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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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Sicherheitsbeamten fast schon zwangsläufig ein sehr gutes Verhältnis aufgebaut haben, sie ein Stück weit zur Familie gehören und noch immer Bezugspersonen für die Kinder sind.
    Trotzdem, so nett die Beamten waren und so unscheinbar sie sich damals gaben – diese extreme Dauerüberwachung war ein Teil des Alltags, auf den ich gut hätte verzichten können. Sie war eine der großen Schattenseiten im Dasein als Frau des Bundespräsidenten.
    Und so gerne ich diese Rolle daher manchmal aufgegeben hätte, gab es auch sehr gute Dinge, die ich erlebte und vor allem tun konnte. Und das wiederum gerade und sogar nur, weil ich die Frau des Bundespräsidenten war …

10 Das Charity-Engagement
    »Sehr geehrte Frau Wulff, könnten Sie für uns beim Berlin-Marathon starten?« Oder: »Sehr geehrte Frau Wulff, haben Sie eine Bluse, die wir zu unseren Gunsten auf unserem Sommerfest versteigern können?« Oder: »Sehr geehrte Frau Wulff, könnten Sie zu unserem Grünkohlessen ins Emsland kommen?« Schon verrückt, was da teilweise an Anfragen von den unterschiedlichsten Vereinen und Verbänden aus ganz Deutschland auf mich als Frau des Bundespräsidenten zukam. Pro Woche waren es bestimmt an die 15 bis 20 Briefe, Mails oder Anrufe in meinem Büro, wo jemand sich erkundigte, ob ich mich nicht für seine Sache einsetzen wolle. Ich stelle mir das ein wenig wie bei einem Lottogewinn vor: Auf einmal denken alle, dass es da jetzt einen großen Kuchen gibt, und alle wollen etwas davon abhaben. Der erste Haken an der Sache: Einen Lottogewinn kann und sollte man wohl im Idealfall verschweigen, die Wahl von Christian zum Staatsoberhaupt war nun aber einmal öffentlich. Das ging nicht zu verheimlichen. Der zweite Haken: So groß, wie die Menschen meinen, ist der Kuchen gar nicht. Klar steht man in der Öffentlichkeit und traditionsgemäß gibt es gewisse Schirmherrschaften wie zum Beispiel für Unicef oder das Müttergenesungswerk, die die Frau des Bundespräsidenten übernimmt. Doch dieser Bereich nimmt nur einen Teil der Aufgaben ein, und so merkte ich ziemlich schnell, dass man wirklich aufpassen muss, sich nicht zu verzetteln.
    Natürlich hätte ich mich auch für Senioren, für Behinderte, für Frauen oder für seltene Krankheiten, vielleicht für bedrohte Tierarten oder sogar alles zusammen einsetzen können. Das sind schließlich alles wichtige Themen, doch das wäre nicht ich, nicht mein Leben gewesen. Ich habe selbst zwei kleine Kinder, war alleinerziehende Mutter gewesen und daher wusste ich vor allem um die Alltagssorgen, -themen und -belange von Müttern. So stand für mich bereits einige Wochen nach Christians Wahl fest, dass ich meinem Engagement eine klare Richtung geben und mich ganz auf das Thema »Kinder und Jugendliche« fokussieren wollte. Ich finde, es klingt immer glaubwürdiger, wenn sich jemand für etwas starkmacht, wozu er einen direkten Praxisbezug hat und sich nicht erst wochenlang intensiv einlesen und einarbeiten muss. Mir ist Authentizität wichtig. Ich meine, man stelle sich mich nur einmal als Sprecherin zur Rettung des deutschen Dackels vor. Zwar ein ganz bezauberndes Tier, aber wo ist da die unmittelbare Verbindung zu meinem Leben? Oder ich als Repräsentantin des Deutschen Bauernverbandes? Sicher wäre das ein Engagement für eine gute Sache, aber in Bezug zu meiner Person eher unglaubwürdig.
    Nein, ich muss mich in meiner Haut und mit dem, was ich tue, wohlfühlen, und das war beispielsweise der Fall, als ich bereits 2008 Adolf und Celia Windorfer kennenlernte. Das Ehepaar hatte im Jahr 2000 die gemeinnützigen Stiftung »Eine Chance für Kinder« gegründet. Die Stiftung setzt sich dafür ein, Kindesvernachlässigung und Kindesmisshandlung zu verhindern. Als mir Windorfers von ihrem Engagement für den Einsatz von Familienhebammen erzählten, war ich gleich begeistert und überzeugt. Familienhebammen sind Spezialistinnen für Familien, für Mütter beziehungsweise werdende Eltern mit besonderem Hilfebedarf. Familien, die sich in sozial und psychologisch schwierigen Lebenssituationen befinden. So kann dieser Hilfebedarf entstehen, weil die Mutter beispielsweise Suchtprobleme hat oder weil sie selber noch Teenager ist oder im Alltag überlastet. Viele Mütter sind auch alleinerziehend und müssen sich unter Umständen um mehrere Kinder kümmern oder sind durch Arbeitslosigkeit in finanzielle Nöte geraten. Familienhebammen stehen diesen Frauen und Eltern und deren Kindern zur Seite – in allen

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