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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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den Hunger neu, den Grace zuvor erst gestillt geglaubt hatte. Sanft entwand sie sich ihm und ging rückwärts, weg vom Fenster, auf das Bett zu, wo sie stehen blieb, das Band des Morgenrocks löste und eine Hüfte vorschob, sodass der glatte Stoff auseinanderklaffte. Sonst tat sie nichts, sie stand einfach nur da und genoss es, wie Jeremy sie ansah, die Hände in den Hosentaschen vergraben und einen Funken des Verlangens in den Augen. Er trat auf sie zu und schob ihr den Morgenrock von den Schultern, dass er zu Boden glitt, sein Gesicht ganz dicht bei ihrem, und sie konnte die Wärme seiner Haut spüren, seinen Atem an ihrer Schläfe. Grace hielt still, bis sie ihre Gier kaum mehr ertrug und zu zittern begann.
    Unvermittelt versetzte Jeremy ihr einen leichten Stoß gegen die Schultern, und lachend ließ Grace sich auf das Bett fallen. Stoffgeraschel verriet ihr, dass Jeremy sich aus seinen Hosen schälte, und mit einem Schnurren schloss sie die Augen, als er sein Gesicht zwischen ihren Beinen vergrub. Grace fühlte sich wie ein sprudelnder Quell und gleichzeitig wie in einem Fieber, das glühende Schauer durch ihren Körper jagte, während Jeremys Hände, sein bärtiges Gesicht über ihre wieder sanfter gerundeten Hüften strichen, über ihren Bauch, über die kleinen Wölbungen ihrer Brüste, deren Spitzen sich ihm entgegenreckten. Sie seufzte auf, als er in sie hineinglitt, und noch mehr als die rein körperliche Lust genoss sie es, seinen Atem auf ihrem Gesicht zu spüren, seine Haut auf der ihren. Genoss es, ihre Hände über sein Gesicht wandern zu lassen, über seine Schultern und überden Rücken, ihre Finger in seinem Haar zu vergraben, das dicht und schwer war wie ein dickes Tierfell. Ihn zu umfassen und ihm auf diese Weise nahe zu sein. Sie liebte es, wie er sie mit einem halben Lächeln dabei beobachtete, wenn er sich in ihr, mit ihr bewegte, während sie sich beide davontragen ließen in diesem himmlischen und doch allzu irdischen Rausch.
    Grace lag in Jeremys Armbeuge und sah im Schein der entzündeten Laterne den blauen Rauchfähnchen zu, die von seiner Zigarette aufstiegen. Ihre Finger strichen sanft über die Haare auf seiner Brust und über die kahlen Stellen dazwischen, wo sich die Narben über die Haut zogen und keine Haare mehr nachwuchsen. Diese Narben, die ein Teil von ihm waren und immer sein würden; so wie das, was hinter ihm lag, immer ein Teil von ihm sein würde. Erinnerungen, über die er nie sprach, aber sie sah es in seinen Augen, wenn er gerade daran dachte; Erinnerungen, die ihn manchmal unruhig schlafen ließen.
    So einfach ist das also , dachte sie erstaunt. So einfach ist es, eine gefallene Frau zu sein.
    Nein, es war nicht einfach gewesen, verbesserte sie sich sogleich in Gedanken. Nicht allein deshalb, weil sie für Jeremy alle Brücken hinter sich abgebrochen und diese gefährliche Reise auf sich genommen hatte und weil nun Leonards Tod auf ihnen lastete. Scheu waren sie anfangs gewesen miteinander, hier in Cairo. Stundenlang hatten sie nur Arm in Arm dagelegen und sich angesehen. Sich vorsichtig gestreichelt und sich an der Hand gehalten. So zerbrechlich war ihnen ihr Zusammensein vorgekommen, dass sie nur schüchtern wieder die ersten Küsse gewagt, sich nach und nach vorgetastet hatten, nach und nach einander wieder kennenlernten. Behutsam, so behutsam hatten sie begonnen, den Körper des anderen zu erkunden und sich vertraut zu machen. Es hatte Mut gebraucht, den letzten Schritt zu wagen, auf diesem Weg, den sie inzwischen übermütiger gingen und beinahe wie selbstverständlich.
    Sie lebten in den Tag hinein, liebten sich, wann immer ihnen danach war, gingen essen, wenn sie Hunger hatten, und schliefen, wenn sie müde waren. Bei den Pyramiden und bei der Sphinx waren sie gewesen und auf dem Nil, im Ägyptischen Museum und auf al-Gazirah, oder sie schlenderten einfach durch die Gassen der Stadt und über die Basare. Die meiste Zeit jedoch verbrachten sie hier, in diesem Zimmer, das ihnen beiden vorkam wie eine Glasglocke, die sie vor den Schrecken der Vergangenheit abschirmte. Aber auch vor jeglicher Zukunft. Ihr Leben in Cairo war ein Leben in einer fortwährenden Gegenwart, jeden Tag, jede Nacht aufs Neue. Allmählich jedoch dämmerte in Grace die Ahnung herauf, dass es nicht ewig so weitergehen konnte. Es gelang ihnen hier in Cairo vielleicht, die Vergangenheit und den Rest der Welt auszublenden, aber auslöschen konnten sie sie nicht.
    »Jeremy«, flüsterte sie und

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