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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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ansetzte. Neben dem Feld stand eine alte rote Scheune. Wie es aussah, war diese ihr Ziel.
    Rumiel rannte die letzten paar Meter zu Fuß und warf sich gegen das Scheunentor. Ich wartete, bis das Tor aufflog und innen gegen die Scheunenwand krachte, erst dann verließ ich meine Deckung und flog hinterher. Ohne mich in der Scheune umzusehen, packte ich sie beim Arm und drückte zu. Sie schrie auf vor Schmerz. Ich sah auf meine Handfläche herab, die blutverschmiert war. Ich überwand meinen Ekel und leckte sie ab. Der bittere, metallische Geschmack ihres Blutes ließ mich erschauern.
    Zu meinem Erstaunen fing Rumiel schallend an zu lachen. Im Ernst: Sie lachte, während ich mir ihr Blut von der Hand leckte.
    »Dich hierherzulocken war das Risiko wert, dich mein Blut trinken zu lassen.« Mit einer ausladenden Geste ihres Arms deutete sie in die Scheune hinein.
    Was war so besonders an dieser Scheune, dass sie ihre Unverwundbarkeit geopfert hatte, um mich herzulocken? Hastig blickte ich mich um – und erstarrte. Dort hinten, mitten zwischen Heuballen, Kühen, Ziegen und landwirtschaftlichen Geräten, saßen meine Eltern gefesselt und geknebelt am Boden.
    Ich war in eine Falle getappt.
    Als ich zu ihnen stürzte, hörte ich Rumiel mir hinterherrufen: »Wie du weißt, Ellspeth, ist es mein einzigartiges Vergnügen, das fünfte Siegel öffnen zu dürfen – die Verfolgung der Gläubigen. Und ich habe mich gefragt: Was wäre besser dazu geeignet, die süße, kleine Ellspeth von meinen Ansichten zu überzeugen, als ihr eine Kostprobe meines Könnens zu geben – an ihren Lieblingsgläubigen? Zuerst habe ich an deine kleine Freundin Ruth gedacht, aber letztlich schienen mir Daniel und Hananel die ungleich bessere Wahl.«
    Während Rumiel weiter vor sich hin lachte, befreite ich meine Eltern von den Knebeln und löste die Fesseln um ihre Hand- und Fußgelenke. »Ist alles in Ordnung mit euch?«
    »Uns geht es gut, Ellie. Kümmere dich um Rumiel, nicht um uns«, antwortete meine Mutter hastig, während sie und mein Dad sich die tauben Glieder rieben.
    »Was ist mit euren Freunden?«, flüsterte ich. »Sollten die nicht auf euch aufpassen?«
    »Rumiel hat unsere sechs Wächter getötet. Darunter auch Tamiel.« Die Stimme meines Vaters zitterte kurz, dann wurde sie wieder fester. »Denk nicht an uns, Ellspeth. Töte Rumiel.«
    Rumiels Stimme tönte quer durch die Scheune. »Binde sie ruhig los, Ellspeth. Dadurch sind sie noch lange nicht frei.«
    Ich bedeutete meinen Eltern, in einer der hinteren Stallboxen in Deckung zu gehen, und drehte mich zu meiner Gegnerin um. Rumiel war nicht länger allein. Vier riesenhafte männliche Gefallene hatten rechts und links von ihr Aufstellung bezogen.
    »Diese netten Herren werden ein Auge auf deine geliebten Eltern haben, bis alles vorbei ist. Solange du tust, was ich sage – und so richtest, wie ich es dir befehle –, werden sie am Leben bleiben. Solltest du dich meinen Befehlen widersetzen, kümmern sich meine Freunde hier gern um alles Weitere.«
    Wie konnte sie es wagen? Wie konnte sie es wagen, meine Eltern zu benutzen, um mir zu drohen? Die Worte meines Vaters gaben mir Kraft. Ich würde Rumiel fertigmachen.
    Ich spürte eine Wut in mir, wie ich sie noch nie empfunden hatte, und ich wusste, dass es ein Leichtes wäre, aus dieser Wut das Schwert aus Feuer zu machen. Aber ohne Michael durfte ich die heilige Waffe nicht heraufbeschwören. Rafe hatte uns ausdrücklich davor gewarnt.
    Weil er nicht herauskonnte, wurde der Zorn in mir immer heißer. Er brannte in jeder Faser meines Wesens. Bald fühlte es sich so an, als würde er alles Menschliche in mir versengen, bis nur noch das Feuer eines reinen Engels übrig war.
    Dass ich zu so etwas fähig war, hatte Rafe nie gesagt.
    Ich musste etwas tun. Das Feuer in mir verlangte es. Fast wie aus einem eigenem Willen heraus weiteten sich meine Schultern, und mein Körper erhob sich in die Luft. Rumiel tat es mir nach. Ihre Schergen hielten Wache bei meinen Eltern.
    Hoch oben im Gebälk der Scheune stürzte ich mich auf Rumiel. Dass ich ihr Blut in mir hatte, machte sie verwundbar, und ich wollte ihr mit bloßen Händen das Leben aus dem Leib quetschen. Ich war nur noch wenige Meter von ihr entfernt, als ich unter mir eine Waffe erspähte. Eine Sense lehnte an der Wand einer Stallbox.
    Ich änderte meinen Plan, stieß nach unten und holte mir die Sense. Sie lag schwer in der Hand – ein gutes Gefühl. Als ich mich Rumiel näherte, sah ich sie

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