekommen war, stieß ich auf sie nieder und schlitzte ihr den Arm mit dem Messer auf.
    Rumiel sah mich an, Entsetzen in den Augen. Auserwählte hin oder her – sie konnte nicht fassen, dass ich sie ausgetrickst hatte. Doch dann wurde ihr schlagartig noch etwas anderes klar – etwas, das die Art meines Angriffs ihr verraten hatte: Ich wusste, wie ich sie töten konnte.
    Sie floh.
    Ich hätte sie spielend leicht einholen können. Es war unfassbar, aber ich schien mich schneller und sicherer in der Luft zu bewegen als sie. Meine Strategie allerdings sah nicht vor, sie gleich zu fangen. Stattdessen wollte ich abwarten, bis sie sich müde geflogen hatte, damit ich keinerlei Probleme haben würde, an ihr Blut zu kommen und ihr den Todesstoß zu versetzen. Ich hatte beschlossen, diesmal ganz auf Nummer sicher zu gehen.
    Daher blieb ich Rumiel auf den Fersen, hielt aber einen gewissen Abstand zu ihr, als sie in den Nebel eintauchte, der sich vom Meer her über das Land wälzte. Ich wartete ab und beobachtete, wo sie landen würde.
    Irgendwann kam Spaulding in Sicht, die kleine, ländliche Nachbargemeinde von Tillinghast. Rumiel flog so zielstrebig darauf zu, dass ich mich fragte, ob sie dort etwa einen sicheren Zufluchtsort hatte, wo sie sich verstecken und ihre Wunde versorgen konnte. Nicht dass ich ihr dazu Gelegenheit geben würde.
    Obwohl alles in mir darauf drängte, einfach anzugreifen und ihr den Garaus zu machen, wartete ich noch ab. Ich hielt mich im Nebel verborgen, bis sie auf einem Feld zur Landung

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