Jenseits des Nils: Roman (German Edition)
untröstlich über diesen Verlust und nicht davon abzubringen, Tabby sei letztlich vor Kummer um den langjährigen Gefährten und alten Rivalen gestorben, neben dem Ben sie dann bestattet hatte.
»Hoffentlich graben die dann ihre Überreste nicht aus«, bekundete Cecily mit sichtlichem Schaudern, hakte ihre Jacke auf und hängte sie über die Stuhllehne, ließ sich dann auf die beschattete Sitzfläche fallen.
Grace lachte. »Du kommst vielleicht auf Ideen!« Sie setzte Henry auf dem Rasen ab, um Cecily und sich Tee und eisgekühlte Zitronenlimonade einzuschenken, was nicht ohne den quiekenden Protest des Welpen abging, der vor ihr auf und ab hüpfte, bis Grace sich erbarmte und ihn auf ihren Schoß hob, wo er dann endlich zur Ruhe kam und ihr, die Vorderpfötchen angezogen, den noch halb kahlen Bauch zum Kraulen entgegenstreckte.
»Ist Ads gar nicht da?«, wollte Cecily wissen und langte nach der Zuckerdose.
»Sie ist mit Mama im Tilbury zu den Jenkins gefahren. Deren Katze hat Junge bekommen, und Ads möchte sie sich anschauen und vielleicht ein oder zwei für Shamley aussuchen. Ursprünglich wollte sie nichts davon wissen, aber nachdem Henry nun da ist und uns so viel Freude macht, denkt sie offenbar anders darüber.«
»Wie geht es Ads denn am Bedford?« Cecily biss in eine der Sandwichecken mit Gurkenscheiben und Kresse.
Grace nippte an ihrer Limonade. »Großartig! Sie hat sogar schon zweimal einen Vortrag gehalten. Die Nacht davor hat siezwar kaum ein Auge zugetan und war am Morgen kreideweiß und zittrig, aber sie hat es richtig, richtig gut gemeistert. – Aber jetzt erzähl du! Wie geht’s dir?«
Cecily nahm ihre Teetasse auf. »Oh, blendend! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! An der Riviera war es herrlich, noch so wunderbar mild trotz des Winters, und ...« Ihre Augen blitzten vor Begeisterung, und sie erzählte in lebhaften Bildern von Südfrankreich und von ihrem Aufenthalt in Paris; davon, auf welchen Bällen sie getanzt, welche Leute sie kennengelernt hatte und wie ihr Programm für die derzeitige Saison aussah. Grace hörte ihr nur mit halbem Ohr zu; ihre Gedanken schweiften ständig ab. Erst als Cecily am Ende ihres ausführlichen Berichts angelangt war und eine Frage an sie richtete, sah sie wieder auf. »... dort hab ich etwas Nettes für die Einladung bei den Aldersleys gefunden, etwas in Weiß und Blau und Rosé. – Kommt ihr eigentlich heute Abend auch nach Headley Park?«
»Mama und Papa gehen; Ads und ich bleiben zu Hause.«
Cecily legte die Stirn in Falten. »Bei Ads kann ich es verstehen; ich hätte auf Dauer auch keinen Spaß daran, auf Festen immer nur am Rand zu stehen und nicht mittanzen zu dürfen, weil mein Debüt noch aussteht. Aber bei dir? So klein ist Ads ja nicht mehr, dass du auf sie aufpassen müsstest.«
Grace zuckte mit den Schultern. »Mir ist einfach nicht danach.«
Behutsam setzte Cecily die Tasse ab und musterte ihre Freundin. »Dir ist schon eine ganze Zeit nicht mehr danach. Stimmt etwas nicht?«
Grace schwieg und kraulte Henry unter der Schnauze, was dieser sich andächtig gefallen ließ.
»Unsere Jungs sind nicht hier«, sagte sie schließlich leise. Die eingeschworene Gemeinschaft, die über Jahre hinweg Grace’ ganze Welt ausgemacht hatte, selbst dann, als Royston, Stephen und Leonard in Cheltenham oder im Ausland waren und sie selbst am College, diese Welt, die noch bunter und spannenderwurde, als Simon und Jeremy dazukamen, war beinahe von einem Tag auf den anderen zerfallen. Ohne Stephen, Leonard, Royston und Simon, ohne Jeremy vor allem, hatten ihr die wenigen Feste und Bälle, auf denen sie in der letzten Zeit noch gewesen war, keine rechte Freude mehr gemacht. Mit ihnen war eine ganz bestimmte Heiterkeit, eine sprudelnde Lebensfreude verschwunden, die Grace entsetzlich vermisste und die ihr gesellschaftliche Zusammenkünfte schal werden ließ. Mittlerweile zog sie es vor, mit Ada, Maud und Katherine und den anderen Mädchen des Bedford bis spät in die Nacht bei Tee oder einer ins College geschmuggelten Flasche Wein auf einem der Zimmer zusammenzusitzen oder gemeinsam mit ihnen ins Theater zu gehen, ins Museum und danach noch in eine Teestube.
»Ja und?« Cecily hob erstaunt die Brauen. »Das ist doch kein Grund, immer nur zu Hause zu sitzen.«
Grace drückte den Welpen an ihr Gesicht und schmiegte die Wange in sein Fell. »Kommt es dir nicht seltsam vor, zu feiern und zu tanzen, während sie dort unten im Einsatz sind?«
»Uh, Grace,
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