Jenseits des Protokolls
dessen Frau relativ kurz nach der Geburt bei einem Autounfall getötet wurde. Der Vater war mit der Situation absolut überfordert und zudem kam noch die Trauer. Er sagte, ohne die Betreuung durch die Familienhebamme wäre er am Ende gewesen.
Ich halte das Projekt für ganz großartig und weiß aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre, dass diese Hilfe wirkt. Und ich bin gespannt, wie sich das Projekt weiterentwickelt.
Kurz nach der Wahl von Christian zum Bundespräsidenten meldete sich dann auch Roland Koch bei mir und fragte, ob ich nicht Schirmherrin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung werden möchte. Das war eine gute Idee von ihm, mich so schnell zu kontaktieren. Denn wie erwähnt trudelten nach und nach immer mehr Anfragen bei mir ein.
Ähnlich wie »Eine Chance für Kinder« gefiel mir die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung von ihrer Ausrichtung her. Und als ich sagte, dass mir besonders die frühkindliche Bildung ein Anliegen wäre, überzeugte Roland Koch mich mit dem besten Argument: Er erzählte mir von den Kinder- und Grundschulprojekten, die erfolgreich von der Stiftung aufgezogen wurden. Dazu gehört auch das Projekt »Welt-Räume«. Bei den »Welt-Räumen« steht die Förderung von sozial benachteiligten Kindern im Fokus. Es geht dabei um die Schaffung von Lernwerkstätten in Kitas, Schulen oder Freizeiteinrichtungen in sozialen Brennpunkten. Mädchen und Jungen im Alter von etwa vier bis zwölf Jahren können dort entdecken, forschen und experimentieren und bekommen dafür natürlich kostenlos Bastelutensilien, Werkzeuge, Bretter, Batterien, Lampen, Nägel und vieles mehr zur Verfügung gestellt. Im November 2011 habe ich selbst eine solche Lernwerkstatt in der Albrecht-Dürer-Grundschule in Frankfurt-Sossenheim besucht. Ich habe dort mit den Kindern, die überwiegend aus Migrantenfamilien kommen, mehrere Stunden gebastelt und sie zeigten mir auch die Umgebung, in der sie groß werden. Als ich mit den Mädchen und Jungen durch die Straßen mit diesen doch ziemlich trostlosen Hochhaussilos ging, kein schöner Spielplatz in der Nähe, kein geeigneter Bolzplatz, da wurde mir richtig bewusst, welche Oase die Werkstatt für diese Kinder darstellt. Die Kinder gehen dort sonst kaum vor die Tür, weil es keinen Anreiz gibt und weil ihre Eltern ihnen auch oftmals keine Anreize für Freizeitgestaltung geben. In der Werkstatt aber lernen die Mädchen und Jungen, selber Dinge zu bauen, sie zu beschreiben und anderen zu präsentieren. Das schafft Selbstvertrauen, schult die Sprache und die Kinder beginnen, selber Neugier und Lust aufs Lernen zu entwickeln.
Regelmäßig werden auch die Eltern eingeladen, um sich anzuschauen, was ihre Kinder in den Werkstätten machen. Dies zum einen, damit sie sehen, dass nichts hinter verschlossener Tür geschieht und nichts vor ihnen verheimlicht werden soll. Zum anderen ist es die große Chance, diese Väter und Mütter mit ins Boot zu holen, Hemmschwellen abzubauen und ihnen die Möglichkeit zu geben, in einem ganz ungezwungenen Rahmen Fragen stellen zu können und über die Entwicklung ihres Kindes zu erzählen – auch über eventuelle Probleme und Sorgen.
Die Projekte beider Stiftungen finanzieren sich in großen Teilen über Spenden. Als Schirmherrin beziehungsweise Botschafterin rühre ich ordentlich die Werbetrommel, damit Geld in die Kassen kommt. Womit ich aber nicht gerechnet habe: Wie viel das unter Umständen sein kann, zum Beispiel auf einen Schlag über 660 000 Euro . Genau diesen Betrag bekam die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung aus dem Erlös des RTL-Spendenmarathons 2011, bei dem ich als Patin für die »Welt-Räume« das Projekt im Fernsehen vorstellte. Die Spenden werden in den Ausbau der Lernwerkstätten fließen. Bundesweit können 13 neue »Welt-Räume« entstehen. Diese Summe aber ist so gewaltig, dass sie mich tatsächlich zunächst sprachlos machte: 660 000 Euro – einfach nur Wahnsinn. Freute man sich vorher über jeden 50- oder 100-Euro-Schein, den die Leute spendeten, weil man ihnen von seinen Projekten erzählt hatte, spielte ich plötzlich in einer komplett anderen Liga. Auf einmal waren es sechsstellige Summen, die auf das Konto der Vereine flossen, und das nur, weil ich die Frau des Bundespräsidenten war. Diese Verschiebung der Dimensionen war so gewaltig, dass ich es schon paradox fand. Lieschen Müller, die sich aufopferungsvoll um benachteiligte Kinder kümmert, oder Helga Mustermann, die sich für missbrauchte Mädchen und
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